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Wie ein Flügelschlag

Wie ein Flügelschlag

Titel: Wie ein Flügelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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theatralisches Wort! Du hättest doch in
meine Theater-AG kommen sollen. Rache. Jahrelang habe ich
ihn beobachtet. Habe seinen Weg mitverfolgt. Seine sportliche
Karriere und auch seine berufliche. Und bin dabei so dem einen
oder anderen Geheimnis auf die Spur gekommen. Unter anderem
dieser wunderbaren Sache hier.«
    Bernges greift in seine Brusttasche und holt eine Schachtel
heraus. Ich muss die Aufschrift nicht lesen, um zu wissen, was
sie enthält.
Construnit
. Er wirft die Packung auf den Wohnzimmertisch.
    »Weißt du, was es damit auf sich hat?«
    Ich nicke. »Ein Dopingmittel«, presse ich heraus.
    Jetzt ist es Bernges, der nickt. »Doping, ja. Das auch. Aber
nicht nur. Das Zeug ist auch ein hervorragendes Betäubungsmittel.
Wieland handelt damit.«
    Das ist neu für mich.
    »Ich dachte, Drexler …« Erschrocken beiße ich mir auf die
Lippen. Was um alles in der Welt bringt mich dazu, mit diesem
Kerl zu plaudern, als sei die Pistole in seiner Hand nur ein Longdrink?
    »Drexler war lediglich der Mittelsmann. Beschafft wurde das
Zeug von Wieland. In ganz großem Stil. Drexler hat es dann für
ihn ins Ausland verhökert. Und sich ein fettes Auto nach dem
anderen damit verdient.«
    Ich muss an den großen schwarzen Mercedes denken, mit
dem Drexler vor einigen Wochen dem Bus die Vorfahrt genommen
hatte.
    »Im Gegenzug für seine fetten Einnahmen hat Drexler Wielands
Tochter gefördert, wo es nur ging. Er sollte sie ganz nach
oben pushen. Das ging lange gut. So lange, bis du aufgetaucht
bist.«
    »Und dann hat er auch Mel gedopt?«, flüstere ich.
    »Melanie? Nein, die hatte mit der ganzen Sache gar nichts zu
tun.« Bernges nippt an seinem Glas.
    »Aber ihre Tasche …?«
    »Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen.« Fast
nachdenklich schwenkt er den Inhalt seines Glases.
    In meinem Kopf dreht sich alles.
Die Dinge sind nicht immer so,
wie sie scheinen.
Wo nur hatte ich das schon einmal gehört?
    »Wir werden jetzt einen Ausflug machen.« Bernges wirft einen
Blick auf seine Armbanduhr. »Perfektes Timing. Die Halle
steht jetzt leer.«
    Zur Halle? Er will zur Halle gehen? Ein leiser Hoffnungsschimmer
lässt meinen Puls schneller schlagen. Vielleicht habe
ich Glück und uns begegnet jemand auf dem Schulhof. Vielleicht
kann ich mich bemerkbar machen?
    Bernges führt mich aus dem Wohnzimmer in den Flur. Als er
die Wohnungstür öffnet, flüstert er mir noch etwas zu: »Egal,
wer uns unterwegs begegnet, du hältst den Mund. Reden werde
nur ich, verstanden? Und noch etwas …« Er richtet die Pistole
auf meine Beine. »Ein einziger Versuch von dir, jemanden auf
uns aufmerksam zu machen, und ich werde dir deine Kniescheiben
mit einem gezielten Schuss so zertrümmern, dass du nie
wieder laufen oder gar schwimmen kannst. Ist das klar?«
    Ich nicke, unfähig zu sprechen.
    Kurz darauf verlassen wir den Wohntrakt und steuern auf die
Schwimmhalle zu. Fasziniert beobachte ich aus dem Augenwinkel,
wie es Bernges gelingt, seinen Rollstuhl mit nur wenigen
kräftigen Stößen in Bewegung zu halten. Im Stillen hatte ich
gehofft, er müsse dazu seine Waffe aus der Hand legen, aber er
schafft es auch so.
    Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Sie sitzen vermutlich
alle in der Mensa. Wir erreichen die Schwimmhalle ohne
Zwischenfall. Ich weiß nicht einmal, ob ich darüber froh oder
enttäuscht sein soll.
    Bernges dirigiert mich zur Seitentür und fordert mich auf, sie
zu öffnen. Kurz überlege ich, ob ich es schaffen könnte, schnell
vor ihm in die Halle zu schlüpfen und ihm die Tür vor der Nase
zuzuknallen. Aber noch bevor ich meinen Gedanken zu Ende
denken kann, ist Bernges schon dicht hinter mir. Ich fühle den
Lauf der Pistole in meinem Rücken. Langsam schiebt er mich
ins Innere der Halle. Ich gehe durch den Gang, vorbei an den
Geräteräumen. Und dann sehe ich vor uns das Becken. Glatt
wie ein Spiegel liegt die Wasseroberfläche da, und nur ein paar
kleine Pfützen auf den Fliesen verraten, dass hier erst vor kurzer
Zeit das Vormittagstraining stattgefunden hat.
    »So, meine Liebe, jetzt ist dein großer Augenblick gekommen.
« Wieder lächelt Bernges mich an.
    Ich habe keine Ahnung, was er vorhat, aber ich fühle, wie sich
wieder Panik in mir breitmacht. Die Angst strömt in meinen
Körper wie klebriger Leim, der mich vollkommen bewegungsunfähig
macht, der meine Arme und Beine lähmt und sogar
meine Gedanken.
    Plötzlich greift Bernges hinter seinen Rücken und zieht etwas
hervor.
    Als seine Hand wieder zum

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