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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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waren, ein erstrebenswertes Ziel dar. Audrey Watson, einst eine bejubelte Schauspielerin, berühmt für ihre einzigartigen Empfänge, war außerdem eine spendable Förderin der Schönen Künste … und der Künstler.
    Audrey war überdies in nahezu sämtliche Geheimnisse der Londoner Gesellschaft eingeweiht. In ihrem Haus verkehrten Poeten und Politiker, Maler und Mätressen, die sie für die hohen Ansprüche mächtiger Männer ausbildete.
    „Mir sind pikante Gerüchte zu Ohren gekommen“, sagte Audrey und legte einen Finger an ihre kirschroten Lippen. „Es soll eine höchst freizügige Zeichnung von Heath Boscastle in seiner ganzen nackten Pracht existieren, die bei einem Wohltätigkeitsbasar zur Versteigerung kommt. Ich werde jeden Interessenten überbieten, um das Kunstwerk zu erwerben und in meinem Salon zu präsentieren.“
    Julia nahm neben Audrey Platz und hoffte inständig, die Hitze, die in ihr aufgestiegen war, möge ihre Wangen nicht erreichen. Klatsch verbreitete sich schneller als ein Lauffeuer. „Ich muss Sie enttäuschen. Diese mysteriöse Skizze wird niemals in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden …“
    „Ich bin untröstlich“, rief Audrey enttäuscht.
    „Falls sie überhaupt existiert“, fügte Julia vorsichtshalber hinzu.
    Audrey musterte sie argwöhnisch. „Haben Sie das Blatt zufällig gesehen?“
    „Miss Watson, ich muss schon bitten.“
    „Ich sammle nämlich nackte Männer.“
    „Tatsächlich?“ Julia schaute sich belustigt um. „Und wo verstecken Sie die Herren? Die armen Kerle müssen doch frieren.“
    Audrey lachte. „Bilder von nackten Männern. Aktzeichnungen und Gemälde. Ach, Sie müssen mit mir nach Paris reisen.“
    „Nach Paris?“ Julias Blick flog über die Gepäckstücke auf dem Teppich. Paris war ein beliebtes Reiseziel der feinen Londoner Gesellschaft, um den Frieden zu feiern … und natürlich andere Vergnügungen zu genießen, die diese Metropole zu bieten hatte, auf die man während des Krieges hatte verzichten müssen. Elegante Moden, erlesene Delikatessen, schöne Frauen. Sie seufzte. Russell ließ sich gewiss keine dieser Köstlichkeiten und Vergnügungen entgehen, während er seine Verlobte in London von Heath bewachen ließ. „Reisen Sie allein?“, fragte sie.
    „Nein. In Begleitung des russischen Kosaken, den Sie vorhin gesehen haben. Mein derzeitiger Geliebter ist Abgeordneter im Oberhaus, ein älterer Herr, der sich nicht mehr viel aus Reisen macht.“ Audrey setzte sich den Pudel auf den Schoß. „Sie fragen sich vermutlich, wieso ich Sie heute eingeladen habe …“
    „Ja, richtig.“
    Audrey blickte ihr offen ins Gesicht. „Nur wenige Damen der Gesellschaft sprechen mit mir in der Öffentlichkeit. Männer sind da weniger zurückhaltend. Die Damen brennen zwar darauf, etwas über meinen Lebenswandel zu erfahren, sind aber sehr reserviert.“
    „Ich kümmere mich schon längst nicht mehr darum, was die feine Gesellschaft über mich denkt.“
    Audrey kraulte den Pudel. „Ihr Verlobter betrügt Sie, Lady Whitby. Er hat eine Wohnung für seine Geliebte gemietet. Sie erwartet ein Kind von ihm. Russell überhäuft sie mit Geschenken und Juwelen und brüstet sich auf Empfängen damit, dass er sie vergöttert.“
    Julia schüttelte den Kopf. Das war also der Grund. Audrey meinte es gut mit ihr. Und plötzlich war sie froh, dass Odham sie auf dieses Gespräch vorbereitet hatte. „Ich weiß Ihre Aufrichtigkeit zu schätzen, Miss Watson, aber ich wusste es bereits.“
    „Und Sie verzeihen ihm?“, fragte Audrey neugierig.
    „Natürlich nicht.“ Julia wusste, dass er sie niemals so lieben würde, wie sie es sich wünschte. Russell hatte gewiss seine guten Seiten. Die meisten Frauen hielten ihn für eine fabelhafte Partie, und er vertrat vermutlich die Ansicht, es sei für einen Mann in seiner Position vollkommen in Ordnung, eine Mätresse zu haben. Aber Julia hatte seinen Heiratsantrag aus falschen Gründen angenommen, und sie war alt genug, nicht nur, um eine eigene Meinung zu haben, sondern auch, um sie zu ändern.
    „Russell hat sie in der Half Moon Street untergebracht, natürlich nicht unter seinem Namen, um den Schein der Schicklichkeit zu wahren“, fügte Audrey nach einer Weile hinzu.
    „Ist er nicht rührend in seiner Fürsorge?“
    „Dieser Mann denkt vorwiegend an sich selbst“, entgegnete Audrey, die empörter wirkte, als Julia es war. „Soll mein Kosake ihm in Ihrem Namen einen Denkzettel verpassen?“
    Julia zögerte.

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