Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
abnehmende Mond wie eine dünne, blasse Sichel.
    In der Mitte des Hüttenkranzes brannte ein einsames kleines Feuer. Drei Ovambos hockten um die Flammen, um die Schultern Decken aus zusammengenähten Affenfellen gelegt. Sie drehten dem Zelt des Weißen den Rücken zu, aber ihre Sinne waren angespannt, und ihre Ohren hörten so gut wie die Ohren des Löffelfuchses. Sie waren die Wache, und das Feuer wärmte nicht nur in der kalten Nacht, es schützte auch vor den Geistern der Finsternis.
    Dr. Oppermann stellte die Frequenz ein, stülpte die Kopfhörer über und hielt das Mikrophon vor den Mund. »Okau melden!« rief er. »Okau bitte melden. Okau melden! Hier Oppermann. Hier Oppermann! Gebiet Okahakana. Okau melden!«
    »Hier Okau!« Die Stimme in Okaukuejo war so deutlich im Kopfhörer, als rufe man direkt in die Ohrmuschel. »Dr. Oppermann?«
    »Ja.«
    »Hier ist Jack Bostel.«
    »Guten Abend, Jack. Tut mir leid, Ihre wohlverdiente Ruhe zu stören.« Dr. Oppermann blickte in die Dunkelheit, hinüber zu dem kleinen Feuer der Ovambos.
    Er kannte Jack Bostel gut. Er war der stellvertretende Chef des Lagers Okaukuejo, ein Riese von Mann, gute zwei Meter hoch, mit Muskeln wie ein Stier und einem wilden schwarzen Bart. Seine Streifen in der Etoscha-Pfanne fuhr er mit einem umgebauten Ford-Laster und stählernem Baumschild, begleitet von zwei Buschmännern, die auf der offenen Ladefläche standen und kein Fernglas brauchten. Sie sahen, hörten und rochen alles schon lange, bevor Bostel mit seinem Feldstecher die Wildnis abgetastet hatte. Wenn jemand wußte, wo im Augenblick Löwen und Leoparden standen, wo eine Giraffenherde zog, wo Büffel oder Nashörner durch den Busch donnerten oder Tausende von Zebras und Gnus sich an den Wasserstellen drängten, dann war es Jack Bostel. Und wenn jemand wußte, woher die rätselhaften Ovambos an diesem See kamen, dann konnte nur Jack darüber Auskunft geben, sonst keiner.
    »Wo brennt es, Doktor?« Jacks Stimme klang heiter. »Ich sitze hier und trinke gerade ein kühles Bier! Eine Siegesfeier. Vor einer halben Stunde liegt doch eine Klapperschlange genau auf der zweiten Stufe zu meinem Haus, und die Kinder sind noch im Garten und spielen. Jetzt steht die Schlange in einem großen Einmachglas vor mir auf dem Tisch. Konserviert in Spiritus. Prost!«
    »Gratuliere, Jack.« Dr. Oppermann hob den Kopf. Nicht allzu weit klang ein dumpfes, grollendes Brüllen auf. Das helle Trompeten eines Elefantenbullen antwortete ihm. Irgendwo in der Dunkelheit galoppierte eine Gnuherde aufgeschreckt davon. Man spürte das Vibrieren des Bodens unter den Sohlen.
    Ein Löwe, der nachts herumtappt? Das ist selten. Wenn er nicht auf die Jagd geht, die meistens die Löwinnen auf sich nehmen, ist der Löwe eines der trägsten Tiere in der Steppe. Nur wenn es unbedingt sein muß, wenn die Löwinnen ihm die Beute zutreiben und ein junger Büffel oder ein altes, krankes Gnu geschlagen werden soll, räkelt er sich aus seiner Bequemlichkeit hervor und spielt den König der Tiere.
    »Hier geht ein Löwe spazieren!« sagte Dr. Oppermann. »Dabei ist gar kein Vollmond. Es kann also kein Mondsüchtiger sein.«
    »Vielleicht riecht er Ihren medizinischen Alkohol?« sagte Jack Bostel fröhlich. »Oder haben Sie Baldrian bei sich? Sie wissen ja: Katzen sind wild auf Baldrian!«
    »Vielleicht ist es ein alter, vom Rudel ausgestoßener Einzelgänger? Ein vom jüngeren Nebenbuhler vertriebener Pascha?«
    »Wie auch immer, Doktor, lassen Sie das Gewehr aus der Hand. Lassen Sie ihn leben! Wir sind für jeden Löwen dankbar, auch wenn er impotent geworden ist.«
    »Und wenn er ins Lager kommt und Hunger anmeldet?«
    »Erklären Sie ihm sanft, daß Mediziner nicht gut schmecken. Löwen sind intelligent.«
    »Jack –«
    »Ich höre. Sehen Sie schon seine Mähne?«
    »Nein, ich sehe drei Ovambos, die um ein kleines Feuer Wache halten, damit ich nicht in ihren Bereich vordringe. Wir haben die Nomaden gefunden. Der Empfang war sehr kühl. Sie verstecken Frauen und Kinder in den Hütten und geben auf unsere Fragen keine Antwort. Ihre Haltung ist fast feindlich. Ich habe bisher vermieden, näher als dreißig Meter an sie heranzukommen.«
    »Was ich Ihnen gesagt habe, Doktor! Sie wollten ja keinen von uns zur Begleitung. Ich schicke Ihnen morgen mit einem Hubschrauber drei Mann 'rüber und organisiere einen geregelten Vorbeimarsch der Kranken.«
    »Genau das will ich nicht, Jack.« Dr. Oppermann lauschte wieder in die Nacht. Von dem

Weitere Kostenlose Bücher