Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
Sonnenbrille wieder in die Haare. »Ehrlich gesagt – ich habe gehofft, dass du das vorschlägst. Ein Kaffee wäre jetzt genau das Richtige für mich. Meine ganze Kücheneinrichtung ist noch in Kisten verpackt, und mein Wagen ist in der Werkstatt. Kannst du dir vorstellen, wie schlimm es ist, wenn man den Tag ohne Koffein anfangen muss?«
»Ja, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen.«
»Nur damit du Bescheid weißt – ich bin regelrecht kaffeesüchtig. Vor allem an einem Tag wie heute, an dem ich Kartons auspacken soll. Ich hasse auspacken – habe ich das schon gesagt?«
»Ich glaube nicht.«
»Für mich gibt es nichts Schlimmeres. Man muss sich genau überlegen, wo man alles hinräumt, man schlägt sich das Knie an, weil überall was im Weg steht. Keine Angst – ich gehöre nicht zu den Leuten, die immer gleich um Hilfe bitten. Aber eine Tasse Kaffee wäre schon super …«
»Komm, wir gehen rein. Du darfst aber nicht vergessen, dass die Möbel alle schon da waren, als ich eingezogen bin.«
In der Küche holte Katie eine Tasse aus dem Schrank und füllte sie bis zum Rand. »Ich habe leider keine Milch und auch keinen Zucker«, sagte sie und reichte Jo die Tasse.
»Brauche ich nicht«, antwortete Jo. Sie pustete ein bisschen, bevor sie den ersten Schluck trank. »Okay, jetzt ist es offiziell«, verkündete sie dann. »Von nun an bist du meine beste Freundin auf der ganzen Welt. Der Kaffee schmeckt super!«
»Danke, nett, dass du das sagst.«
»Dabei fällt mir ein – Benson hat erzählt, du arbeitest im Ivan’s?«
»Ja, als Bedienung.«
»Arbeitet Big Dave noch dort?« Als Katie nickte, fuhr Jo fort: »Er war schon da, als ich in der Highschool war. Denkt er sich immer noch für alle Leute besondere Namen aus?«
»Ja.«
»Was ist mit Melody? Sie redet sicher nach wie vor darüber, wie toll manche männlichen Gäste aussehen, oder?«
»Bei jeder Schicht.«
»Und Ricky? Macht er sich an alle neuen Kellnerinnen ran?«
Als Katie wieder nickte, musste Jo lachen. »Dieses Lokal verändert sich nie.«
»Hast du auch mal dort gearbeitet?«
»Nein, aber Southport ist ein Nest, und das Ivan’s ist eine Institution. Je länger du hier wohnst, desto besser wirst du verstehen, dass es hier keine Geheimnisse gibt. Jeder weiß alles über alle. Und gewisse Leute, wie zum Beispiel – sagen wir mal – Melody, haben das Tratschen zu einer Kunstform erhoben. Früher hat mich das unheimlich genervt. Die Hälfte der Einwohner von Southport ist so. In einem kleinen Kaff gibt es nicht viel zu tun, also redet man über die anderen.«
»Aber du bist wieder zurückgekommen.«
Jo zuckte die Achseln. »Stimmt. Was soll ich sagen? Vielleicht gefällt es mir, wenn mich etwas nervt.« Sie trank einen Schluck Kaffee und zeigte nach draußen. »Früher, als ich im Zentrum gewohnt habe, wusste ich gar nicht, dass diese beiden Cottages existieren.«
»Der Besitzer hat mir erzählt, es sind ehemalige Jagdhütten. Sie haben zur Plantage gehört, bevor sie vermietet wurden.«
Kopfschüttelnd sagte Jo: »Ich verstehe nicht, dass du so weit rausgezogen bist.«
»Du wohnst doch auch hier«, erwiderte Katie trocken.
»Ja, aber ich habe das überhaupt nur in Erwägung gezogen, weil ich wusste, ich bin nicht die einzige Frau am Ende der Schotterstraße, mitten im Nichts. Hier ist man doch ganz schön isoliert.«
Deswegen wollte ich das Cottage ja unbedingt haben, dachte Katie. »Ach, so schlimm ist es nicht. Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt.«
»Hoffentlich gewöhne ich mich auch bald ein«, sagte Jo und pustete wieder in ihren Kaffee, um ihn noch mehr abzukühlen. »Und was hat dich nach Southport verschlagen? Ich wette, es waren nicht die spannenden Karrieremöglichkeiten im Ivan’s. Hast du Familie hier in der Gegend? Eltern? Geschwister?«
»Nein, niemanden.«
»Bist du einem Freund gefolgt?«
»Nein, auch nicht.«
»Willst du sagen, du … du bist einfach ohne jeden Grund hierhergezogen?«
»Ja.«
»Aber warum tut jemand so was?«
Katie antwortete nicht. Diese Fragen hatten ihr auch Ivan und Melody und Ricky gestellt. Ihr war klar, dass keine schlimmen Absichten hinter dieser Fragerei steckten, es war reine Neugier, aber trotzdem wusste sie nie recht, was sie sagen sollte. Deshalb entschied sie sich immer für die Wahrheit.
»Ich wollte einfach irgendwohin, wo ich ganz von vorn anfangen kann.«
Jo trank noch einen Schluck. Sie dachte über diese Antwort nach, das sah man ihr an, aber
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