Wie ein Wolf in der Nacht
gleich einen Herzinfarkt wegen der blöden Augenbinde, und du sagst, es funktioniert?"
Er war so aufgeregt, dass sie nervös wurde. Sie hatte Cash nicht erschrecken wollen, und sie wollte auch nicht, dass er sich die Schuld an allem gab. Ihre Probleme hatten nichts mit ihm zu tun. Das wollte sie ihm auch sagen, aber er war so aufgebracht, dass sie nicht zu Wort kam.
Keinen Moment - nicht einmal eine Sekunde - war ihr der Gedanke gekommen, ihn zu küssen.
Aber dann berührte sie seine Wange, um seine Aufmerksamkeit zu erringen. Da war sein Mund plötzlich nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Ihre Blicke trafen sich. Sie sah die Glut in seinen Augen, und im nächsten Moment brach eine wundervolle Hölle los.
Sein Mund war warm und fest. Seine Lippen strichen schmetterlingszart über ihre und verweilten dann ein wenig länger. Ihre Zungen trafen sich.
In diesem Moment landete ein dicker, kühler Regentropfen auf Lexies Stirn.
Unwillkürlich öffnete sie die Augen. Sie sah den kleinen Wasserfall, die tiefgrünen Bäume, einen rotschwänzigen Bussard und die grauen Wolken über ihnen. Aber all das gab nur den Hintergrund für Cash ab. Er war das einzig Wichtige in ihrem Blickfeld. Sein windzerzaustes Haar, seine markanten Gesichtszüge, sein leidenschaftlicher Blick.
Und dann schloss sie die Augen wieder, weil er den Kuss vertiefte. Im selben Moment war sie verloren. Sie hatte das Schwindel erregende Gefühl zu fallen, aber nicht in irgendwelche Untiefen, sondern hin zu Cash.
Noch vor wenigen Minuten hatte ihr Herz ebenso wild geklopft, und ihr Puls war gerast, aber jetzt bedeutete das etwas völlig anderes und war überwältigend schön. Heiße Erregung packte sie, leidenschaftliche Sehnsucht erfasste sie, und sie hatte das sichere Gefühl, Cash so sehr zu brauchen wie nichts anderes in ihrem Leben.
Mit ihren achtundzwanzig Jahren hatte sie natürlich schon erlebt, was es hieß, wenn die Hormone verrückt spielten, aber jetzt ging es nicht nur um Hormone. Jetzt ging es eher um einen Vulkan. Jetzt wünschte sie sich brennend, dass Cash sie nahm, ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden. Alles andere war ihr vollkommen gleichgültig. Er sollte nur nicht aufhören.
Sie wünschte sich, sie gehörte zu ihm. Er strich mit seiner großen, warmen Hand an ihrem Hals entlang und immer tiefer, öffnete die Knöpfe ihres Tops und berührte ihre nackte Haut.
Lexie trug einen BH, weil sie Idealistin war und es heutzutage diese herrliche Unterwäsche mit den versteckten kleinen Polstern gab.
Sie spürte an ihren Lippen, dass Cash lächelte, als er den Vorderverschluss öffnete. Sie hätte ihm sagen können, dass es die Mühe nicht lohne. Aber dann berührte er sie, und statt enttäuscht zu sein von ihren kleinen Brüsten, war es so, als ob kleine Brüste das Aufregendste wären, seit Adam zum ersten Mal Eva sah.
Ein weiterer Regentropfen klatschte auf ihren Kopf, noch ein paar trafen auf Cashs Nacken und liefen an seinem Hals hinunter. Er schien nichts zu merken, und ihr war es ganz bestimmt egal. Früher oder später würde die Gruppe sich wieder treffen und nach ihrem Anführer suchen. Früher oder später war Lunchzeit. Früher oder später würde Sammy von der Schule zurück sein. Früher oder später musste einer von ihnen dieser verrückten Sache Einhalt gebieten.
Aber Lexie wollte nicht diejenige sein, die das tat.
Sie hatte sich nicht mehr wirklich geborgen gefühlt seit jenem Albtraum vor fünfundzwanzig Jahren. Einsamkeit war nicht das Fürchterlichste, was es auf der Welt gab, aber manchmal kam Lexie sich vor wie ein Glühwürmchen, das durch die Nacht schwirrte, auf der Suche nach einem Wesen seiner Art. Es war nicht wirklich so, dass sie glaubte, sie könnte mit Cash zusammenleben, aber in diesem Moment war er das Kostbarste auf der Welt für sie. Sie fühlte sich auf eine Weise mit ihm verbunden, wie sie es sich nur in ihren Träumen vorgestellt hatte.
"Lexie …“
"Was?"
"Es gießt."
"Und?" Sie berührte seine Wange. Sie hatte Glück gehabt in ihrem Leben, das wusste Lexie.
Aber nicht so viel, dass sie jemals dieses Wunder erfahren hätte. Sie hatte Leidenschaft erfahren, aber nicht dieses wundervolle Gefühl. Ob es Wahnsinn war oder nicht, sie spürte, dass sie und Cash etwas erlebten, das nur wenigen Menschen vergönnt war. Sie hatte einen ganz besonderen Mann gefunden. Sie befand sich an einem magischen Punkt, und, ihr nächster Schritt würde ihr ganzes Leben
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