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Wie ein Stein im Geroell

Wie ein Stein im Geroell

Titel: Wie ein Stein im Geroell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Barbal
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der Tante fügte, sogar wenn es gegen das Wohl der Töchter ging. Ich dachte an meinen letzten Kummer, mit dem ich ganz allein fertig werden mußte. Onkel und Tante hatten den Kindern die Milch vorenthalten, weil sie die vor allem für die Kälbchen brauchten, und ich hatte nicht protestiert. Schlimmer noch, um einen Krach aus dem Weg zu gehen, hatte ich Jaume nichts davon gesagt.
    Ich wollte einen Jungen. Ich weiß nicht, warum das so war. Vielleicht, damit er uns später beschützt. Vielleicht aber auch, damit er einmal nur das tut, was er für richtig hält, damit er nicht sagt, alles sei schon gut, wenn es doch schlecht ist, damit er aus schwarz nicht weiß macht.
    Vor dem Abendessen gingen wir mit den anderen Paaren noch etwas trinken. Es war ziemlich viel los. Aleix aus Sarri schloß sich uns an und kam auf das Wasser für die Häuser am Südhang des Dorfes zu sprechen. Jaume sagte ihm, er könne auf ihn zählen, gleich am Montag würde er sich darum kümmern. Es ging darum, das Wasser vom Nordhang, das dort reichlich vorhanden war, zu den Weiden und Häusern am Südhang des Dorfes zu leiten. Das Problem war nur, daß man es über ein Stück Land der Alimbaus führen mußte. Die gehörten zu den Reichen im Dorf und wollten nichts davon wissen. Jaume meinte, wenn es keine andere Möglichkeit gebe, müsse man eben vor Gericht ziehen.
    Frisches Wasser, das aus der Quelle von ganz oben sprudelt, das von einer Wiese zur anderen fließt, das die Spülsteine und Waschtröge füllt!
    Wir tranken Wein und aßen von der Wurst, die wir bestellt hatten, und dann machten wir uns gemächlich auf den Heimweg. Langsam wurde es kühl, und wenn wir noch einmal zum Tanzen gehen wollten, wäre es sicher besser, einen Schal mitzunehmen.

J aume bekam man die ganze Zeit über kaum zu Gesicht. Er war zum Friedensrichter ernannt worden und fand, dies sei der richtige Augenblick, um die Wasserleitungen nach Sarri de Dalt zu legen.
    Er hatte sich der Esquerra Republicana angeschlossen, das war die Partei, die die Regierung der Generalitat bildete. So hatte er es mir erklärt. Diese Regierung hatte ihren Sitz in Barcelona und verhandelte mit der von Madrid. Ihr Präsident kam aus Lleida und hieß Lluís Companys. Das war ein Mann, der die arbeitenden Menschen achtete und vor allem die kleinen Bauern. Menschen wie wir eben, sagte Jaume. Wenn ich ihm zuhörte, klang alles so einfach, aber ich hatte ein merkwürdiges Gefühl, weil er dieser Partei beigetreten war …, und wenn ich ehrlich bin, machte ich mir deshalb ein wenig Sorgen. Nicht daß am Ende Pfarrer Miquel dieses Mal doch recht behalten sollte und Jaume sich da in eine Sache hineinziehen ließ, nur weil er etwas ändern wollte, was einfach nicht zu ändern war … Ich sagte kein Wort zu all den Erklärungen, die Jaume mir gab, und er, als er merkte, daß ich ein wenig verstimmt war, meinte zu mir: Sorg dich nicht, Frau, ich mach’ das doch alles nur zu unserem Besten. Und dann schlug er mir vor: Wenn wir heute Nachmittag das Heu auf der Wiese von Solau wenden, könnten wir dort im Fluß doch auch gleich ein paar Fische fangen.
    Wie schnell doch die Schatten der Forellen unter den Steinen verschwanden. Elvira war schlau wie ein Fuchs, sie hatte gelernt, mit bloßen Händen zu fischen, und kaum eine Forelle entwischte ihr. Und das, ohne zu einer List zu greifen.Wenn man nämlich mit einem Bündel Wollkraut auf das Wasser schlägt, dann schwimmen die Fische nach einer Weile wie betrunken herum und lassen sich ganz einfach fangen, auch wenn die Hände noch so ungeschickt sind. Aber das ist kein ehrlicher Wettstreit, darauf kann man nicht stolz sein, sagte Elvira. Das ist bloß hinterhältig.
    Acht Forellen fingen wir an jenem Abend. Das war gar nicht schlecht. Dunkelgraue Schuppen mit kleinen schwarzen Tupfen und am Bauch silberfarben. Auf einem heißen Stein und mit kleinen Schinkenstückchen zubereitet, wie gut das schmeckte! Die Tante würde Salat bringen, Eingemachtes, Brot und Wein.
    Während die anderen noch damit beschäftigt waren, das restliche Heu zu wenden, ging Angeleta mit mir, um Futter für die Kaninchen zu schneiden. Beim Aufsammeln fand die Kleine plötzlich Walderdbeeren; gleich war sie völlig ins Pflücken vertieft, rümpfte ihr Näschen und schürzte die Lippen. So winzig, so rot, wohlriechend und weich, die Beeren zerfielen fast, wenn man sie zu fest in die Hand nahm … Die kleinen, lebhaften Augen von Angeleta, auch sie hatten die Farbe von Honig, und ihre

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