Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
gesagt.
Wer?
Du weißt schon.
Kevin zielte mit der Waffe auf sie. »Ich möchte nur mit ihm reden, Erin.«
Mühsam rappelte sie sich auf. Kristen und Josh klammerten sich mit angstverzerrten Gesichtern an sie. Kevins Augen blitzten animalisch, seine Bewegungen waren unkoordiniert. Er machte einen Schritt auf sie zu und wäre fast gestürzt. Die Pistole schwankte hin und her.
Er wollte sie alle umbringen. Er hatte versucht, sie mit dem Feuer zu töten. Aber er war betrunken, sehr betrunken. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Er hatte sich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle, war unerreichbar.
Sie musste es schaffen, die Kinder aus der Schusslinie zu bekommen.
»Oh, hallo, Kevin«, flötete sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Warum hast du eine Waffe in der Hand? Bist du hier, um mich zu holen? Ist alles okay, Baby?«
Kevin blinzelte. Diese Stimme! So süß, so sanft, so verführerisch. Es gefiel ihm, wenn sie so sprach. War es ein Traum? Nein, er träumte nicht, Erin stand vor ihm. Lächelnd kam sie auf ihn zu. »Ich liebe dich, Kevin, und ich habe immer gewusst, dass du kommst.«
Fassungslos starrte er sie an. Er sah zwei Erins vor sich. Nein, doch nur eine. Den anderen Leuten hatte er gesagt, sie sei in New Hampshire, bei einer kranken Freundin, aber es waren keine Spuren im Schnee, seine Anrufe wurden weitergeleitet, und ein kleiner Junge wurde erschossen, und er hatte rote Pizzasoße im Gesicht, und jetzt war Erin da und sagte, sie liebe ihn.
Noch ein Stück, dachte Katie. Fast geschafft. Sie ging noch einen Schritt näher zu ihm und schob die Kinder hinter ihren Rücken.
»Kannst du mich nach Hause bringen?«, bettelte sie, so wie Erin ihn früher immer angebettelt hatte, aber ihre Haare waren kurz und dunkel, sie kam näher, und er fragte sich, warum sie keine Angst hatte. Am liebsten hätte er geschossen, aber er liebte sie. Wenn nur dieser hämmernde Kopfschmerz aufhören würde –
Plötzlich warf sich Katie gegen ihn und drängte die Pistole beiseite. Ein Schuss löste sich, er klang wie ein teuflischer Schlag, aber Erin war bei ihm, hielt sein Handgelenk fest, ließ ihn nicht los. Kristen begann zu schreien.
»Lauft weg!«, schrie Katie nach hinten. »Josh, nimm Kristen an der Hand und renn mit ihr weg! Er hat eine Pistole! Lauft, so weit ihr könnt, und versteckt euch irgendwo!«
Die Panik in Katies Stimme schien Josh wachzurütteln, er packte Kristens Hand und rannte los. Zur Straße, zu Katies Cottage. Die Kinder rannten um ihr Leben.
»Du miese Schlampe!«, zeterte Kevin und wollte schießen. Katie biss ihn so fest sie konnte in den Arm. Kevin schrie auf wie ein wildes Tier, versuchte sich zu befreien, sie gab ihn nicht frei, also donnerte er mit seiner anderen Faust gegen ihre Schläfe. Katie sah ein grelles Licht und biss noch einmal zu, diesmal erwischte sie seinen Daumen, er jaulte laut, und die Pistole landete auf dem Boden. Er boxte sie wieder, traf ihren Wangenknochen, sie stürzte.
Er versetzte ihr einen Tritt in den Rücken. Sie krümmte sich vor Schmerzen. Aber sie versuchte sich zu bewegen, voller Panik, denn sie wusste jetzt mit Sicherheit, dass er sie und die Kinder töten wollte. Sie musste Zeit gewinnen, damit die Kinder entkommen konnten! Sie kroch davon, so schnell es nur ging, dann wuchtete sie sich hoch, wie eine Sprinterin, die aus den Startblöcken kommt.
Sie rannte los, zwang sich mit letzter Kraft, weiterzulaufen, doch dann spürte sie, wie er sich von hinten auf sie warf, und sie lag erneut auf dem Boden, atemlos. Er packte sie an den Haaren und schlug wieder zu, drehte ihr den Arm um, doch plötzlich verlor er das Gleichgewicht, und Katie schaffte es, sich auf den Rücken zu drehen. Sie versuchte, ihre Finger in seine Augen zu krallen, sie kratzte, sie biss.
Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Das Adrenalin schoss durch ihren Körper. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen – weil sie sich so oft nicht gewehrt hatte. Weil sie den Kindern genug Zeit verschaffen wollte, zu fliehen und sich zu verstecken. Sie schrie ihn an, diesen Mann, beschimpfte ihn, sie hasste ihn, er durfte sie nie wieder schlagen.
Kevin schnappte nach ihren Fingern, taumelte, und sie nutzte die Chance, um sich zu befreien. Gleich griff er nach ihren Beinen, bekam sie aber nicht richtig zu fassen, und es gelang ihr, ein Knie bis unters Kinn zu ziehen und ihn zu treten, so fest sie konnte. Er war nicht darauf gefasst, einen Tritt ans Kinn zu bekommen. Sie kickte ein zweites Mal, er
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