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Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht

Titel: Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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halbleeren Wodkaflasche. Es war die dritte des Abends. Niemand beachtete ihn. Er stand an der Anlegestelle hinter dem Haus und trug jetzt ein schwarzes Hemd mit langen Ärmeln und eine dunkle Jeans. Nur sein Gesicht war zu sehen, aber er befand sich im Schatten einer Zypresse, geschützt durch den Stamm. Von dort beobachtete er die Fenster. Die Lichter. Und wartete auf Erin.
    Lange passierte gar nichts. Er trank. Bald war die Flasche leer. Alle paar Minuten kamen Leute aus dem Laden und tankten mit ihren Kreditkarten Benzin an der Zapfsäule. Ganz schön viel Betrieb, sogar hier draußen, mitten im Nichts. Er ging seitlich um den Laden herum und sah den bläulich flackernden Schimmer eines Fernsehers. Die vier schauten fern, alle miteinander, sie spielten glückliche Familie. Oder die Kinder waren schon im Bett, müde vom Jahrmarkt. Und von der Fahrt mit dem Fahrrad. Vielleicht saßen nur noch Erin und der grauhaarige Mann auf der Couch, küssten sich, während Meg Ryan oder Julia Roberts sich auf dem Bildschirm verliebte.
    Alles tat ihm weh. Er war müde, sein Magen krampfte sich immer wieder zusammen. Er hätte die Treppe hinaufgehen und die Tür eintreten können, er hätte sie schon ein Dutzend Mal töten können, und er wollte es möglichst schnell hinter sich bringen, aber es waren immer noch Kunden im Laden. Autos auf dem Parkplatz. Seinen eigenen Wagen hatte er unter einen Baum hinter dem Laden geschoben, ohne den Motor noch einmal anzumachen, so dass die Vorbeifahrenden ihn nicht sehen konnten. Er wollte sie alle mit seiner Glock erschießen, er wollte sie sterben sehen, aber gleichzeitig hatte er den Wunsch, sich hinzulegen und zu schlafen, weil er in seinem ganzen Leben noch nie so müde gewesen war, und er wollte, dass Erin bei ihm lag, wenn er aufwachte, und dass alles wieder so war wie früher. Als wäre sie nie fortgegangen.
    Später sah er ihr Profil im Fenster, sah, wie sie sich lächelnd wieder abwandte. Garantiert dachte sie an den grauhaarigen Mann. Und an Sex. Aber in der Bibel stand: Wer sich der Unzucht hingibt, den wird die Strafe ereilen, und er wird im ewigen Feuer brennen.
    Er war der Engel des Herrn. Erin hatte gesündigt, und in der Bibel stand: Sie soll gequält werden mit Feuer und Schwefel, im Beisein der heiligen Engel.
    In der Bibel war immer von Feuer die Rede, weil es reinigte und verdammte. Das war etwas, was Kevin verstand. Feuer war mächtig, die Waffe der Engel. Er leerte die Wodkaflasche und kickte sie unter die Büsche. Ein Auto kam an die Zapfsäulen, ein Mann stieg aus. Er steckte seine Kreditkarte in den Schlitz und begann zu tanken. Auf einem Schild neben der Säule stand, dass Rauchen verboten sei, weil Benzin so leicht entflammbar sei. Im Laden gab es Flüssiganzünder für Holzkohle. Kevin erinnerte sich deutlich an den Mann vor ihm in der Schlange, der eine Dose in der Hand gehalten hatte.
    Feuer.
    Alex ergriff das Lenkrad anders, um etwas bequemer fahren zu können. Joyce und ihre Tochter saßen auf dem Rücksitz und hatten nicht aufgehört zu reden, seit sie ins Auto gestiegen waren.
    Die Uhr im Armaturenbrett zeigte an, dass es schon spät war. Die Kinder waren entweder im Bett oder sie gin gen gerade schlafen. Der Gedanke gefiel ihm. Auf der Herfahrt hatte er bereits eine ganze Flasche Wasser getrunken, aber durstig war er immer noch. Er überlegte, ob er noch einmal anhalten sollte. Joyce und ihre Tochter hatten bestimmt nichts dagegen – andererseits hatte er keine Lust, eine Pause zu machen und noch mehr Zeit zu verlieren. Er wollte so schnell wie möglich nach Hause.
    Seine Gedanken schweiften ab. Er dachte an Josh und Kristen, an Katie, Erinnerungen an Carly tauchten auf. Was würde sie sagen, wenn sie Katie sähe? Wäre es in Carlys Sinn, wenn er ihr den Brief gab? Er musste an den Tag denken, als er beobachtete, wie Katie der kleinen Kristen beim Ankleiden der Puppe half. Und wie wunderschön sie an dem Abend ausgesehen hatte, als sie für ihn ein Essen kochte. Bei dem Gedanken daran, dass sie zu Hause auf ihn wartete, hätte er am liebsten das Gaspedal durchgetreten.
    Auf der anderen Seite des Highways erschienen am Horizont kleine Lichttupfer, die sich näherten und größer wurden, bis sie sich in die Frontscheinwerfer der entgegenkommenden Autos verwandelten – und vorbeisausten. Im Rückspiegel konnte er sehen, wie die roten Rücklichter in der Ferne verschwanden.
    Im Süden wetterleuchtete es. Der Himmel blinkte fast wie bei einer Diashow.

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