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Wie ein Flügelschlag

Wie ein Flügelschlag

Titel: Wie ein Flügelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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unmöglich
ist, muss jemand anders die SMS geschrieben haben.«
    »Unmöglich ist es nicht …«, werfe ich ein und denke dabei
an das kaputte Schloss am Seiteneingang der Halle.
    »Aber das wäre doch völlig unlogisch. Was hätte sie denn so
spät noch dort machen sollen?«
    »Trainieren?« Ich zucke mit den Schultern. »Hat sich in den
letzten Wochen für Mel nicht alles nur noch ums Training gedreht?
«
    Mika schüttelt den Kopf. »Mel hat viel trainiert, ja. Aber dass
sie deswegen noch nach zweiundzwanzig Uhr in die Schule
fährt, das kann ich einfach nicht glauben. Wie soll sie da überhaupt
hingekommen sein? Mel wäre niemals im Stockdunkeln
mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren. Irgendjemand anders
muss ihr Handy benutzt und dir die SMS geschrieben haben.«
    »Aber das ergibt keinen Sinn!«, fahre ich hoch. Erschrocken
senke ich meine Stimme sofort wieder. Ȇberleg mal. Warum
sollte man das tun? Um Mels Tod zu vertuschen? Das ist doch
sowieso spätestens am nächsten Tag herausgekommen. Um
mich zu einem Treffen zu locken? Warum habe ich dann die
ganze Zeit allein an der Bushaltestelle gewartet?«
    »Und jetzt?« Mika wirkt so hilflos, wie er dasitzt und mich
mit großen Augen ansieht.
    »Ich weiß es nicht«, gebe ich zu. Doch da fällt mir etwas ein.
»Gab es eigentlich eine … ich meine, wurde bei Mel eine …«,
ich muss mich zwingen weiterzusprechen. »Wurde bei ihr eine
Obduktion durchgeführt?«
    Mika räuspert sich. »Ja. Natürlich. Das wird in solchen Fällen
immer gemacht.«
    »Und?« Gespannt schaue ich ihn an.
    »Nichts.« Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß noch, wie wir auf
meinen Vater gewartet haben. Ich war bei meiner Mutter, habe
aufgepasst, dass sie nicht durchdreht. Da war nichts, sie haben
nichts gefunden. Mel ist einfach an Herzversagen gestorben.
Mehr konnte man nicht feststellen.«
    »Dein Vater war bei der Obduktion dabei?«, frage ich erstaunt.
»Bei der Obduktion seiner eigenen Tochter?«
    »Jana, mein Vater ist Arzt. Ja, ich glaube, er war dabei. Aber
was spielt das für eine Rolle?«
    Das ist ein Kampf, den du nur verlieren kannst.
    »Die Trainingskartei von Mel ist verschwunden, dein Vater
war bei der Obduktion dabei, es wird ein falscher Todeszeitpunkt
angegeben …« Ich lege meine Hand auf seinen Arm.
»Mika, da stimmt was nicht. Dein Vater weiß mehr, als er euch
gegenüber zugibt.«
    Auf einmal reißt Mika sich los und springt auf. »Mir ist selbst
klar, dass da etwas nicht stimmt! Aber ich kann das einfach nicht
glauben. Mein Vater ist vielleicht ein Arschloch, Jana, aber er ist
doch kein Mörder!«
    Entsetzt schlägt er sich die Hände vors Gesicht und sinkt auf
seinem Platz zusammen. Die Kälte fängt wieder an, sich auszubreiten.
Nie zuvor habe ich mich so hilflos gefühlt.
    »Okay. Es gibt noch eine andere Möglichkeit.« Ich muss
wahnsinnig sein, überhaupt auf diesen Gedanken zu kommen.
    »Und die wäre?« Mikas Stimme ist voller Bitterkeit.
    »Ich werde mir Drexler vorknöpfen. Vielleicht finde ich bei
ihm etwas. Auch wenn Mels Trainingskartei bei eurem Vater
verschwunden ist, kann es ja sein, dass sie bei Drexler noch existiert.
Ich versuche, sie zu finden. Und dann sehen wir weiter.«
    »Wie willst du das anstellen?« Der Zweifel in seiner Stimme
ist nicht zu überhören.
    »Weiß ich noch nicht.« Genau genommen habe ich überhaupt
keine Ahnung, wie ich das schaffen will. Aber ich ertrage
diese Untätigkeit einfach nicht länger. »Mir fällt bestimmt was
ein, keine Sorge.«
    Mika sieht nicht sehr überzeugt aus. Am liebsten möchte
ich ihn packen und schütteln. Verdammt. Mel ist tot, und alles,
was uns in diesem Zusammenhang erzählt worden ist, hört sich
nach einer dicken, fetten Lüge an. Ich halte das nicht länger aus.
Ich muss wissen, was wirklich passiert ist!
    Mika öffnet den Mund. Er will etwas sagen, lässt es dann aber
doch und schweigt.
    »Mach dir keine Sorgen«, sage ich zu ihm. »Ich schaff das
schon.«
    In Wirklichkeit bin ich ganz und gar nicht davon überzeugt.
Und ich fände es schön zu wissen, dass Mika sich Sorgen um
mich macht.

Langsam lasse ich mich ins Wasser gleiten, um mich mit den anderen
warm zu schwimmen. Mein Herz klopft mir bis zum Hals.
Mein ganzer Körper ist angespannt wie vor einem Wettkampf.
    Gleich ist es so weit.
    Ich habe nur diese eine Möglichkeit, um an Drexlers Karteikarten
zu kommen. So oft habe ich den Plan im Kopf durchgespielt,
einen anderen Weg gibt es nicht.
    Wenn Drexler die Unterlagen nicht mit in die

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