Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
umfaßte die Antenne mit beiden Händen und biß in das Metall. Es knirschte laut, dann schrie der Affenmann empört, boxte noch einmal gegen den Mast und kehrte zu seiner großen Familie zurück, die rund herum, ihm ehrfürchtig zusehend, auf den Ästen hockte.
    »Sie werden von allein kommen«, sagte Dr. Oppermann. »Ich möchte nicht, daß sie gewaltsam davon überzeugt werden, daß man ihnen helfen will. Sie werden das nie begreifen: Auf der einen Seite Schläge, auf der anderen Seite Streicheln …« Oppermann sah hinüber zu den primitiven Hütten. Hinter ihnen, zum Salzsee hin, weideten die Rinder, ein paar Ziegen und kleine, erbärmlich knochige Schafe. Drei Männer bewachten sie; sie saßen, den Speer zwischen den Knien, auf ausgedorrten Baumstümpfen. Gegen die Fläche des Sees und den freien Horizont wirkten sie wie aus dunklem Lehm geformte Denkmäler. »Rede noch mal mit ihnen, Marcus. Ich brauche ja auch das Blut ihrer Rinder.«
    Bis zur Abenddämmerung veränderte sich nichts. Die Ovambos bewachten ihre Herde und ihre Hütten, die Frauen und Kinder blieben unsichtbar, Uruleles wiederholte Versuche, ein neues Gespräch mit ihnen zu beginnen, schlugen fehl. Es antwortete ihnen keiner. Nur die Speerspitzen senkten sich zu ihm, wenn er näher als dreißig Meter herankam.
    Der Sicherheitsabstand. Die Nomaden reagierten da nicht anders als die Tiere. Jedes Tier hat seine eigene Sicherheitszone, vom Instinkt bestimmt. Übertritt man sie, greift es an. Urulele hütete sich, in diese Zone vorzustoßen. Er holte sich ein Klappstühlchen aus dem Vorzelt, setzte sich an den Rand des Sicherheitsabstandes und stellte ein kleines Transistorradio neben sich ins Gras. Johannesburg sendete Tanzmusik, die von Radio Windhoek übernommen wurde.
    Nach einer halben Stunde erschien Urulele bei Dr. Oppermann im Zelt. Oppermann hatte es sich in einem Liegestuhl bequem gemacht und las im Schein einer Gaslampe im Monatsblatt für Tropenmedizin, das ihm von Hamburg per Luftpost zugeschickt wurde.
    »Sie kennen Radio!« sagte Urulele geheimnisvoll. »Das bedeutet, daß sie nicht immer Nomaden waren. Sie kommen aus einem Gebiet, das zivilisiert ist. Das ist merkwürdig.«
    »Was ist daran merkwürdig?« fragte Oppermann.
    »Ihre Abwehr. Ein moderner Ovambo flüchtet nicht vor einem weißen Mann.«
    »Und hast du dafür eine Erklärung?«
    »Ich weiß es nicht.« Urulele wischte sich über seine speckglänzende Glatze. Er brauchte sich keine Haare wachsen zu lassen; seit Luba gekommen war und täglich mit ihm zusammenarbeitete, verlor Nkulele, das muntere Springböckchen, kein Wort mehr über Marcus' eigenwilligen Kopf. Sie streichelte ihm, nachdem er Luba ein paarmal nach Outjo begleitet und ihr die Einkaufstaschen getragen hatte, sogar die Glatze, wenn er mit ihr zum Tanzen ging. Ohne es zu wissen, war er zum Schutz gegen Prusius geworden, aber er ging neben Luba her mit dem Stolz eines Mannes, der auserwählt war, sie zu begleiten. Nkulele sah das mit Sorge, rückte immer öfter an ihrer Straßbrille und brachte Urulele in wilde Wallungen, als sie ihm gestattete, ihre Brüste zu streicheln und mit den Fingerkuppen über die harten Spitzen ihrer Warzen zu schnippen. Weiter aber kam Urulele nicht; wenn er an den Hosenbund griff, lief sie davon, mit einem perlenden Lachen. Nachts träumte er von ihr, spürte ihre Finger an seinem Lebensbaum und nahm sie in einem wilden Rausch. Wenn er schweißgebadet erwachte, war es seine eigene Hand gewesen … Ein Drama war das! Eine kräftezehrende Tragödie. Aber – er durfte seine Glatze behalten.
    »Man müßte feststellen, wo sie herkommen. Sie sprechen wie Leute aus dem Norden, zur Grenze zum Kaokoveld. Wenn man das nur wüßte!« sagte Urulele. »Ob es die Beamten wissen?«
    »Ich werde anfragen.« Dr. Oppermann warf die Zeitschrift weg, schob sich aus dem Liegestuhl und ging zum Funkgerät. Draußen war es Nacht geworden. Die tausend Geräusche des Busches belebten die Dunkelheit. Nachtvögel flatterten, in den Bäumen turnten noch vereinzelte Affen, im Sumpfgebiet am Rande des Sees quakten Herden von Ochsenfröschen, Grillen zirpten in Büschen und Gräsern, von weitem klang das widerliche Heulen der Fleckenhyäne herüber. Ab und zu zerriß ein schmetternder Klang das Konzert, mal näher, mal entfernter: das Trompeten der Elefanten. Sie zogen zu den Wasserstellen, unbesiegbar durch ihre tonnenschweren Leiber. Der Himmel war licht, von Sternen übersät. Inmitten des Gefunkels hing der

Weitere Kostenlose Bücher