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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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im silbrigen Schein des halben Mondes da. Sterne blinkten. Der Klee in den Wiesen verbreitete seinen Duft. Alle ihre Sinne waren auf die Natur eingestimmt.
    Sie bemerkte eine Bewegung. Ein roter Punkt bildete einen Lichtbogen von der Veranda weg und verschwand dann wie ein Glühwurm. Jakes Zigarre. Sekunden später verließ er die Veranda. Seine Sporen klingelten leise, als er den Garten in Richtung alte Scheune durchquerte, in der sein verletztes Pferd untergebracht war.
    Jake.
    Sie war nicht die Einzige, die allein war. Jake war es auch. Und dann fiel ihr auf, dass er es normalerweise immer war. Selbst inmitten der Colemans und Langstons hatte Jake etwas Isoliertes. Er redete und lachte wie alle anderen auch, aber er war ein Einzelgänger.
    Banner glaubte, den Grund zu wissen, und das machte sie unendlich traurig.
    Sie beobachtete, wie er in die Scheune schlüpfte. Augenblicke später schien das schwache Licht einer Laterne durch eines der staubigen Fenster.
    Dies hätte ihre Hochzeitsnacht sein sollen. Sie war abgewiesen worden. Sie hatte die gröbste Beleidigung, die man einer Frau antun konnte, erlitten. Eine Braut, die vor einer glänzenden Zukunft stand, war in einen Abgrund der Zurückweisung gestürzt worden. Sie war öffentlich gedemütigt worden.
    Ihr Selbstvertrauen als Frau musste wiederhergestellt werden. Heute Nacht. Sonst würde es vielleicht nie wieder erstarken. Verzweifelt brauchte sie jemanden, der sie in den Armen hielt, der ihr sagte, dass sie schön war, der ihr versicherte, dass sie genauso begehrenswert war wie Wanda Burns. Sie brauchte Liebe. Keine Elternliebe. Keine Geschwisterliebe.
    Was sie brauchte, war die Liebe eines Mannes.
    Ihr Herz begann zu klopfen. In ihrem Kopf pochte ein Gedanke, der dort Wurzeln geschlagen hatte. Wie ein Samenkorn, das sich selbst in die Erde gerettet hatte, war diese Idee in ihrem Gehirn auf fruchtbaren Grund gefallen. Nichts konnte sie davon abhalten zu keimen und zu wachsen.
    Banner wirbelte zum Frisiertisch herum, betrachtete ihr Spiegelbild und versuchte sich vorzustellen, wie ein Mann sie sehen würde – ein Mann, der in dieser Nacht genauso alleine, einsam und ohne Liebe war wie sie.
    Bevor sie ihre Meinung ändern konnte, schnappte sie sich ein Umschlagtuch und warf es sich um die Schultern. Niemand hörte, wie sie die Treppe hinunter- und zur Vordertür hinausschlich.

3
    Die alte Scheune roch nach Heu, Pferden und Leder. Banner mochte diese vertrauten Gerüche. Sie atmete sie tief ein, als sie hineinschlüpfte und die Tür geräuschlos hinter sich schloss. Die warme, nach Moschus riechende Luft umschloss sie wie eine Decke. Es war still, dennoch wimmelte es von verborgenem Leben. Hochschwangere Stuten ruhten sich in ihren Boxen aus. Grillen zirpten in ihren geheimen Verstecken.
    Es war nicht ungewöhnlich, dass sie im Nachthemd in der Scheune stand. Oft hatte sie Nachtwache halten dürfen, wenn eine Stute kurz vor einer schwierigen Geburt stand. Aber es war ungewöhnlich, dass sie im Nachthemd allein mit einem Mann in der Scheune war, auch wenn es ein Mann war, den sie kannte, solange sie sich zurückerinnern konnte.
    Ihr kamen die ersten Befürchtungen. Was sie vorhatte, war dreist. Vor vierundzwanzig Stunden wäre das noch undenkbar gewesen. Aber vor vierundzwanzig Stunden hatte sie noch nicht gewusst, dass das Schicksal solch grausame Wendungen nehmen und die Zukunft eines Menschen ohne dessen Zustimmung so drastisch verändern konnte.
    Die Entscheidung war gefallen. Sie war schon so weit gegangen. Es gab kein Zurück mehr.
    Strohhalme piekten sie in die nackten Füße, als sie auf Zehenspitzen auf das Licht in einer der rückwärtigen Boxen zuschlich. Die Pferde, die dort im Stall standen, waren an ihren Geruch so gewöhnt, dass sie nicht einmal schnaubten, als Banner sich an der Reihe der Boxen entlangbewegte.
    Jakes Hut, schwarz, mit breiter Krempe und flachem Kopf, hing an einem der Sturzpfeiler an einem Nagel. Sie berührte die Filzkrempe und lächelte, als ihr Finger einen dunklen Strich hinterließ, weil der Staub dort entfernt worden war.
    Sie lugte um die schulterhohe Wand, die die Boxen voneinander trennte. Jake hockte neben dem rechten Vorderbein seines Hengstes. Er hatte das Bein zurückgebogen, der Huf ruhte auf seinem Knie, und er untersuchte die Verletzung, die der Stein verursacht hatte.
    Banner war froh, dass sie ihn einen Augenblick lang beobachten konnte, ohne dass er es merkte. Sie war damit aufgewachsen, ihn in einem

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