Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
auch nicht mit ihm so weiterleben konnte – ständig gegen die Schuld an dem, was geschehen war, und das Verlangen, es wieder geschehen zu lassen, ankämpfend –, was war die einzige Alternative?
Sie rutschte auf den untersten Ast des Baumes und sprang von dort aus zu Boden. Während sie sich die Hände an ihrem Hosenboden abwischte, wurde ihr die Antwort klar:
»Ich werde Jake dazu bringen, mich zu heiraten.«
Sie konnte ihm kein Ultimatum stellen. Er würde in die entgegengesetzte Richtung davonlaufen. Es musste so aussehen, als sei es seine Idee. Wenn sie sich von nun an mehr wie eine Ehefrau benahm, würde er sie vielleicht auch so betrachten. Sie durfte nicht länger die Beherrschung verlieren und musste sanft und zugänglich wirken, wie die Männer sich ihre Damen wünschten. Zumindest die Damen, die sie heirateten.
Da Banner nie etwas dem Zufall überließ, fing sie an, Pläne zu schmieden. Sie glaubte nicht an das Schicksal. Wenn man etwas wollte, musste man es sich holen. Jeder gestaltete seine Zukunft so, wie er sie haben wollte.
Ihre frühere Niedergeschlagenheit war wie weggeblasen, als sie ein Mahl kochte, das einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. In ihrem Schlafzimmer wusch sie sich mit dem Wasser aus ihrer Waschschüssel, da sie sich nicht die Zeit nehmen wollte, Wasser zu erhitzen und die Badewanne zu füllen. Alles musste fertig sein, wenn er nach Hause zurückkam. Bis Sonnenuntergang hatte sie Zeit. Er würde sie nicht allein lassen, nachdem die Cowboys nach River Bend zurückgekehrt waren.
Als Jake den Wagen in den Hof lenkte, trat Banner zur Vordertür heraus. Das Lampenlicht, das durch die Fenster drang, warf einen Lichterkranz um ihr Haar, das sie in einem lockeren Knoten oben auf dem Kopf zusammengefasst hatte. Einige Strähnen hatten sich daraus gelöst und kringelten sich entzückend auf Hals und Wangen.
»Hallo, Jake«, sagte sie leise.
»Hallo.«
»Hast du deine Besorgungen erledigt? Alles gekauft, was du brauchst?«
»Ja. Hab ’ne ganze Menge ausgegeben.« Er schwang sich vom Wagen herunter. Er sah ihr nicht richtig in die Augen, also ging sie noch ein paar Schritte weiter vor, sodass sie am Rand der Veranda stand. Falls er bemerkt hatte, dass sie ein Kleid statt der verhassten Hose trug, so sagte er jedenfalls nichts dazu.
»Du musst doch nicht heute abladen, oder?«
»Ich sollte es aber besser.« Endlich hob er den Blick zur Veranda.
Sie hätte schwören können, dass er die Augen vor freudiger Überraschung weit aufriss, aber es konnte auch eine Täuschung im schwachen Licht der herabsinkenden Dämmerung sein. Sie faltete die Hände. »Aber es reicht doch später, oder? Ich habe das Essen für dich warm gehalten.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht warten sollst«, fuhr er sie verärgert an.
In diesem Augenblick hätte sie beinahe die Beherrschung verloren. Aber sie würgte die hochkochende Wut ab, indem sie sich auf die Unterlippe biss. Als sie sich wieder sicher in der Gewalt hatte, fragte sie: »Hast du in der Stadt gegessen?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ja, ich habe etwas gegessen.«
»Aber du könntest noch etwas vertragen? Steaks und Kartoffeln?«
Er zog die Schultern hoch und steckte die Daumen in den Gürtel. »Ja, ich schätze, ich könnte noch eine Kleinigkeit essen.«
»Dann komm doch herein.«
Sie drehte ihm den Rücken zu und ging zur Haustür; der Weg erschien ihr diesmal qualvoll lang. Erst als sie die Schritte seiner Stiefel und das Klingen der Sporen hinter ihr auf der Veranda hörte, atmete sie erleichtert mit einem langen Seufzer aus.
9
Jake folgte Banner ins Wohnzimmer. Er trat vorsichtig auf wie ein Strafgefangener, dem ein Aufschub der Exekution gewährt worden war. Sie schien ruhig zu sein, aber er traute ihrer Laune nicht. Er hatte sich in ihre Angelegenheiten eingemischt, nachdem sie ihm klargemacht hatte, dass sie keinen Eingriff in ihr Privatleben wünschte. Wenn sie mit Randy schäkern wollte, wer war er dann, sie daran zu hindern?
Dann hatte er sie geküsst. Was war in ihn gefahren, sie heute Nachmittag so zu küssen? Er war wütend genug auf sie gewesen, um sie zu erwürgen, aber er hatte ein anderes Ventil für seine Gefühle gefunden, eines, das noch mehr Schaden anrichtete. Er hätte sich nicht gewundert, wenn sie in dem Augenblick, als er in den Hof fuhr, das Feuer auf ihn eröffnet hätte. Stattdessen behandelte sie ihn wie einen König, der gerade auf sein Schloss heimgekehrt war.
»Häng deinen Hut an den
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