Wie Fackeln im Sturm
nach Hugh um. Er war zu Boden gestürzt. Behindert durch das Gewicht seiner Rüstung, gelang es ihm erst jetzt, sich in dem Matsch auf den Bauch zu drehen. Sodann stützte er sich mit Händen und Knien ab, hielt inne und schüttelte den Kopf, als schwindelte ihm. Mit besorgten Blicken musterte er Willa und kroch durch den Matsch an ihre Seite.
„Seid Ihr unversehrt?“
Willa starrte ihn an. Seine Stimme klang belegt, und sein Atem kam unregelmäßig. Offensichtlich hatte er sich erkältet. Dann sah sie mit Schrecken, dass er am Kopf blutete. Sofort ließ sie die Wölfe los, kniete sich vor Hugh und nahm seinen Kopf in die Hände. Vorsichtig drehte sie den Kopf, um festzustellen, wo die Wunde war. „Ihr seid verletzt. Ihr müsst mit dem Kopf aufgeschlagen sein, als Ihr gefallen seid.“
„Es ist nichts Schlimmes“, wiegelte er schroff ab, befreite sich von ihren Händen und drehte den Kopf, um den am Boden liegenden Mann in Augenschein nehmen zu können. „Wer ist der Kerl?“
„Ich weiß es nicht. Sollte ich ihn kennen?“
Mit düsterer Miene kroch Hugh näher an den toten Mann heran. Er untersuchte ihn kurz und schien nach Anhaltspunkten Ausschau zu halten, die etwas über die Herkunft des Mannes preisgaben.
„Kennt Ihr ihn?“ erkundigte sie sich und zwang sich, einen Blick auf das entstellte Gesicht des Unbekannten zu werfen. Es würde jedem schwer fallen, den Mann zu identifizieren.
„Nein.“ Da er offensichtlich nichts Befriedigendes an dem Fremden finden konnte, ließ Hugh von ihm ab und ging in die Hocke. „Ich glaube, den habe ich noch nie zuvor gesehen.“
Beide starrten sie beim Mondschein auf die wachsartigen Züge des Toten, ehe Willa fragte: „Was ist geschehen? Hat der Mann Euch angegriffen?“
„Ja, kurz nachdem der Regen aufgehört hatte. Für eine Weile herrschte eine gespenstische Stille, dann hörte ich eines Eurer Tiere knurren. Ich dachte zunächst, das Knurren gelte mir, aber ich nehme an, dass es mich warnen wollte, denn im nächsten Augenblick brach dieser Kerl“, er deutete mit einem Kopfnicken auf den Unbekannten, „aus dem Dickicht. Er rannte mit gezogenem Schwert geradewegs auf mich zu. Beinahe hätte ich nicht rechtzeitig von meinem Pferd absteigen können, um den ersten Hieb abzuwehren.“
Hugh rieb sich verärgert die Stirn. Dann versuchte er, auf die Beine zu kommen, sackte jedoch wieder mit einem Fluch auf die Knie, bis Willa an seiner Hand zog und ihm das Gleichgewicht nahm. „Was macht Ihr?“ rief er erschrocken.
„Ihr solltet noch nicht aufstehen. Ruht Euch aus und sammelt wieder Kraft“, verkündete Willa entschieden. Erneut zog sie an seinem Arm, so dass er vornüber in den Matsch fiel und mit dem Gesicht in ihrem Schoß landete. „Kopfverletzungen sind trügerisch. Ihr müsst Euch ausruhen, bis Eada die Wunde gesehen und Eure Augen untersucht hat.“
„Meine Augen?“
„Ich weiß nicht genau, wie sie das macht“, erwiderte Willa. Sie drehte seinen Kopf, so dass sein Gesicht gegen ihren Bauch drückte, und untersuchte genau die Wunde an seiner Schläfe. „Aber für gewöhnlich vermag sie zu beurteilen, wie schwer eine Verletzung ist, wenn sie einem in die Augen schaut. Ihr habt einen schweren Schlag erhalten.“
„Mir geht es gut“, beteuerte er, machte indes keine Anstalten, seinen Kopf von ihrem Schoß zu nehmen. Stattdessen drehte er sich auf den Rücken und blickte zu ihr auf. Erst als er ihre besorgte Miene wahrnahm, fiel ihm ein, den Moment zu seinen Gunsten zu nutzen. Weder die geschriebene Entschuldigung noch der Schwur, sie zu bewachen, hatten Wirkung gezeigt. Ebenso wenig die übertriebenen Versuche, sie mit welken Blumen und einem lebendigen Kaninchen zu erfreuen. Selbst die Leidenschaft, die er in dem Stall in ihr entfacht hatte, hatte sie nicht überzeugt, in die Ehe einzuwilligen. Dennoch, vielleicht würden die Ereignisse dieser Nacht und die Besorgnis in ihrem Blick den Zweck erfüllen. Hugh hätte sich schämen sollen, zu solchen Maßnahmen zu greifen, aber da zwei Burgen samt Dienerschaft und Rittern von ihm abhängig waren, blieb ihm keine Zeit für Gewissensbisse.
Von seinem Vorhaben beseelt, berührte Hugh plötzlich den verletzten Kopf mit einer Hand. Er kniff die Augen zusammen und stöhnte wie unter Schmerzen auf. Dann blinzelte er vorsichtig zwischen zwei Fingern hindurch. Der Schreck, der sich in Willas Gesicht abzeichnete, war recht ermutigend.
„Ihr seid wahrlich schwer verletzt!“ rief sie und beugte sich
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