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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen Körper ins Zelt, der vor dem Eingang gekniet hatte. Gleichzeitig ließ Dr. Oppermann die Lampe aufleuchten und richtete den scharfen Strahl auf den nächtlichen Besucher.
    Die Ovambofrau war noch jung, Oppermann schätzte sie auf kaum sechzehn, aber sie hatte schon ein Kind, das sie in einem großen Wickeltuch vor sich auf der Brust trug. Der Säugling schlief fest, mit halbgeschlossenen Lidern. Die Augenhöhlen waren entzündet und aufgetrieben, die Augen vereitert – das übliche Bild der nicht zu heilenden Infektion.
    Schnell schloß Urulele den Vorhang. Oppermann entzündete die große Gaslampe, das volle Licht blendete die junge Frau, sie hielt die Hand vor das Gesicht und sackte noch mehr in sich zusammen. Sie lag auf den Knien, drückte mit der anderen Hand das Kind an sich und wartete auf das, was nun weiter geschehen würde. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Obwohl der Häuptling und der Medizinmann es verboten hatten, war sie im Schutze der Dunkelheit weggeschlichen, hatte das Lager verlassen, war in einem Bogen um die Hütten gekrochen, ganz nahe an den Elefanten vorbei, und vielleicht auch in der Nähe des Löwen, und hatte vor Freude gezittert, als sie endlich das Zelt des weißen Doktors erreicht hatte. Sie wußte, daß man sie verprügeln konnte und als Verräterin verachten würde, ja, ihr Mann würde sie vielleicht bespucken und verstoßen, denn nichts ist heiliger als die Stammesdisziplin. Aber die Verzweiflung hatte sie getrieben, die Angst um ihr erstes Kind, dessen Augen wegeiterten und dem niemand helfen konnte, außer vielleicht der weiße Doktor. Diese Hoffnung war stärker gewesen als die Angst vor den Folgen ihres Verrats. Nun kniete sie hier im Zelt, das Licht beschien sie, und eine große Freude war in ihr. Es ist mein erstes Kind, dachte sie. Soll es ohne Augen weiterleben? Und wenn die anderen Kinder kommen? Verlieren sie auch ihre Augen? Werden sie alle blind sein? Warum sollen sie dann geboren werden? Gewiß, Molongo war ein kräftiger Mann, jeden Tag schlief er mit ihr, er brauchte das; immer, wenn sie ihn ansah mit ihren runden schwarzen Augen, richtete sich sein Glied auf, und sie hatte das gern, sie war glücklich, seine Frau zu sein, sie war ja jung und empfing seine Stärke mit Begeisterung, aber was sollte werden, wenn sein Samen giftig war und diese Krankheit in sie hineintrieb?!
    »Woher kommst du?« fragte Urulele.
    »Aus Karabolongo.«
    »Das ist oben an der Grenze«, sagte Urulele zu Dr. Oppermann. »Nahe bei den Ruacana-Fällen des Kunene.« Er wandte sich wieder der jungen Ovambofrau zu. Sie hatte den Kopf erhoben und starrte Dr. Oppermann an. Sie war hübsch, mit einem fast zierlichen Gesicht, die krause Haarwolle war ganz kurz, wie ein junges Karakulfell, die breite Nase störte nicht, sie gab diesem Gesicht nur einen noch kindlicheren Charakter. Ihre Brüste dagegen waren voll und schwer. Sie stillte das Kind noch. »Du kommst aus den Ehombo-Bergen?« fragte Urulele.
    »Ja.«
    »Und ihr zieht bis in die Etoscha-Pfanne?« Marcus blickte hinüber zu Dr. Oppermann. »Das sind über zweihundert Kilometer, Doktor. So weit zieht heute kein Stamm mehr. Sie haben jetzt alle ihre festen Gebiete. Da stimmt etwas nicht.«
    »Das ahnte ich schon. Frag sie, warum sie so weit gewandert sind.«
    Urulele nickte. Er hockte sich vor die Frau, wie es bei Palavern üblich ist, und massierte seine Kopfhaut. Das erzeugte einen ungeheuren Eindruck. Urulele wußte um die Wirkung seiner Glatze. Die junge Ovambo starrte ihn ehrfürchtig an und drückte den schlafenden Säugling noch fester an ihre Brüste.
    »Warum seid ihr bis in das fremde Land gezogen?« fragte er. »Was wollt ihr hier?«
    »Wo sollen wir hin?« Die Ovambo blickte zu Dr. Oppermann hinüber. In ihren Augen lag die Qual eines verwundeten Tieres. »Sie haben uns weggejagt … einfach weggetrieben … Geht, haben sie gesagt. Geht weit weg, sonst schlagen wir euch tot! Eure Münder atmen die Krankheit aus, aus euren Augen tropft der böse Geist. Dann haben sie unsere Häuser verbrannt, und wir sind weggezogen bis hier an das salzige Wasser.«
    »Was sagt sie?« fragte Dr. Oppermann, der von dem Bantu-Dialekt kein Wort verstand.
    »Man hat sie vertrieben!« sagte Urulele mit belegter Stimme. »Doktor, man hat sie weggejagt, weil sie krank sind. Sie sollen irgendwo sterben, wo sie keinem mehr schaden.«
    Sie hatten nach dem unerbittlichen Gesetz der Natur gehandelt. Was krank und faul ist, muß stürzen und vergehen.
    Dr.

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