Wie Fackeln im Sturm
Burg wäre, würden Lord Wynekyn und Jollivet gewiss bemerken, dass zwischen den zukünftigen Brautleuten irgendetwas nicht stimmte. Dazu wollte er es nicht kommen lassen. Eher zog er es vor … nun, er kam zu dem Schluss, dass er jetzt um ihre Hand anhalten müsste. Abermals schalt er sich für sein ungebührliches Benehmen. Wäre er doch länger auf Hillcrest geblieben, um sämtliche Einzelheiten des Vermächtnisses zu hören, anstatt Hals über Kopf aufzubrechen und die junge Frau durch seine hochnäsige Art zu beleidigen …
Wie merkwürdig, dass sie plötzlich gar nicht mehr unter meinem Stand steht, dachte er nicht ohne Sarkasmus. Es handelte sich um dieselbe Frau, die er Stunden zuvor getroffen hatte, und doch sah er in ihr mit einem Mal eine geeignete Gemahlin. Nicht allein wegen ihres Vermögens, das sie besaß und das er benötigte, sondern auch wegen ihrer edlen Herkunft, wie Lord Wynekyn ihm versichert hatte. Sonderbar, was in manchen Worten mitschwang. Die Bemerkung der alten Vettel kam ihm wieder in den Sinn. „ Gold ist Gold, ob es nun tief im Dreck vergraben ist oder die Krone eines Königs ziert.“ Verflucht sei die Hexe! Natürlich hatte sie Recht gehabt. Willa war eine Edelfrau, mochte sie nun in einer Burg oder einer ärmlichen Hütte wohnen, und genau das hätte er merken müssen. Wie Lucan bereits aufgefallen war, verstand es Willa, sich auszudrücken. Zudem wirkte sie in ihrem ganzen Auftreten wie eine Dame, auch wenn sie Sackleinen am Leib trug und barfuß ging. Und, wie ihm erst jetzt auffiel, hatte sie mit geradem Rücken vor ihm auf dem Pferd gesessen, sich anmutig den schaukelnden Bewegungen des Tieres angepasst und war nicht wie ein Sack Rüben im Sattel hin- und hergeschwankt. Sie hatte das Reiten gelernt, dessen war er sich sicher. Aber er hatte all diese deutlichen Anzeichen übersehen und geglaubt, sie sei ein unehelicher Sprössling seines Onkels. Was war er doch für ein Narr!
„Hugh?“
„Was ist?“ entfuhr es ihm ungehalten, da er sich nach wie vor über sich selbst ärgerte. Dann, als er merkte, dass man auf seine Antwort wartete, ob die Frauen nun auf die Burg gebracht werden sollten oder nicht, runzelte er die Stirn. „Nein. Sie werden nicht auf die Burg geholt. Mein Onkel hielt diesen Ort für unsicher. Bis zur Hochzeit bleibt sie, wo sie ist.“
Lord Wynekyn schürzte nachdenklich die Lippen, schüttelte indes den Kopf. „Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube, sobald wir die Hochzeitsvorbereitungen treffen, wird sie in Gefahr sein. Wäre es nicht sicherer, hier und nicht in der Hütte auf sie aufzupassen?“
„Onkel Richard befand es nicht für richtig“, beschied Hugh ihm knapp.
„Richard verließ sich auf die Tatsache, dass alle Leute annahmen, das Mädchen wäre vor Jahren gestorben. Deswegen hat er sie und Eada in der Hütte untergebracht, wie Ihr Euch erinnert.“
Hugh zuckte ungeduldig die Schultern und lenkte den alten Nachbarn dann mit seiner nächsten Frage ab: „Lord Wynekyn, wie soll ich die Frau heiraten, wenn ich nicht einmal ihren Namen kenne? In dem Heiratsvertrag muss doch ein Name eingetragen werden.“
„Nun, gewiss kennt das Mädchen ihren eigenen Namen.“ Lucan schaute den alten Mann fragend an.
„Nein, das denke ich nicht, und genau das stellt uns vor Schwierigkeiten. Richard sagte mir, er werde einen Brief hinterlassen, der nach seinem Tod alles erklären würde. Aber dieses Schreiben muss ich noch finden.“
„Ist es abhanden gekommen?“
„Hoffentlich nicht. Unmittelbar nach seinem Tod habe ich danach gesucht, aber ich hatte nur wenig Zeit. Ich musste zum Hof reiten und dem König mitteilen, dass sein Gefolgsmann verstorben war.“ Er zuckte die Schultern. „Ich werde die Suche fortsetzen, da ich einmal hier bin. Ich bin zuversichtlich, dass der Brief wieder auftaucht.“
Es entging Hugh nicht, dass der ältere Mann nicht so sicher wirkte, wie seine Worte vorgaben.
„Tatsächlich“, begann Lord Wynekyn erneut, „halte ich es jetzt für das Beste, weiter danach zu suchen. Vielleicht solltet Ihr zurück zu der Waldhütte reiten und Willa davon in Kenntnis setzen, dass die Hochzeit in zwei Wochen stattfinden wird. Bei der Gelegenheit könntet Ihr sie ja fragen, wo sie am liebsten wohnen möchte. Ich bin davon überzeugt, dass sie hier sicherer wäre. Außerdem bin ich immer noch der Meinung, dass die Trauung so schnell wie möglich vollzogen werden sollte, aber dafür benötigen wir den Brief von Richard, aus dem
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