Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
spontan vor.
»Was?«
»Rasier dich hier drinnen, da drüben an meinem Frisiertisch.« Sie wies auf die Kommode mit dem Spiegelaufsatz.
»Banner«, erwiderte er mit rollenden Augen. »Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil, ähm …« Er suchte nach einem glaubwürdigen Grund. »Weil nichts Besonderes dabei ist, deshalb.«
»Wenn nichts Besonderes dabei ist, warum macht es dir dann etwas aus, wenn ich zuschaue?«
»Es macht mir nichts aus, wenn du zuschaust. Es ist nur, dass …«
»Nun?«
»Ach, zum Teufel! Wenn es dich glücklich macht.«
Er stampfte hinaus, und sie lehnte sich selbstgefällig lächelnd zurück. Als er zurückkam, trug er einen Becher, einen Pinsel, ein Rasiermesser und ein Handtuch. »Ich hoffe, dir ist klar, dass ich mir eine Menge Mühe gebe, um dich zu unterhalten«, brummte er. Er stellte seine Rasierutensilien auf den Frisiertisch und ging hinaus, um sich heißes Wasser aus der Küche zu holen.
»Ich weiß das wohl zu schätzen«, rief sie ihm hinterher.
Er murmelte etwas, sie verstand aber nur »Göre«. Als er das heiße Wasser hereinbrachte und es in ihre Porzellanwaschschüssel goss, blickte er finster drein. Die gelben Rosen, die auf die Schüssel gemalt waren, erregten seine Aufmerksamkeit.
»Erzähl bloß niemandem, dass ich mich an einer Schüssel rasiert habe, auf die Blumen gemalt waren.«
»Meine Lippen sind versiegelt.«
Ihre Augen funkelten. Dieses Anzeichen von Gesundheit war der einzige Grund, warum Jake diesen Unsinn mitmachte. Von Stunde zu Stunde ging es ihr besser. Ihr früherer gesunder Körper ersetzte wieder denjenigen, der von Schmerzen gequält und vom Fieber geschüttelt worden war. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass ihre Gesundung weitere Fortschritte machte.
Sie beobachtete, wie er die obersten Knöpfe seines Hemdes öffnete und den Kragen nach innen schlug. »Warum ziehst du dein Hemd nicht aus?«
Er tauchte den Pinsel ins Wasser, dann in den Becher mit der Rasierseife und begann, dicken Schaum aufzurühren. »Warum kümmerst du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten?« Er klatschte den weißen Schaum auf seinen Kiefer und verteilte ihn mit dem Pinsel, bis die untere Gesichtshälfte bedeckt war. »Ich mache das schon seit einigen Jahren, ohne einen Trainer zu benötigen.«
»Ich dachte nur, dass dir vielleicht etwas heruntertropft oder so.«
Genau als sie das gesagt hatte, fiel ein Klecks des Seifenschaums auf seine Hemdbrust. Er fluchte, griff zu einem Handtuch und wischte ihn weg. Sie kicherte, er blickte finster in den Spiegel. Aber besonders bedrohlich wirkte das nicht, da sein Gesicht mit Rasierseife bedeckt war.
Er nahm das Rasiermesser zur Hand. »Muss man nicht die Klinge zuerst schärfen?«, fragte sie.
Er ignorierte sie. Den Kopf schief gelegt, fuhr er mit der Rasierklinge von einer Kotelette bis zum Kiefer. Er wischte die Klinge in der Waschschüssel sauber und machte den nächsten Strich. Dann kniff er die Lippen zusammen, um die Oberlippe zu rasieren. »Du machst mich ganz unsicher.« Durch seine Mundstellung hörten sich die Worte verzerrt an, und Banner musste kichern.
»Es ist faszinierend!«
»O ja, sehr faszinierend«, spottete er.
Als seine untere Gesichtshälfte sauber gekratzt war, griff er wieder zum Pinsel und schäumte sich unter dem Kinn bis zum Hals hinab ein. Dann neigte er den Kopf nach hinten, setzte die Klinge unten an seiner Kehle an und zog sie nach oben über den Adamsapfel.
»Jake?«
»Hmm?«
»Würdest du sagen, dass dein Schwanz länger ist als die meisten?«
»Scheiße!« Ein Blutstropfen erschien in der Höhe seiner Halsschlagader. »Verdammt noch mal, wie kannst du einen Mann so etwas fragen, wenn er gerade ein Rasiermesser an der Kehle hat?«
»Es kam mir nur gerade in den Sinn.«
»Vielleicht solltest du nicht immer alles aussprechen, was dir gerade in den Sinn kommt. Hast du jemals daran gedacht?«
»Nun?«
»Nun was?«, fragte er.
»Geht dich nichts an!« Er wandte sich wieder dem Spiegel zu und nahm das Handtuch, um das Rinnsal Blut, das ihm den Hals hinunterlief, aufzutupfen. »Was für eine Frage ist denn das für eine unverheiratete junge Dame? Oder selbst für eine verheiratete? Wo hast du dieses Wort denn her?«
»Wird das denn nicht so genannt?«
»Manchmal, aber wo hast du – nein, lass mich raten«, sagte er und hob die Hände mit den Handflächen nach außen. »Dein Bruder und meiner.«
»Eines Tages habe ich mich an sie herangepirscht, als sie sich gerade im
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