Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
Ein schneller Blick auf die Uhr. Noch zwölf Minuten.
Kevin war noch nicht da. Katies Herz schlug schneller. Sie zog ihren Mantel und die Handschuhe wieder an und verließ den Salon unvermittelt, obwohl Rachel noch mit ihr sprach. In dem Elektronikshop nebenan fragte Katie den Verkäufer nach einem Handy mit einer Karte, die ihr zwanzig Stunden Sprechzeit ermöglichte. Ihr war schwindelig, als sie das sagte, weil ihr klar wurde, dass es jetzt kein Zurück mehr gab.
Der Mann holte ein Handy unter der Theke hervor und begann, die Informationen in die Kasse einzutippen, während er erklärte, wie alles funktionierte. Katie hatte Extrageld dabei, das sie in einer Tamponschachtel aufbewahrte, weil sie wusste, dass Kevin da nie nachsehen würde. Aufgeregt legte sie die zerknitterten Scheine auf die Theke. Die Uhr tickte unerbittlich. Sie schaute hin aus auf den Parkplatz. Ihre Knie zitterten, ihr Mund war trocken.
Warum war der Verkäufer nur so langsam! Obwohl sie bar bezahlte, wollte er ihren Namen wissen, ihre Adresse samt Postleitzahl. Sinnlos. Albern. Sie wollte nur bezahlen und raus hier. Sie zählte bis zehn. Der Verkäufer schrieb immer noch. Draußen schaltete die Ampel auf Rot. Die Autos blieben stehen. Bog Kevin schon auf den Parkplatz ein? Würde er sie sehen, wenn sie aus dem Laden kam? Katie bekam kaum noch Luft.
Vergeblich versuchte sie, die Plastikverpackung aufzureißen. Es klappte nicht. Aber eingepackt war das Handy zu groß für ihre kleine Handtasche, zu groß für ihren Mantel. Schließlich bat sie den Verkäufer um eine Schere, und dieser vergeudete wieder wertvolle Zeit, weil er eine suchen musste. Am liebsten hätte sie ihn laut angeschrien, er solle sich beeilen. Kevin konnte jede Minute da sein. Verzweifelt drehte sie sich zum Fenster um.
Als endlich alles abgewickelt war, steckte sie das Handy mit der Prepaid-Karte in die Jackentasche. Der Verkäufer fragte, ob sie eine Tüte wolle, aber sie war schon zur Tür hinaus, ohne zu antworten. Das kleine Telefon erschien ihr bleischwer. Und es lag nicht nur am vereisten Untergrund, dass sie Mühe hatte, das Gleichgewicht zu halten.
Eilig ging sie zurück in den Friseursalon, zog Mantel und Handschuhe wieder aus und trat erneut an die Kasse. Dreißig Sekunden später sah sie Kevins Auto in den Parkplatz einbiegen. Sein Blick wanderte sofort in ihre Richtung.
Auf ihrem Mantel lag ein bisschen Schnee, den sie rasch wegstrich. Sie war in Panik, aus Angst, dass Kevin doch etwas gesehen haben könnte. Aber sie durfte jetzt nicht durchdrehen. Sie musste sich ganz normal verhalten.
Rachel kam auf sie zu. »Haben Sie was vergessen?«, fragte sie.
»Ich wollte draußen warten, aber es ist zu kalt«, erklärte Katie mit einem Seufzer. »Außerdem ist mir eingefallen, dass ich vergessen habe, Ihre Karte mitzunehmen.«
Rachels Augen blitzten erfreut. »Ja, stimmt. Eine Sekunde – ich bin gleich wieder da.« Sie ging an ihren Platz und holte eine Visitenkarte aus der Schublade. Katie wusste, dass Kevin alles vom Auto aus beobachtete, tat aber so, als würde sie nichts merken.
Mit eifriger Miene reichte die junge Frau ihr die Karte und sagte noch: »Sonntags und montags arbeite ich meistens nicht.«
Katie nickte. »Danke. Ich melde mich.«
Sie hörte, wie hinter ihr die Tür aufging. Kevin. Normalerweise kam er nicht herein. Ihr Herz hämmerte. Sie zog den Mantel wieder an. Hoffentlich merkte niemand, wie ihre Hände zitterten. Dann drehte sie sich um. Und lächelte.
KAPITEL 18
Es schneite heftiger, als Kevin Tierney mit dem Auto in die Einfahrt bog. Auf dem Rücksitz standen mehrere Tüten mit Lebensmitteln. Er schnappte sich drei und ging zur Tür. Während der ganzen Fahrt hatte er nichts gesagt, und auch beim Einkaufen hatte er kaum ein Wort gesprochen. Er war nur neben Katie hergetrottet, während sie die Regale nach Sonderangeboten absuchte und sich verzweifelt bemühte, nur ja nicht an das Handy in ihrer Tasche zu denken.
Sie waren ständig knapp bei Kasse, und Kevin wurde immer furchtbar wütend, wenn sie beim Einkaufen zu viel Geld ausgab. Ihre Hypothek verschluckte fast die Hälfte seines Gehalts. Und die Kreditkartenrechnungen fraßen ein weiteres großes Stück. Meistens mussten sie zu Hause essen, aber ihr Mann wollte es haben wie im Restaurant, ein Hauptgericht mit zwei Beilagen und manchmal auch noch einen Salat. Er weigerte sich, Reste zu essen, deshalb war es sehr schwierig, mit dem Geld über die Runden zu kommen. Katie musste die
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