Wie Fackeln im Sturm
sichtlich schwer gefallen, ihr mitzuteilen, dass er sie nicht zu heiraten gedachte. Gewiss, zu dem Zeitpunkt hatte er noch nicht gewusst, dass sie kein uneheliches Bauernmädchen war und das Vermögen des verstorbenen Earl ihre Mitgift darstellte.
Manch eine Frau wäre bestimmt verletzt gewesen, dass das Interesse des zukünftigen Gemahls nur auf das Vermögen gerichtet war, das ihm nach der Hochzeit zufiel, aber Willa war nicht unklug. Ehen wurden in dieser Weise ausgehandelt und geschlossen. Der eine Partner steuerte das Geld bei, der andere den Titel, und gemeinsam stellten sie den gesamten Besitz dar. Das war der Lauf der Welt. Und ihr war bewusst, dass Hugh Dulonget von der Aussicht, einer Frau versprochen zu sein, vollkommen überrascht gewesen war, wohingegen sie fünf Jahre Zeit gehabt hatte, sich auf diesen Tag einzustellen. Nun war es ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er sich an die Zukunftsaussichten gewöhnte. Und sie gedachte ihre Pflicht zu erfüllen. Das barg indes Schwierigkeiten. Sie wollte Ja sagen, durfte es jedoch nicht – bis er angekrochen kam.
Sie schaute zu Baldulf zurück und wollte ihm bedeuten, in ihrer Nähe zu bleiben, aber es war zu spät; er trieb sein Ross bereits zu einem leichten Galopp. Nun musste sie Dulonget allein gegenübertreten und standhaft bleiben. Es war zu seinem Besten.
Ihr Blick fiel wieder auf seinen Leib, als er heranritt, und sie sah, wie seine kraftvollen Beine sich um den Bauch des Pferdes legten. Willa schluckte schwer. Das war keine gute Idee. Fürwahr, sie sollte diesen Mann tunlichst meiden, bis Eadas Prophezeiung sich erfüllt hatte.
Mit diesem Vorsatz erhob sie sich.
5. KAPITEL
Willa war im Begriff, im Unterholz zu verschwinden, als sie erkannte, dass ein solches Verhalten sich wohl kaum für eine Dame ziemte. Bei diesem Gedanken hielt sie inne, und schon war die Gelegenheit zur Flucht verpasst. Da sie wusste, dass Hugh mittlerweile zu nah war, um ihm noch aus dem Weg zu gehen, lief sie wieder zum Flussufer hinunter. Dort nahm sie erneut im Gras Platz und versuchte, entspannt zu wirken, während sie auf ihn wartete. Doch Willa war alles andere als entspannt. Sie war genauso angespannt wie Wolfy und Fen, wenn sich Fremde näherten. So nahm sie jedes Geräusch ganz genau wahr: den Huf schlag des Pferdes, das Knarren des Ledersattels, als Hugh abstieg, und die leisen Geräusche, als er das Tier an einem Baum festband. Dann vernahm sie ein Rascheln, das sie nicht einordnen konnte. Offenbar streifte ihr Ritter unmittelbar dort, wo er das Pferd angebunden hatte, durch das hohe Gras, aber sie konnte sich nicht erklären, was er machte. Es widerstrebte ihr, sich umzudrehen und nachzuschauen. Mochte es auch töricht erscheinen, aber sie befürchtete, dass ein neugieriger Blick von ihr ihn nur in seinem Vorhaben bestätigen würde, sein Werben fortzusetzen. Sie wäre indes besser beraten, wenn sie ihn überhaupt nicht beachtete. Willa verspannte sich, als sie seine Schritte in dem Gras näher kommen hörte.
Unter Aufbietung aller Willenskraft gelang es ihr, nicht zu erschrecken oder unruhig hin- und herzurutschen, als er sich schließlich neben ihr im Gras niederließ. Einen Moment lang herrschte Schweigen; Willa hatte Angst, ihn anzusehen, und er wusste offenbar nicht, was er sagen sollte. Gänzlich unvermutet hielt er ihr einen ärmlichen Strauß Blumen hin. Ungläubig blickte sie auf die weißen herabhängenden Blüten und dann zu ihm auf, doch er schaute sie gar nicht an. Hugh starrte unverwandt auf den Fluss, und sein Gesicht war von einer tiefen Röte überzogen, die ihr zeigte, wie peinlich ihm die Situation war.
„Nun …“, war alles, was Willa äußern konnte. Da sie nicht wusste, was sie tun sollte, nahm sie den dargebotenen kleinen Strauß und betrachtete die Blumen. Jetzt wurde ihr schlagartig klar, was er im Wald gemacht hatte: Er hatte Blumen für sie gepflückt.
„Es sind Blumen“, sagte er. Offenbar hatte er bei ihrem verwirrten Gesichtsausdruck geglaubt, sie habe keine Ahnung, was sie in Händen hielt.
In Wirklichkeit handelte es sich gar nicht um richtige Blumen. Es waren blühende Kräuter, die obendrein fast verwelkt waren, aber das wollte sie ihm nicht mitteilen. Sie nahm an, die gute Absicht allein zählte. Und mit einem Mal verspürte sie Tränen in den Augen, als sie sich bewusst machte, dass ihr noch nie jemand Blumen gepflückt hatte.
„Sie dufteten gut, daher dachte ich, Euch welche zu schenken“, meinte er mit rauer
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