Wie ein dunkler Fluch
Glas sorgfältig sauber.
Es gab nur eine Möglichkeit.
Jetzt musste McBride büßen, genauso wie die anderen gebüßt hatten.
Martin würde dafür sorgen, dass er wahre Demut lernte. Oh, und ganz bestimmt musste er völlig alleine damit klarkommen. Genauso wie er Martin allein gelassen hatte.
Ein wissendes Lächeln huschte über Martins Lippen. Er wusste, was zu tun war. McBride hatte keine nennenswerte Familie, keine, die wirklich zählte. Aber er hatte Agent Grace ziemlich gern. Sie ihm wegzunehmen war der einzige Weg, ihm seine Lektion zu erteilen.
Ja. So würde er es machen.
Entscheidend war die richtige Vorbereitung. Er würde es sorgfältiger planen müssen und sich dann auf die Lauer legen. Agent Grace in sein Netz zu locken wäre nicht so leicht. Er brauchte Mittel und Gelegenheiten.
Aber das wäre kein Problem. Er kannte viele Wege, ein Opfer in die Falle zu locken. Viele, viele Wege, eine Entführung durchzuführen. Wahrscheinlich mehr als Agent McBride.
Vielleicht würde er ihm die einmal zeigen.
Er würde McBride noch eine Aufgabe stellen.
Nur: Diesmal hätte er keine Chance, zu gewinnen.
Agent Grace würde sterben … und McBrides Namen schreien.
Und Martins einstiger Held würde sich das niemals vergeben.
26
17.30 Uhr
1000 Eighteenth Street
»Geht nach Hause«, verkündete Pierce.
Die im Konferenzraum anwesenden Agenten nahmen die Anweisung zur Kenntnis. Keiner wollte nach Hause gehen. Sie wollten Martin Fincher finden und dafür sorgen, dass er für den Tod ihres Vorgesetzten zur Rechenschaft gezogen würde.
Der Tod von Agent Worth erschien ihnen wie ein schlechter Traum.
Talley, bisher Worths Stellvertreter, hatte die Leitung der Ermittlungen Pierce übertragen. Er fühlte sich der ganzen Sache zu nahe, um objektiv sein zu können.
Vivian beobachtete McBride. Er hatte seinen »Leck mich«-Schutzschild aufgerichtet. Leerer Gesichtsausdruck, gleichgültige Körperhaltung. Bei entsprechender Gelegenheit würde er zur Flasche greifen, um die vergangenen zwölf Stunden aus dem Kopf zu bekommen. Vielleicht gar keine so schlechte Idee.
Aber sie mussten etwas unternehmen, um Fincher zu finden.
Gerade als sie das sagen wollte, fügte Pierce hinzu: »Wir haben eine Fahdnung nach Fincher rausgegeben. Die Polizei von Birmingham hat an allen großen Ausfallstraßen aus der Stadt Straßensperren aufgestellt, am Flughafen, an den Busbahnhöfen. Heute Abend können wir nichts weiter mehr tun. Wir brauchen Schlaf, damit wir morgen alle ausgeruht sind. Seien Sie um Punkt acht
wieder hier. Sie werden telefonisch benachrichtigt, wenn irgendetwas dazwischenkommt.«
Vivian erhob sich vom Konferenztisch, schnappte sich die Handtasche und das Holster und steuerte in Richtung Tür. Pratt, Aldridge und Arnold gingen vor ihr hinaus. Schaffer war zurückgekehrt und half Talley dabei, die Tafel mit den Informationen zum Fall auf den neuesten Stand zu bringen. Ihre limonengrünen Cowboystiefel waren so ungefähr das Einzige, was Vivian an diesem beschissenen Tag fast zum Lächeln gebracht hätte. Sie erinnerten sie daran, dass das Leben weiterging – trotz des Schlimmsten, was ein Mensch einem anderen antun konnte.
»Einen Moment noch, McBride«, sagte Pierce.
Vivian wandte sich um, um festzustellen, was Pierce von McBride wollte. Wenn er ihm erneut Vorhaltungen machen wollte, würde sie Pierce ihre Meinung sagen. Auf keinen Fall würde sie zulassen, dass er McBride abkanzelte.
McBride hatte nicht darum gebeten.
Nicht er musste die Erinnerung an Worth loslassen.
Sie musste es.
» Was wollen Sie, Pierce?«
Die stumme Konfrontation dauerte so lange, dass sie die Unterschiede zwischen den beiden Männern genau wahrnehmen konnte. Sie unterschieden sich nicht nur in körperlicher Hinsicht. Nein, irgendwie bewegte Pierce sich ständig, selbst wenn er völlig still war … als würde er dauernd etwas analysieren oder irgendein Thema suchen, worauf er seine Aufmerksamkeit lenken konnte. Immer wählte er sorgfältig seine Worte. McBride dagegen sagte immer genau das, was er dachte – wenn er
sich überhaupt die Mühe machte, etwas zu sagen. Anders als Pierce vermittelte McBride das Gefühl völliger Ruhe, was sie sogar jetzt zutiefst erschreckte und zugleich enorm anzog.
Pierce’ Bekenntnis kam ihr in den Sinn. Wie hatte ihr das entgehen können? Vielleicht war sie so sehr auf ihre Ausbildung konzentriert gewesen, dass sie es einfach ignoriert hatte.
Vielleicht auch wegen ihrer schrecklichen
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