Wie ein dunkler Fluch
Weise zu versuchen, außerdem würden sie so schneller Zugang zum Inneren bekommen. Eine weitere helfende Person würde nur die Spuren am Tatort verwischen.
McBride nickte und hob den Deckel des Sarkophags ab. Weitere Abstandshalter sprangen ab.
Als sie den Deckel weit genug verschoben hatten, blickten sie gemeinsam in den offenen Sarg.
Die sechs Jahre alte Alyssa Byrne, unter sich ein weißes Handtuch, lag auf den Gebeinen eines Vorfahren der Wellbournes. Ihre Augen waren geschlossen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Der Mund war mit
einem silberfarbenen Klebeband verschlossen. Das Wort UNSCHULDIG war ihr mit einem schwarzen Marker auf die Stirn geschrieben.
Vivians Hand zitterte, als sie in den Sarg griff und die Halsschlagader des Mädchens berührte, um den Puls zu fühlen.
Sie hielt den Atem an und blickte zu McBride. »Sie lebt.«
5
19.45 Uhr
Inzwischen war es Nacht geworden auf dem Friedhof.
McBride saß auf den Stufen zum Pioneer Memorial Building. Er steckte sich eine Zigarette an und sah den Sanitätern zu, wie sie die Trage in den Rettungswagen schoben. Die Byrnes stiegen mit ihrer Tochter hinein. Die Eltern würden ihr einziges Kind nicht mehr aus den Augen lassen. Wahrscheinlich nicht mehr, bis es mindestens fünfundzwanzig war.
Das kleine Mädchen war zwar dehydriert, aber allem Anschein nach unverletzt. Ihre Werte waren gut; weil sie aber nicht bei Bewusstsein gewesen war, hatte man sie an einen Monitor angeschlossen, um den Blutdruck und die Atmung zu überwachen, ihr einen Sicherheitskragen angelegt und sie dann zum Transport auf die Trage geschnallt. Zusätzliche Tests und eine genaue Beobachtung würden Genaueres ergeben.
Am Eingang zum Friedhof standen Polizisten, FBI-Leute
und die Presse. Überall Scheinwerfer. Die Leute von der Spurensicherung waren eingetroffen und erledigten ihre Arbeit in beiden Mausoleen im Licht ihrer Scheinwerfer, so gut es ging. Morgen würde eine zweite Durchsuchung stattfinden, um sicherzustellen, dass nichts übersehen worden war. Die beiden Orte, an denen der Täter bekanntermaßen sich aufgehalten hatte, waren mit gelbem Absperrband abgesichert. Holcomb und Greene, der andere Friedhofsverwalter, wurden von Polizisten von Birmingham und von Aldridge vernommen.
LSA Worth war eingetroffen und hatte die Leitung übernommen, sobald das Mädchen aufgefunden worden war. McBride hatte nichts dagegen. Er hatte seine Aufgabe erfüllt und war bereit, von hier zu verschwinden. Er wollte sich mit den Ratten und der Bedeutung des Schildchens mit dem Namen seines früheren Vorgesetzten darauf nicht weiter beschäftigen. Das war das Problem des Bureaus, nicht seines.
Er suchte die Menschenansammlung nach Grace ab. Fand sie neben der Menschentraube aus Medienleuten und Polizeibeamten. Ihrer Körpersprache nach zu urteilen las Worth ihr gerade die Leviten, und sie nahm es hin wie ein guter kleiner Soldat. Worths Bewegungen wirkten merkwürdig eckig in dem Gewirr von Blaulicht und Blitzlichtern.
McBride war schlecht gelaunt. Seine Kopfschmerzen kehrten zurück, weil ihm das Koffein fehlte. Er wurde nicht schlau aus Grace. Sie war nach Key West gekommen und hatte ihn unbedingt hier haben wollen. Aber es gab einen blinden Fleck hinsichtlich ihrer Sexualität und ihrer Beziehung zu Männern. Eine Eisprinzessin, hatte er gedacht. Angesichts der Umstände fand er ihre
Empfindlichkeit aber gar nicht so überraschend. Zum größten Teil war das Bureau noch immer ein Männerverein. Ihre Kurven und ihre Lippen hatten ihr wohl auch nicht gerade den Respekt ihrer männlichen Kollegen eingebracht.
Dann war da noch Worth. Entweder hatte er etwas mit der Lady, oder er meinte, sich aus irgendeinem Grund wie ihr Beschützer aufführen zu müssen. Vielleicht weil er McBride so wenig ausstehen konnte und nicht wollte, dass seine neueste Agentin von ihm verdorben wurde. Er beobachtete sie wie ein Habicht.
Zu kompliziert.
McBride sog erneut an seiner Zigarette. Auf komplizierte Verhältnisse konnte er gut verzichten. Jeden Morgen aufwachen und durch den Tag kommen war schon schwierig genug.
Er hatte das Mädchen gefunden. Es war Zeit zu gehen.
»Hier sind Sie.«
McBride blickte von den knallrosa Stiefeln zu der lächelnden Agentin. »Was ist denn, Schaffer?«
»Alle sind gerade ziemlich beschäftigt.« Sie sah hinüber zu der Stelle, wo Worth noch immer auf Grace einredete. »Ich wollte nur sichergehen, dass jemand Ihre gute Arbeit hier heute angemessen anerkennt.«
»Danke,
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