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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach. Aber an der Außentür blieb sie stehen, lehnte den Kopf gegen die Wand und biß sich in die an den Mund gedrückte Faust.
    Fahr nicht, schrie es in ihr. Fahr nicht ohne mich! Du mußt mich mitnehmen! Du darfst ihnen nicht in den Hinterhalt laufen! Du nicht!
    Als der Landrover anfuhr, stürzte sie vor, winkte mit beiden Armen und schrie, lief dem Wagen nach, rannte durch die Staubwolke, die von den Rädern aufgewirbelt wurde, und schrie immer weiter.
    Oppermann hörte es nicht, der Motor rumorte laut, aber er sah im Rückspiegel, wie Luba ihm nachlief, ihm mit beiden Armen winkte. Da streckte er den Arm aus dem Fenster und winkte fröhlich zurück.
    Er konnte es nicht mehr wahrnehmen, daß Tränen über ihr Gesicht liefen, konnte nicht hören, daß ihre Schreie ihn beschworen, anzuhalten, zurückzukommen, bei ihr zu bleiben.
    Sie hatten ihr Lager neben den leichten, mit Buschwerk und Blättern verflochtenen Stangenhütten der Nomaden aufgeschlagen und hatten sich entschieden, zum besonderen Schutz die weit ausladende Krone einer alten Schirmakazie als zweites Dach zu nehmen. Hier, im harten Gras, bauten sie das Zelt auf, das aus zwei Kammern bestand: die hintere zum Schlafen, die vordere, mit einem großen Vordach auf metallenen Teleskopstangen, als Untersuchungs- und Behandlungsraum.
    Die Ovambos sahen ihnen von weitem zu, scheu, immer ihre Hütten im Rücken, bereit, sich sofort zurückzuziehen, wenn Dr. Oppermann oder Urulele aus dem Kreis ihres Lagers heraustraten. Nur die Männer standen herum, die Frauen und Kinder blieben verborgen. Anders als andere Ovambo-Stämme, die den Weißen gegenüber ohne Scheu waren, und die hellhäutigen ehemaligen Herren im Bewußtsein ihrer Rechte und ihrer namibischen Zukunft wie Partner, oder zumindest mit der Selbstsicherheit eines Volkes begrüßten, das sich nicht verkriechen muß, benahmen sich diese Nomaden wie zu den Urzeiten der Besiedelung. War es schon selten, daß heute noch Ovambos mit ihrem kärglichen Vieh und dem gesamten Hausrat, wozu sie Frauen, Kinder und die Alten rechneten, durch einsame Gebiete zogen, statt Dorfgemeinschaften zu gründen und sich von Ovambo-Landwirtschaftslehrern unterrichten zu lassen, wie man einen Acker anlegt, von dem man leben kann, so war es völlig ungewöhnlich, daß diese Nomadengruppe sich von allen anderen Menschen absonderte.
    Urulele, der sich den Hütten bis auf dreißig Meter genähert hatte, wurde mit einem warnenden Zischen empfangen. Eine dünne Mauer aus Speeren warnte ihn, die Spitzen waren auf ihn gerichtet. Die Männer, die diese Speere hielten, sahen ihn ausdruckslos an: schwarzbraune Masken, in denen nur die Augen lebten. Die Zählung durch die Wildhüter hatten sie geduldet, keiner hatte ein Wort gesagt, nur die Kinder weinten und schrien. Aber jetzt war nur ein Weißer da, und ein Bruder vom Stamm der Elim, sie hörten es an der Sprache Uruleles, als er ihnen zurief:
    »Wir sind Freunde! Wir wollen euch helfen. Der große Doktor ist zu euch gekommen.«
    »Er soll gehen!« antwortete einer aus der Mitte der Männer. »Wir brauchen ihn nicht.«
    Das blieben die einzigen Worte. Urulele ging zu Dr. Oppermann zurück und hob bedauernd die Schultern. »Sie brauchen uns nicht.«
    »Aber ich brauche sie. Ich brauche Abstriche von ihren erkrankten Augen. Geh hin, Marcus, und sage ihnen, daß sie alle blind werden, wenn sie sich weigern, sich behandeln zu lassen.«
    Es hatte keinen Erfolg. Urulele sprach wie gegen den Wind. Die Männer standen vor den Hütten, die Frauen und Kinder blieben versteckt. Als Dr. Oppermann selber zu den Nomaden ging, die Handflächen nach vorn gestreckt, um seine friedliche Absicht zu dokumentieren, verschwanden auch die Männer lautlos in den Hütten.
    »Wir müssen Hilfe holen«, sagte Urulele. »Wir müssen sie aus den Hütten schleifen. Freiwillig kommen sie nie. Sie sollten Okaukuejo verständigen, Master Doktor.«
    »Noch nicht.« Oppermann saß an seinem Sprechfunkgerät und überlegte. Um einen besonders klaren Empfang zu haben, hatte Urulele eine Antenne durch die Krone der Schirmakazie gezogen und prompt Krach mit einer Affenfamilie bekommen. Kreischend und zähnefletschend beobachteten die Paviane den Bau der Antenne, turnten um Urulele herum von Ast zu Ast und beschimpften ihn in den grellsten Tönen. Auch später beruhigten sie sich nur langsam; ein starker Affenmann wagte sich an den dünnen Stahlmast heran und stieß mit der Faust dagegen. Als nichts geschah, wurde er mutiger,

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