Wie ein Hauch von Zauberblüten
außergewöhnlicher Mensch, in jeder Beziehung. Ich mag ihn sehr. Er paßt genau in dieses Dornbuschland. Ich glaube, woanders könnte er auch gar nicht mehr leben.«
Was in der nächsten Stunde und bis zum Mittagessen hinter der Scheune geschah, wird man nie erfahren. Soviel ist gewiß: es knallte und zischte nicht, kein farbiger Rauch stieg in den Himmel und keine Rakete, die zu glitzernden Sternen zerplatzte. Die Mooslachnersche pyrotechnische Bekehrung fand nicht statt. Ganz still ging es zu.
Zum Mittagessen ließ Emil Luther eine Messingglocke tönen, die an einem Balken der Veranda hing. Die drei Kinder der Luthers, drei blonde Jungen von zehn, acht und sieben Jahren, saßen bereits am Tisch und sprangen sofort auf, als Pater Mooslachner mit wehender Soutane auf der Veranda erschien. Den Ruf zum Essen brauchte man für ihn nie zu wiederholen.
»Wie läuft es?« fragte Prusius genüßlich.
»Wir verstehen uns«, antwortete Mooslachner kurz.
»Werden sie am Abend bereits ›Müde bin ich, geh zur Ruh‹ singen können?«
»Mehr als das!« Mooslachner begrüßte die Kinder, streichelte ihre weißblonden Haare und setzte sich wieder. Es gab Hammeleintopf. Allein der Duft versetzte Mooslachner in Verzückung. »Wenn alles gut geht, werden sie überzeugt sein, daß Gott stärker ist als ihr Obergott. Man muß eben darum kämpfen! Die Entwicklung zum wahren Christen aber bringt erst die Zeit: Der tägliche Umgang mit der Humanität, die Sichtbarmachung der Nächstenliebe, das Gefühl der Geborgenheit, das Wissen, man ist nie allein … Gott steht immer in der Nähe.«
»Das war ein gutes Tischgebet!« Prusius schob Mooslachner die große Steingutschüssel zu. »Greifen Sie als erster zu, Herr Pater! Sie werden Kraft brauchen.«
»Das stimmt haargenau.«
Nach dem Essen ging Mooslachner ins Haus und wartete, bis Emil Luther kam. Der Pater stand am Fenster, blickte in den Garten und hatte die Hände über dem Bauch gefaltet.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Luther.
»Ich stehe vor einer großen Entscheidung«, sagte Mooslachner dumpf.
»Kann Ihnen jemand dabei helfen?«
»Ja!« Mooslachner sah Luther mit umwölkter Stirn an. »Luther, denken Sie an Ihren großen Namensvetter. Auch er verschwor sich gegen die Kirche und schlug 95 Thesen an die Kirchentür, die das Gesicht der christlichen Religion entscheidend veränderten. Ich brauche von Ihnen keine 95 Thesen, sondern einen Kübel voll dickem Hammelfett und einige Dosen Insektenvertilger. Geht das?«
»Ich – ich verstehe Sie nicht, Herr Pater«, stammelte Emil Luther.
»Das erkläre ich Ihnen später! Haben Sie Hammelfett?«
»Nein …«
»Scheiße!« rief Mooslachner höchst ungeistlich. »Was haben Sie sonst?«
»Ich weiß nicht, was Sie wünschen. Wozu brauchen Sie es denn?«
»Das ist von untergeordneter Bedeutung. Ich brauche viel Fett!«
»Wir haben Butter.«
»Zu schade!« Mooslachner kratzte sich die Nase. »Wieviel?«
»Vielleicht vier Pfund. Luise buttert jede Woche.«
»Zuwenig! Ich brauche einen ganzen Topf.«
»Wir haben einen Eimer Schmierfett – für die Wagenpflege.«
»Schmierfett! Das geht!« Mooslachners Gesicht hellte sich auf. »Und Insektenmittel?«
»Sprays oder Pulver?«
»Zuerst Pulver, später vielleicht auch Spray. Können Sie mir das alles besorgen? Ich brauche es sofort!«
»Natürlich.« Emil Luther zögerte an der Tür. Pater Mooslachner ging im Zimmer unruhig hin und her. Irgend etwas quälte ihn noch. »Darf ich nicht fragen, wofür …«
»Ja!« Mooslachner blieb schwer atmend stehen. »Ich habe mich zu einem Duell herausfordern lassen. Es geht um die Stärke der Götter. Mein Gott oder der Gott der Buschmänner. Emil – es ist eine Art Gottesurteil! Sie sind ein frommer Mensch, Sie werden den Mund halten. Und Sie werden verhindern, daß irgend jemand die Hütten betritt, bis ich wieder hier auf Ihrer Veranda stehe. Versprechen Sie mir das?«
»Ja, Pater.«
»Ich habe große Sorge, daß ich dieses verdammte Duell verliere. Aber ich habe mich nun 'mal darauf eingelassen; es ist der einzige Weg, den Alten davon zu überzeugen, daß mein Gott stärker ist. Nur das stößt die Tür zu seiner Seele auf. Was tut man nicht alles für den Glauben!« Mooslachner räusperte sich. »Ich kann das Duell nur mit Fett und Insektenmitteln gewinnen. Das ist zwar Betrug, aber in der Missionsgeschichte gibt es noch ganz andere Dinge! – Emil, bringen Sie mir Schmierfett und Insektenpulver!«
Luther verließ das Haus
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