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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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verkündete er entschlossen.
    »Warum nicht?«
    Der Arzt sagte es ihm. Die Haut über Jakes Wangenknochen spannte sich. »Sie scheinheiliger Bastard! Ich habe Sie hergebracht, damit Sie alles tun, was notwendig ist, um ihr das Leben zu retten, und das werden Sie auch!«
    »Ich gehöre jener Schule an, die die Lehrmeinung vertritt, dass einige Teile des Körpers unversehrt bleiben sollten, namentlich die Brust, das Gehirn und der Bauch.«
    Von dieser pedantischen Lektion war Jake überhaupt nicht beeindruckt. Er packte den Doktor am Revers und riss ihn in die Höhe, bis seine Füße einige Zentimeter über dem Boden baumelten und sein Gesicht auf gleicher Höhe war wie das von Jake. »Wo haben sie dich denn ausgegraben? Über Altertümer wie dich hat man doch schon vor langer Zeit gelacht, bis sie ausgestorben sind.«
    Er schob den Doktor gegen die Wand, zog seine Pistole und hielt sie an Hewitts Nasenspitze. Er spannte den Hahn ganz langsam und selbstsicher, sodass dem Arzt auf der Stirn der Schweiß ausbrach. »Jetzt gehen Sie da hinein, öffnen Banner Colemans Bauch und holen ihren Blinddarm heraus … oder Sie werden sterben. Verstanden?«
    »Das werden Sie vor Mr Coleman zu verantworten haben«, stotterte der Arzt.
    »Wenn Ross hier wäre, würde er genauso handeln. Also, muss ich Ihr Gehirn gegen die Wand blasen oder nicht?«
    »In Ordnung, ich werde es tun.«
    Jake ließ ihn so plötzlich los und trat zurück, dass Dr. Hewitts Brille herunterfiel. Sie purzelte über Gesicht und Brust. In Kniehöhe fing er sie auf.
    Nie zuvor hatte man ihn so aus dem Gleichgewicht gebracht. Er setzte die Brille zurück auf die Nase und zupfte nervös an seiner Weste. »Ich weiß nicht einmal, ob ich Äther bei mir habe. Die Fäulnis ist unser schlimmster Feind. Wir müssen eine antiseptische Barriere zwischen Wunde und der keimhaltigen Umgebung errichten. In meiner Tasche finden Sie Karbolsäure und auch einige Bandagen. Holen Sie sie bitte her«, sagte der Arzt hastig. Er wollte diesen Barbaren beschwichtigen. Seine Augen waren durchdringender als irgendeine Lanzette des Doktors. Als Jake im anderen Zimmer verschwand, dachte der Doktor daran, aus dem Haus zu laufen und in seinen Einspänner zu steigen. Aber er wusste, dass er niemals schneller sein würde als ein Reiter, und er fürchtete Jakes Zorn, wenn er ihn bei der Flucht erwischte.
    Vor der Operation fürchtete er sich beinahe noch mehr. Er hatte sich in der modernen Medizin und bei den Fortschritten der Chirurgie nicht auf dem Laufenden gehalten. Er gab sich damit zufrieden, einer Frau, die ein Baby zur Welt brachte, die Hand zu tätscheln, geschnittene Finger zu nähen und Pillen gegen Verdauungsstörungen zu verschreiben.
    George Hewitt konnte man nicht damit belästigen, sich über Neuerungen wie die auf dem Gebiet der Asepsis zu informieren. Er lebte in einem wilden Land, dem die heiligen Hallen medizinischer Wissenschaft fremd waren. Er konnte Kugeln in Rekordzeit entfernen, wenn sie kein lebenswichtiges Organ bedrohten. Beinahe genauso schnell konnte er Glieder amputieren. Aber das Innere des menschlichen Körpers verwirrte und erschreckte ihn.
    Als alles bereit war, blickte er nieder auf Banner Colemans makellos weiße Haut, und kalter Schweiß brach ihm im Gesicht aus. Er schaute zu dem Mann auf, der darauf bestanden hatte, bei der Operation anwesend zu sein. Hewitt hatte zugestimmt. Er brauchte jemanden, der Äther auf das Tuch über ihrer Nase träufelte, falls sie wieder zu sich kam.
    »Ich möchte nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn infolge dieses Eingriffs etwas passiert«, sagte er mit mehr Tapferkeit, als er eigentlich empfand. »Wenn der Blinddarm bereits durchgebrochen ist, wird sie wahrscheinlich sterben, ganz gleich, was ich tue. Ich möchte, dass Sie das begreifen.«
    Jake zuckte nicht zusammen. Er starrte den Doktor aus seinen eisblauen Augen an. »Und ich möchte, dass Sie Folgendes begreifen: Wenn sie stirbt, sterben Sie auch. Wenn ich Sie wäre, würde ich verdammt dafür sorgen, dass sie nicht stirbt.«
    Der Mann war ein Rüpel und ein Heide, dessen war Hewitt gewiss. Ebenso sicher war er sich, dass der Cowboy meinte, was er sagte. Deshalb führte er seine geringen beruflichen Fertigkeiten ins Feld und senkte das rasiermesserscharfe Skalpell auf das glatte Fleisch rechts von Banners Nabel, das rundherum mit karbolgetränkten Tüchern abgedeckt war.
    Jakes Herz hörte beinahe auf zu schlagen, als er beobachtete, wie das Messer das Gewebe

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