Wie ein Wolf in der Nacht
sollen. Lexie, es tut mir wirklich Leid. Ich will nicht, dass ein Gast unseren Hund am Hals hat."
"Glaub mir, es macht mir nichts aus. Ich bin verrückt nach Martha." Sie lächelte unschuldig und glaubte wohl, dass er nicht sah, wie sie ihre Hand mit der gleichen Geschicklichkeit, die Sammy an den Tag legte, unter den Tisch schlüpfen ließ. Martha kaute zufrieden. Aber ich habe ein wenig Angst, dass ich eines Morgens aufwache und mich in einem Bett voller Hundebabys wieder finde."
Cash musste mit ihr lachen, aber ihm entging nicht der verschwörerische Blick, den Sammy ihr zuwarf. Jedes Mal wenn er sich abwandte, steckten die beiden den Kopf zusammen.
Sobald Sammy aus der Schule kam, verschwand Lexie,
genauso wie sein kleiner Frechdachs von Sohn.
Das Frühstück ging seinem Ende zu, und als Sammy aufsprang, folgte Cash ihm automatisch in ihre Privaträume. Sammy war alt genug, um sich allein für die Schule vorzubereiten, aber es gab gewisse Dinge, die noch überprüft werden mussten. Dass zum Beispiel seine Tolle ordentlich am Kopf lag, dass seine Hose zugeknöpft war und dass er sein Pausenbrot nicht vergaß.
"Noch eine Woche Schule, aber dann kann ich zu Hause bleiben und dir die ganze Zeit über helfen, nicht, Cash?"
"Da kannst du wetten." Er wischte mit dem Waschlappen Sammys Milchbart weg. "Gibt's heute was Besonderes?"
"Nee. Schule ist langweilig."
"Keine Klassenarbeit?"
"Na ja, schon. Aber nichts Wichtiges. Bloß ein blöder Test im Subtraxieren."
"Subtrahieren. Kinderspiel, was?" Cash bürstete ihm noch einmal den Pony zurecht und meinte dann vorsichtig: "Sag mal, Sportsfreund, du scheinst Lexie gern zu haben."
"Klar. Sie ist okay. Sie ist auch echt witzig." Sammy kicherte, wie um es zu beweisen. "Sie versucht, mich zu bestechen."
Cash runzelte die Stirn. "Sie will dich bestechen? Warum?"
"Jedes Mal beim Frühstück bietet sie mir Geld an. Sie will, dass ich den Fernseher anmache und ihr sage, was die Dauer-Jones-Nummer ist."
"Dow Jones", verbesserte Cash.
"Ja, hab ich doch gesagt: Dauer Jones. Heute hat sie mir fünfzehn Eier angeboten. Dabei hat's mit zwei angefangen. Ich glaube, ich kann sie bis zwanzig hochtreiben."
"Wie bitte? Du nimmst einen meiner zahlenden Gäste aus?"
"Mensch, Cash, ich werd das Geld von ihr doch gar nicht annehmen! Sie ist nur so witzig, wie sie versucht, mich rumzukriegen. Und hast du gemerkt, dass ihr meine Schuhe passen?"
"Ja, ich habe gemerkt, dass du ihr ein altes Paar geliehen hast."
"Sie trägt sonst nur schicke Sachen zum Ausgehen.
Meine Turnschuhe passen gar nicht dazu. Aber weißt du was? Sie gefallen ihr!"
"Aha." Je mehr Sammy sagte, desto nervöser wurde Cash. "Sammy, du redest von ihr, als ob du sie echt gern hättest."
"Das hab ich sie ja auch." Er hob die Augenbrauen.
"Ich dachte, du magst sie auch. Sie ist hübsch und so witzig."
"Ja, natürlich habe ich sie gern." Sehr viel mehr, als er sich eingestehen wollte. "Aber sie ist ... ein absoluter Stadtmensch, weißt du. Selbst wenn man sie mit den anderen Frauen vergleicht, die hierher kommen. Und sie wird nur ein paar Wochen bleiben."
"Das weiß ich." Sammy sah ihn ungeduldig an. "Aber sie ist echt ungeschickt, Cash. Sie weiß nicht mal, wo Norden und Süden sind. Ich glaube, sie braucht uns. Sie ist auch eine Waise, wusstest du das? Man hat sie adoptiert und so. Aber so wie ich dich habe und du mich, ist es bei ihr nicht. Irgendwie hat sie niemanden."
Nachdem Sammy sich schließlich auf den Weg zur Schule gemacht hatte, ertappte Cash sich dabei, wie er rastlos auf und ab ging. Er konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, zu sehr drehten seine Gedanken sich um das, was der Junge gesagt hatte. Er hatte das Gleiche gespürt wie Sammy. Lexie hatte niemanden. Sicher, da waren die Adoptiveltern und ihre Geschäftsfreunde. Aber sie hatte niemanden, mit dem sie wirklich reden konnte, sonst würde sie sich nicht mit seinem kleinen Rotzbengel zusammentun, als ob die Zeit mit ihm kostbarer für sie wäre als alles Gold von Tiffany's. Und dass sie ihn, Cash, wiedergeküsst hatte, als ob man ihr das Vergnügen zu küssen viel zu lange vorenthalten hätte, ließ sich nur damit erklären, dass sie viel zu lange allein gewesen war.
Und er dachte viel zu viel an sie, so als ob sie ihm und Sammy etwas bedeuten könnte. Als ob sie ihm und Sammy bereits etwas bedeutete. Dabei musste er nur eine Minute länger auf und ab gehen, um zu erkennen, wie wenig Lexie hierher passte.
Sein persönlicher Trakt
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