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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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überleben. Ja, es war unhöflich, aber ich verzeihe dir. Hat der Kerl dich ausgeraubt?“
    „Nein. Ich muss ihn wohl erschreckt haben. Jedenfalls machte er ein verdutztes Gesicht, als ich mich umdrehte und ihm einen Faustschlag auf die Nase gab.“ Drake untersuchte seine Hand. „Er wird noch mehr staunen, denke ich, wenn er feststellt, dass ihm zwei Vorderzähne fehlen.“
    Der Arzt, ein Schotte mit einem gewaltigen Backenbart, stürmte herein und verkündete mit dröhnender Stimme, dass er zufällig zwei Häuser weiter eingeladen war und deshalb so schnell hier sein konnte. In der plötzlich einsetzenden Hektik konnte Julia nur ein paar Sätze des Gesprächs zwischen Heath und Drake aufschnappen.
    „Ist der Kerl dir vom Theater gefolgt?“, fragte Heath.
    „Keine Ahnung“, antwortete Drake. „Ich habe nicht darauf geachtet. Wir hielten kurz am Grosvenor Square an, weil Devon sich umziehen wollte. Er könnte uns von dort gefolgt sein.“
    „War er Franzose?“
    „Glaube ich nicht. Ein heruntergekommener Kerl. Deutscher oder Holländer, nehme ich an.“
    „Wieso hast du ihn entwischen lassen?“ Heath seufzte tief. „Sag lieber nichts. Es war wieder eine Frau im Spiel. Ich hoffe, sie ist es wert.“
    „Ehrlich gestanden, nein“, sagte Drake mit Nachdruck und verzog das Gesicht, als der Arzt die Wunde mit Alkohol betupfte. „Sie hatte bereits anderen Herrenbesuch und ließ uns gar nicht ins Haus. Ein reicher Gönner, behauptete sie.“
    Heath war beiseite getreten, um Platz für den Arzt zu machen, und wandte sich nun an Julia. Sie nahm seine Hand.
    „Sieh ihn dir an, Heath.“
    „Das habe ich bereits getan. Er wird es überstehen, aber nichts daraus lernen, wie ich ihn kenne.“
    Sie senkte die Stimme. „Das meine ich nicht. Sieh dir Drake an.“
    „Ja und?“
    Er begriff offenbar nicht, was sie ihm zu verstehen geben wollte. „In dem Mantel sieht er dir zum Verwechseln ähnlich. Hast du keinen Verdacht, der Angreifer könne den Falschen überfallen haben?“
    Er lächelte flüchtig und wandte sich zur Tür. „Unsinn. Bleibe ein paar Minuten bei ihm, aber sei nicht allzu freundlich mit ihm. Nicht nur äußerlich gleicht mein Bruder mir. Es wird nicht lange dauern; ich will mich nur ein wenig im Haus umsehen.“
    „Wozu?“, fragte sie.
    „Nur um sicherzugehen, Julia.“
    Heath inspizierte den Dienstbotentrakt, durchsuchte den Weinkeller und die Vorratskammer, dann verließ er das Haus durch den Hinterausgang. Julias Kater huschte an ihm vorbei und suchte Zuflucht im trockenen Haus. Zwar hatte der Regen nachgelassen, trotzdem waren die Wege aufgeweicht und die Luft nasskalt. Heath steuerte auf den Geräteschuppen zu.
    Auf dem Weg an den Rhododendronsträuchern vorbei, hörte er das Quietschen einer Tür und hoffte inständig, dass Hermia nicht wieder auf die Idee gekommen war, ihm zu folgen. Er erwartete zwar nicht, etwas Verdächtiges im Schuppen zu finden, trotzdem konnte es nicht schaden, sich zu vergewissern.
    Er stieß den Holzverschlag auf und spähte in die Finsternis. Blumentöpfe, eine Schubkarre, Gartengeräte, der Geruch nach Erde und feuchtem Holz. Keine Gespenster aus der Vergangenheit. Was hatte er erwartet? Er sollte erleichtert sein, statt eine unbestimmte Unrast in sich zu spüren.
    Plötzlich wünschte er, sich seinen vagen Ängsten stellen zu können und die dunklen Schatten zu vertreiben, die ihn verfolgten. Gerne wäre er jetzt an Russells Stelle gewesen, um Auclair endlich das Handwerk legen zu können. Wahrscheinlich würde er seinen Seelenfrieden erst finden, wenn er seinen einstigen Peiniger persönlich zur Strecke gebracht hatte.
    Er glaubte, leise zögernde Schritte auf dem Kiesweg hinter sich zu hören. Er verließ den Schuppen und hoffte, dass Hermia ihm nicht wieder mit einem Blumentopf auflauerte. Als er sich umdrehte, sah er den Schatten von Julias Butler Payton, der sich hinter den Sträuchern duckte. Der alte Diener wollte gewiss nur helfen, und Heath schmunzelte in sich hinein, als er den Riegel am Holzverschlag vorschob. Er sagte nichts, wollte Payton nicht erschrecken …
    „Keine Bewegung!“
    Heath fuhr herum, in Erwartung, dass der Butler ihn erkannte und eine Entschuldigung stammelte - auf gar keinen Fall erwartete er den harten Schlag auf den Kopf und die Finsternis, die ihn einhüllte.

15. KAPITEL
    Murmelnde Stimmen holten Heath ins Bewusstsein zurück. Mühsam öffnete er die Augen und blickte halb betäubt in das Gesicht der Frau, die sich über ihn

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