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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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sich denken können. Er war ein Mann, der anderen immer um einen Schritt voraus war. Hinter seiner gelassenen Fassade verbarg sich ein gefährlicher Scharfblick, eine Eigenschaft, die ihr seltsamerweise ausnehmend gut an ihm gefiel.
    „Boscastle!“, rief Tante Hermia entrüstet. „Was haben Sie denn hier zu suchen?“
    „Diese Frage sollte ich …“
    „Er überwacht mich“, fiel Julia ihm gereizt ins Wort.
    „Wie bitte?“, fragte Hermia verständnislos.
    „Er soll mich beschützen, während Russell diesen Franzosen aufspürt. Hast du je etwas Absurderes gehört?“
    Lady Dalrymple beäugte Heath mit unverhohlener Bewunderung. „Das ist ein Geniestreich. Ein Boscastle als dein persönlicher Leibwächter. Ausgezeichnet. Hätte ich geahnt, dass er sich anheuern lässt, ich hätte ihn mir selber geschnappt.“
    „Er lässt sich nicht anheuern“, entgegnete Heath pikiert. „Wenigstens nicht für Geld.“
    Hermia zog die Brauen hoch. „Wofür dann?“
    „Russell befürchtet, dieser Franzose, der ihm nach dem Leben trachtet, könnte einen Banditen auf mich ansetzen“, erklärte Julia schroff. „Er denkt, ich würde als Geisel entführt, falls du diesen abwegigen Gedanken nachvollziehen kannst.“
    „Du kannst ihm doch nicht vorwerfen, dass er dich beschützen will“, erwiderte Hermia.
    Heath fuhr herum. „Still. Ich höre Schritte. Männerschritte. Ich schlage vor, dieses Gespräch später fortzusetzen.“
    Hermia griff nach Julias Arm. „Das muss Aldric sein. Versteck mich.“
    Julia schaute ratlos in das grobknochige Gesicht ihrer Tante. Ihr rotes Seidenkleid, von einer enormen Taftschleife im Rücken geziert, trug nicht dazu bei, Hermias beträchtliche Leibesfülle zu kaschieren oder sie in einem dunklen Winkel unsichtbar zu machen. „Wo denn?“
    „Hinter dem Schreibtisch … am besten, wir verstecken uns alle drei und ersparen uns unnötige Erklärungen.“
    „Ich denke nicht daran“, erklärte Heath und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe nichts verbrochen und weigere mich …“
    Hermia zog ihn energisch am Ärmel und versetzte gleichzeitig Julia einen derben Stoß. „Ich erkläre es Ihnen später, Boscastle. Aldric darf uns hier nicht finden.“ Sie schaute ihm eindringlich in die Augen. „Sie sind ein Mann von Welt und Julias Beschützer. Ich nehme an, dass ein Skandal Sie nicht schockieren kann. Aldric erpresst mich.“
    „Der Earl? Ein Erpresser?“
    Die drei suchten Deckung hinter dem Schreibtisch, als die Klinke gedrückt und die Tür langsam geöffnet wurde. Heath fand sich auf Knien wieder, eingezwängt zwischen Julias halb nackten Schultern und Hermias wogendem Busen. Es blieb ihm kaum genug Platz, um Luft zu holen. Er entsann sich nicht, sich je in einer vergleichbar grotesken Situation befunden zu haben.
    Als Julia zu ihm aufsah, trafen sich ihre Blicke. Um ihre Mundwinkel zuckte es verräterisch, als würde sie jeden Moment einen Lachanfall bekommen. Und plötzlich befiel auch ihn ein unerklärlicher Lachreiz. Jahrelang hatte er geglaubt, sie nie wiederzusehen, und nun saß er hier mit ihr und ihrer wunderlichen Tante unter einem Schreibtisch, ihr Knie bohrte sich in seinen Rücken, und sie würde seinen besten Freund heiraten. Heath schüttelte es, so komisch erschienen ihm die seltsamen Launen des Lebens.
    Aber er beherrschte sich und fixierte den Blick auf die schwarzen Lederschuhe, die sich vor dem Schreibtisch hin und her bewegten. Der Earl of Odham war mit Mitte sechzig kein junger Mann mehr, den Heath aus gemeinsamen Gesprächen im Club allerdings als lebhaften, ausgesprochen agilen Herrn kannte.
    Agil genug, um sich nach dem Brief zu bücken, auf den er soeben getreten war.
    „Was haben wir denn da?“, sagte Odham halblaut und hob das Blatt auf. „Jemand hat meinen Schreibtisch durchwühlt. Nicht sehr nett, würde ich meinen. Eigentlich ziemlich unverschämt.“
    Er ging wieder in die Knie, befand sich praktisch in Augenhöhe mit den drei Missetätern, die sich stumm aneinanderdrängten.
    Heath runzelte die Stirn. Wie sollte er seinem Gastgeber erklären, warum er sich hinter seinem Schreibtisch versteckte, da er selbst keine Erklärung dafür hatte? Sein Verhalten war unverzeihlich. Aber wie durch ein Wunder schien der Earl sie nicht zu entdecken.
    „Was für eine Schlamperei“, murmelte Odham. Dann räusperte er sich und fügte mit lauter Stimme hinzu. „Nur gut, dass ich meine persönlichen Papiere in einem sicheren Versteck weiß.“
    Kurz

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