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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webb Debra
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deine.
    »Troy.«
    Er blickte nicht auf. Saß am Tisch, den Kopf gesenkt, so als würde er beten.
    Ray setzte sich ihm gegenüber und schlug seinen Notizblock auf. Irgendwer hatte Troy bereits eine Tasse Kaffee gebracht. Er hatte sie nicht angerührt.
    »Ich brauche einige Antworten, Troy. Fang mal damit an, wann du Keith das letzte Mal gesehen hast«, schlug Ray vor, als Troy immer noch nicht hochsah.

    Troy hob den Kopf. Die eine Wange war blutunterlaufen und zerkratzt. Die Nase war geschwollen; beide Augen hatten Veilchen. »Du weißt genau, wann ich ihn das letzte Mal gesehen habe.«
    Ray hatte damit gerechnet, dass Troy wütend werden würde. Keith war sein bester Freund gewesen. Aber wo blieb der Zorn? Der Wunsch nach Rache? Diese Resignation war nicht typisch für Troy.
    »Du hast ihn also nach Samstagnacht, als Violet dich zu Hause abgesetzt hat, nicht mehr gesehen?«
    Troy schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Wo warst du gestern Morgen?« Ray gefiel Troys ausdruckslose Miene gar nicht. Sein ausbleibender Gefühlsausbruch noch weniger. Irgendetwas stimmte da nicht.
    »Ich bin in meinem Pick-up eingepennt, in meinem Vorgarten.« Wieder blickte er Ray an. »Frag Patricia. Sie ist vom Gottesdienst nach Hause gekommen und hat mich gefunden. Ich war in den Pick-up gestiegen, nachdem Violet mich nach Hause gefahren hatte. Da hab ich meinen Rausch ausgeschlafen.«
    Folglich hatte Troy bis gestern Mittag immer noch kein Alibi. Aber warum hätte er Keith umbringen sollen? Es gab Spannungen zwischen ihnen, wegen Austin. Aber genug, um einen Mord zu begehen? Ray konnte das einfach nicht glauben.
    »Ich muss deine Hände sehen, Troy.«
    Er legte die Hände flach auf den Tisch. Aufgeschürft und zerkratzt. »Hast du dir das Samstagnacht zugezogen?«
    Troy nickte. »Wann denn sonst? Ich hab dir doch gesagt, dass ich danach tief und fest geschlafen habe.«

    »Weißt du, ob Keith mit jemandem Schwierigkeiten hatte?«
    Troy schüttelte Kopf. »Mit niemanden – außer diesem Mistkerl Austin.« Einen Moment blitzte Hass in seinen trüben Augen auf. Dann wandte er den Blick wieder ab.
    »Und was ist mit Selbstmord? Hatte Keith Schwierigkeiten, derentwegen er seinem Leben vielleicht ein Ende setzen wollte?« Ray hielt das allerdings für unwahrscheinlich. Sie lebten hier in einer Kleinstadt. Falls Keith und Violet irgendwelche echten Probleme gehabt hätten, wäre ihm das bekannt geworden.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Ray konnte zwar nicht den Finger darauf legen, doch es gab da definitiv ein Problem. Troy sah ungeheuer verkatert aus; das stimmte. Aber da war mehr, es ging tiefer.
    »Noch irgendwelche Fragen?« Wieder sah Troy ihn nicht an.
    »Das wär’s erst mal.«
    Troy erhob sich aus seinem Stuhl und ging zur Tür.
    »Sag mir Bescheid«, sagte Ray, »wenn dir etwas einfällt, was uns bei den Ermittlungen helfen könnte.«
    Troy hatte die Hand schon auf dem Türgriff, blickte aber nicht zurück. »Na klar.«
    Ray rieb sich das Kinn und dachte eine Weile über Troys Reaktion nach. Definitiv merkwürdig. Obwohl es Troy sichtlich schlecht ging, hatte er keine verbale Attacke gestartet, so wie üblich.
    Vielleicht hatte Ray ja Glück, und das Alabama Bureau of Investigations fand irgendwelche verwertbaren Beweismittel am Tatort.
    Aber so viel Glück hatte Pine Bluff bislang nicht gehabt.

29
    15.30 Uhr
     
    Emily wurde auf das Polizeirevier im Rathaus einbestellt. Ray wollte, dass sie ein paar Fragen beantwortete.
    Keith war tot.
    Sie fasste es nicht. Mein Gott, Violet und die Kinder waren sicher zu Tode betrübt.
    Emily hatte ihr Zimmer nicht verlassen, seitdem sie am Vortag von Clint zurückgekehrt war. Ein Teil von ihr hoffte nach wie vor, dass ihre Eltern anriefen und sie nach Hause einluden. Vielleicht hätte sie ja den ersten Schritt tun sollen, aber sie hatte es nicht getan. Sie hatte noch ein wenig an ihren Listen herumgebastelt und sie schließlich so aufbereitet, dass sie sie Ray übergeben konnte. Zudem hatte sie viel Zeit mit dem Versuch verbracht, die verwirrende Eskapade in der Scheune aus ihren Gedanken zu verbannen. Sie konnte nicht gerade behaupten, dass sie ihr Tun bedauerte. Aber sie war sich unsicher, was sie selbst – und alles andere – betraf.
    Die Sekretärin des Chiefs saß nicht hinter ihrem Schreibtisch, und so ging sie geradewegs zu seiner Tür und klopfte an.
    »Herein!«
    Sie wappnete sich und öffnete die Tür.
    Ray erhob sich und reichte ihr die Hand über den Schreibtisch hinweg. »Danke, dass

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