Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
verständlich in Lautsprache wiederholt hatte, sagte Lauri: »Und jetzt gebe ich dir einen Strohhalm. Ich stelle die beiden Gläser vor dich hin, und du findest heraus, was in welchem Glas ist. Hast du verstanden, was du machen sollst?«
Jennifer nickte heftig, worauf die blonden Locken vorwitzig um ihren Kopf wippten.
»Halt dir die Augen zu, damit du nichts siehst«, wies Lauri sie an. Als sie sicher war, dass Jennifer nicht bluffte, steckte sie den Strohhalm in das Glas Milch. Jennifer nahm einen
Schluck und signalisierte das korrekte Zeichen. Sie wiederholten die Übung, bis Lauri den Eindruck hatte, dass das Kind die Begriffe verstanden hatte und mit dem jeweiligen Geschmack zu verbinden wusste.
Sie waren gerade mit der Übung fertig geworden, als Drake durch die Hintertür hereinkam, eine Riesentüte köstlich duftender Tacos im Arm.
»Was treibt ihr beiden denn so?«, wollte er wissen. Er stellte die Tüte auf den Küchentresen und legte sein Jackett ab.
Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob Drake es auch kann , signalisierte Lauri Jennifer, worauf das Kind begeistert in die Hände klatschte. Die junge Frau erklärte ihm die Spielregeln, und zu Jennifers großer Freude tat Drake so, als wäre er unschlüssig, ob er so etwas Schwieriges auch wirklich könnte.
Er machte eine Wahnsinnsshow, schloss dramatisch die Augen, holte theatralisch Luft und sog an dem Strohhalm. Er zeigte: Das ist Milch pur. Als Lauri darauf nach dem Glas Schokomilch angelte, hatte Jennifer diese fast leer getrunken.
»Jennifer!«, schimpfte sie scherzhaft, worauf alle lachten. Die Kleine zeigte auf ihre Oberlippe, die ein dunkelbrauner Schokoladenbart schmückte. Sie versuchte, Drake zu imitieren.
Und jetzt du, Lauri , gebärdete sie. Du auch.
Lauri protestierte unter großem Trara, Jennifer und Drake blieben jedoch hart. Schließlich setzte sie das Glas Schokomilch an die Lippen und nahm einen langen Schluck, darauf bedacht, dass etwas von der dunklen Flüssigkeit an ihrer Oberlippe hängen blieb. Das Kind bekam einen
Lachkrampf vor Vergnügen und zappelte aufgeregt auf dem Tisch herum. Als sie sie zu Boden gesetzt hatte, wies Lauri sie an: »Geh nach oben und wasch dir Gesicht und Hände. In der Zwischenzeit decke ich schon mal den Tisch.« Worauf Jennifer fröhlich aus dem Zimmer hopste.
»Musst du dir nicht auch das Gesicht waschen?«, erkundigte sich Drake mit einem spöttischen Grinsen. »Der Schnurrbart beißt sich nämlich mit deiner Haarfarbe.«
»Oh, den hatte ich glatt vergessen«, antwortete sie und drehte sich zur Spüle hin.
»Darf ich?« Sanft fasste er ihre Schultern.
Mit seiner samtig rauen Zunge leckte er ihr im Nu den Milchbart weg, erforschte sinnlich ihre Mundwinkel. Sie schlang die Arme um ihn, und ihre Lippen fanden sich zu einem langen, intensiven Kuss, bis sie sich atemlos voneinander lösten.
»Wenn wir so weitermachen, gibt es nie was zu essen«, murmelte sie und hauchte ihm einen federleichten Kuss auf die Wange.
»Vielleicht hab ich Lust auf was anderes«, raunte er schwer. Und küsste ihren Nacken.
»Die Tacos werden kalt.« Sie seufzte, da er sich hingebungsvoll einer ihrer erogenen Zonen widmete.
»Dafür wurde die Mikrowelle erfunden. Wusstest du das nicht?«, hauchte er ihr ins Ohr.
Sie tat einen bedauernden Atemzug und schälte sich sanft aus seiner Umarmung. »Komm, sei vernünftig. Jennifer kann jeden Augenblick wieder herunterkommen. Sie hat bestimmt Hunger.«
»Wo bleibt der kleine Wirbelwind überhaupt so lange?«,
wollte Drake wissen. »Hoffentlich ist sie nicht wieder ausgerissen.« Er schenkte Lauri einen zärtlichen Blick. Beide dachten wehmütig wieder daran, dass sie in der Nacht, als sie Jennifer verzweifelt gesucht hatten, das erste Mal zusammen gewesen waren.
»Ich geh und hol sie«, erbot sich Lauri schnell. »Wenn du magst, kannst du inzwischen schon mal den Tisch decken.« Er nickte, und Lauri schoss vorsorglich aus dem Zimmer, bevor sie sich noch zu einem weiteren Kuss hinreißen ließ.
Sie lief die Stufen hinauf und steuerte durch den Flur auf Jennifers Kinderzimmer zu, als sie aus dem Augenwinkel heraus wahrnahm, dass sich irgendjemand in ihrem Raum zu schaffen machte. »O nein, bitte keine neue Katastrophe«, dachte Lauri, derweil sie die Tür vorsichtig weiter aufdrückte.
Ihr Herzschlag setzte aus.
Das Erste, was sie sah, war ein Paar pinkfarbener Ballettschuhe. Sie passten grazilen, schlanken Füßen mit hohem Spann. Und waren zweifellos oft bei Proben
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