Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
Feldmans nur noch, wenn sie wusste, dass Kevin bei der Arbeit war und zu beschäftigt, um anzurufen. Sie passte auf, dass niemand anderes aus der Nachbarschaft sehen konnte, wie sie über die Straße zur Haustür der Nachbarn lief, und fühlte sich wie eine Spionin. Die beiden zeigten ihr Fotos von ihren Töchtern, als diese noch Kinder waren. Die eine Tochter war gestorben, die andere fortgezogen, und Erin spürte intuitiv, dass die Eheleute so einsam waren wie sie selbst. Im Sommer buk sie Heidelbeerkuchen für sie und verbrachte dann den Rest des Nachmittags damit, in der Küche auch die letzte Mehlspur zu beseitigen, damit Kevin nur ja nichts merkte.
Nachdem nun Kevin zur Arbeit gegangen war, putzte Erin die Fenster und bezog die Betten frisch. Sie saugte Staub und räumte die Küche auf. Dabei übte sie, mit tiefer Stimme zu sprechen, damit sie klang wie ein Mann. Sie versuchte, nicht an das Handy zu denken, das sie über Nacht aufgeladen und dann wieder unter der Spüle versteckt hatte. Sie wusste genau, dass sie so bald keine derart günstige Gelegenheit mehr bekommen würde, aber Angst hatte sie trotzdem, weil sehr vieles schiefgehen konnte.
Am Montagmorgen machte sie Frühstück für Kevin, genau wie jeden Tag. Vier Scheiben Speck, Spiegeleier, zwei Scheiben Toast. Er war schlechter Laune und unkonzentriert. Stumm las er die Zeitung, und als er seinen Mantel anzog, um zu gehen, sagte sie, dass sie gleich noch duschen werde.
»Das stelle ich mir schön vor, wenn man jeden Morgen aufsteht und weiß, man kann tun, was man will, und zwar genau in dem Moment, wenn es einem passt«, brummte er.
Erin tat so, als hätte sie diese Bemerkung nicht gehört. »Möchtest du irgendwas Besonderes zum Abendessen?«, fragte sie ihn.
Er überlegte kurz. »Ja, Lasagne mit Knoblauchbrot. Und einen Salat.«
Als er aufbrach, stand sie am Fenster und schaute ihm nach, bis sein Wagen hinter der Ecke verschwunden war. Dann ging sie zum Telefon. Bei dem Gedanken daran, was sie vorhatte, wurde ihr schwindelig.
Sie rief die Telefonzentrale an und ließ sich zum Kundendienst durchstellen. Fünf Minuten vergingen. Sechs Minuten. Kevin brauchte zwanzig Minuten zur Arbeit, und er rief sie immer an, sobald er dort war. Sie hatte also noch genug Zeit. Schließlich meldete sich ein Mitarbeiter, fragte sie nach ihrem Namen, nach der Rechnungsadresse und nach dem Mädchennamen von Kevins Mutter, um sich abzusichern. Das Konto lief auf Kevins Namen, und sie sprach mit tiefer Stimme, während sie die Informationen gab, so wie sie es geübt hatte. Zwar klang sie nicht wie Kevin, vielleicht nicht einmal wie ein Mann, aber der Angestellte achtete nicht auf solche Details.
»Ist es möglich, dass ich von meinem Anschluss aus einen Anruf weiterleiten lasse?«, fragte sie.
»Das kostet zusätzliche Gebühren, aber Sie können dann auch anklopfen lassen, und Sie bekommen eine Mailbox. Es ist nur –«
»Ausgezeichnet. Aber können Sie das heute schon einrichten?«
»Ja, selbstverständlich.« Erin hörte, wie er etwas eingab. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder sprach und ihr mitteilte, die Zusatzgebühren würden auf der nächsten Rechnung erscheinen, die in der folgenden Woche abgeschickt wurde. Allerdings werde der gesamte Monat berechnet, obwohl der neue Service erst ab heute aktiviert wurde. »Kein Problem«, sagte sie. Der Angestellte verlangte noch weitere Informationen und sagte ihr dann, der Vorgang sei nun abgeschlossen, sie könne den Service ab sofort nutzen. Erin legte auf und schaute ängstlich auf die Uhr. Die gesamte Transaktion hatte achtzehn Minuten gedauert.
Drei Minuten später meldete sich Kevin vom Revier aus.
Gleich nachdem sie aufgelegt hatte, rief Erin Super Shuttle an, einen Transportservice, der Reisende zum Flughafen und zum Busbahnhof brachte. Sie reservierte einen Platz für den folgenden Tag. Dann holte sie ihr Handy hervor und aktivierte es endlich. Sie wählte die Nummer des Kinos, weil es eine telefonische Ansage hatte. Auf diese Weise wollte sie sich vergewissern, dass das Handy auch funktionierte. Als Nächstes probierte sie aus, ob die Rufumleitung für das Festnetz funktionierte. Als Test rief sie ihre Festnetznummer vom Handy aus an. Ihr Herz klopfte wie verrückt, als das Telefon klingelte. Gleich nach dem zweiten Klingeln klickte es, und die Ansage des Kinos sprang an. Erin war so erleichtert, dass ihre Finger zitterten, als sie das Handy wieder ausstellte und in die Packung mit Scheuerpads
Weitere Kostenlose Bücher