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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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von ihrer Seite gewichen, sofern sie nicht im Innern der Hütte in Sicherheit war. Sie konnte es einfach nicht glauben, dass er sie hier in diesem Tal allein zurücklassen würde. Zwar fürchtete sie sich nicht vor einem Überfall, aber sie wusste nicht recht, wie sie sich sein merkwürdiges Verhalten erklären sollte.
    Es war die Art, wie er beim Aufsteigen gezielt an ihr vorbeisah, die sie dazu bewog, sich umzudrehen. Der Anblick Dulongets, der schnell den Pfad entlangritt, kam nicht ganz unerwartet. Willa war klar gewesen, dass dem Mann irgendwann ihre Abwesenheit auffallen und er sich auf die Suche machen würde. Schließlich hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, „sie zu bewachen“. Willa war lediglich überrascht, wie schnell er ihr Fehlen bemerkt hatte und ihr gefolgt war. Und das ist vermutlich der Grund, warum ich mich so erschreckt habe, dachte sie bei sich. Doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, rührte ihr Unbehagen daher, dass er womöglich um ihre Hand anhielt und sie gezwungen wäre abzulehnen, wenn sie seinen gewaltsamen Tod nicht heraufbeschwören wollte. Willa fand es meistens schwer, jemandem etwas abzuschlagen. Für gewöhnlich gefiel es ihr nicht, andere Leute zu verletzen oder zu enttäuschen, aber Hughs Werben ablehnen zu müssen, war …
    Erschreckend. Vor fünf Jahren hatte man ihr versichert, Hugh Dulonget werde der nächste Earl of Hillcrest und sie seine Gemahlin. In diesem Wissen hatte sie all die Jahre verbracht. Sie hatte von ihrer Zukunft geträumt und sich mit dieser Gewissheit gegen ihre Albträume geschützt. Nach und nach war Dulonget für sie der Ritter in der strahlenden Rüstung geworden. Der Mann, der jeden Schaden von ihr fern halten würde, ihr Kinder schenken und sie in langen Winternächten in den Armen halten würde, wenn das Geheul der Wölfe nicht enden wollte.
    Vielleicht hatte sie ihn in ihrer Vorstellung bereits zu sehr verherrlicht. In ihren Träumereien war er groß und stark gewesen, hatte langes blondes Haar gehabt, eine silberne Rüstung, in der sich die Sonne spiegelte, und ein edles weißes Schlachtross. Er war galant, zuvorkommend, freundlich und …
    Der donnernde Hufschlag seines Pferdes riss Willa aus ihren Gedanken, und sie erblickte den Mann, der ihre Träume beherrscht hatte. Irgendwann in der Nacht hatte er den Helm abgesetzt, und nun wehte das Haar im Wind, als er heranpreschte. Die Haarfarbe entsprach nicht ganz der goldenen Pracht ihrer Vorstellung. Tatsächlich war sein Haar eher dunkelblond, mehr braun als blond, aber die Sonne brachte hier und da goldene Strähnen zum Vorschein, als ihm das Haar in die Stirn fiel. Was die Rüstung anbelangte, so war Hughs Brustpanzerung sehr viel matter und zerbeulter als in ihrer Vorstellung, aber sie glänzte dennoch, als die Sonne darauf schien. Und sein Gesicht …
    In all den Jahren war Willas Traummann gesichtslos geblieben. Sie hatte keine Ahnung, wie er eigentlich aussah. Jetzt wusste sie es und war keineswegs enttäuscht. Vielleicht hatte er nicht das klassische, erhabene Antlitz mit einer edel gebogenen Nase und einer makellosen Haut. Das Gesicht dieses Mannes war zerfurcht, und seine Haut war von der Sonne gebräunt. Aus zurückliegenden Kämpfen hatte er einige Narben davongetragen. Eine lief beinahe mittig über sein Kinn und wirkte eher wie ein Grübchen als eine Narbe. Eine andere lief durch seine Augenbraue und hinterließ eine kleine weiße Stelle, auf der keine Haare mehr wuchsen. Eine dritte zierte seine Wange und betonte die kräftigen Wangenknochen. Keine dieser Narben entstellte ihn, und zusammen mit seinen klaren blauen Augen, dem geraden Nasenrücken und den vollen Lippen ergaben sie ein ansprechendes Gesicht. Ein charaktervolles Gesicht, das sogar bezaubernd aussah, wenn er lächelte. Sein Gesicht gefiel ihr. Ebenso sein Körper. Wie der Mann in ihren Träumen, war auch der wirkliche Dulonget groß und stark und hatte kraftvolle Arme und Beine. Er ritt sogar auf einem weißen Ross. Zumindest hatte es ein überwiegend weißes Fell. Sie entdeckte eine graue Färbung an der Seite, die jedoch fast vollständig von dem Sattel verdeckt wurde.
    Alles in allem entsprach Hugh Dulonget dem strahlenden Ritter aus ihren Träumen. Soweit sie das beurteilen konnte, war er sogar freundlich und zuvorkommend. Sie war sich sicher, dass ein anderer Mann womöglich einen Diener vorgeschickt hätte, um sich von einer ungewollten Verlobten loszusagen, aber Hugh war selbst gekommen. Es war ihm sogar

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