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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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hinab. Ihr Haar umfing ihre Gesichter und war wie ein seidener Schleier zwischen ihnen und dem Morgengrauen.
    Hugh setzte das tapfere Lächeln eines sterbenden Mannes auf und ließ seine Hand kraftlos zurücksinken. „Nein, mir geht es gut.“ Wie stolz war er in diesem Augenblick auf seine atemlose, vor Anstrengung zitternde Stimme. Bislang hatte er nicht geahnt, was für ein guter Schauspieler er doch war.
    Willa schien wirklich davon überzeugt zu sein. Rasch richtete sie sich auf und schaute mit ängstlicher und verzweifelter Miene zur Hütte hinüber. „Wo bleibt Eada bloß?“ fragte sie besorgt. „Sie wird wissen, was zu tun ist. Ich sollte sie holen.“
    „Nein!“ Hugh zuckte zusammen, als ihm bewusst wurde, dass er zu viel Nachdruck in diesen Ausruf gelegt hatte, aber er wollte unter gar keinen Umständen, dass Eada ihm die beste Gelegenheit zunichte machte, die junge Frau von der Hochzeit zu überzeugen. „Nein“, wiederholte er mit schwächerer Stimme. „Ich bitte Euch, Mylady. Lasst mich nicht allein hier draußen sterben.“
    „O Hugh“, seufzte sie starr vor Schreck. In einer beschützenden Geste schloss sie ihn enger in die Arme. „So etwas dürft Ihr nicht sagen. Ihr werdet nicht sterben. Eada meinte …“
    „Pst.“ Er legte einen Finger auf ihre Lippe. „Ängstigt Euch nicht. Es ist eine Ehre, für so eine schöne Frau, wie Ihr es seid, aus dem Leben zu scheiden. Jetzt büße ich dafür, dass ich Euch bei unserer ersten Begegnung so schändlich behandelt habe. Für mein Verhalten gibt es keine Entschuldigung, außer dass der plötzliche Tod meines Onkels wie ein Schock für mich war. In meinem grenzenlosen Kummer habe ich mich zu diesem ehrlosen Verhalten hinreißen lassen.“
    Wie einfallsreich von mir, dachte er. Seine Worte hatten sie gerührt, das konnte er sehen. Sie beugte sich weiter hinab, und ihr Gesichtsausdruck war sanft, als sie ihm mit den Fingern sacht über die Wange strich. „Oh, mein armer Hugh.“
    Mehrmals blinzelte er gekonnt mit den Wimpern und versuchte den unschuldigen Blick nachzuahmen, den die edlen Damen in all den Jahren bei ihm angewandt hatten. Doch vielleicht hatte er da etwas übertrieben, denn anstatt ihn weiter zu bedauern, runzelte Willa die Stirn und wich ein klein wenig von ihm zurück. „Habt Ihr etwas im Auge?“
    „Nein.“ Er griff nach ihrem Haar und überlegte, was er jetzt tun sollte. Schließlich beschloss er, die Flucht nach vorn anzutreten. „Es ist nichts, aber …“
    „Aber?“ erkundigte sie sich mit sanfter Stimme.
    „Ich möchte Euch fragen – nein, Euch bitten. Ich möchte Euch während der letzten Augenblicke meines Lebens bitten, mir den unritterlichen Auftritt zu verzeihen. Bitte sagt, dass Ihr mir vergebt.“
    „Gewiss, Mylord“, versicherte Willa ihm. „Aber ich verspreche Euch, Ihr liegt nicht im Sterben. Eada hätte gesehen, wenn …“
    „Sie vermag nicht alles zu sehen“, unterbrach Hugh sie ungehalten, bevor er den Nachdruck aus seiner Stimme nahm und ein frommes Lächeln aufsetzte. Dann hob er die Hand und ließ sie in einer übertriebenen Geste der Verzweiflung auf sein Gesicht sinken. „Niemand kann in die Zukunft blicken. Hätte ich bloß die Möglichkeit gehabt, zu sehen, was die Zukunft mir bringt, es wäre nie zu dieser Nacht gekommen. Vielleicht wären wir sogar mittlerweile verheiratet und hätten uns im Ehebett eng aneinander geschmiegt.“
    Abermals spähte er vorsichtig durch die Finger, um sich davon zu überzeugen, welche Wirkung er mit seinen Worten erzielte, und war erleichtert, großen Kummer in Willas Zügen zu entdecken. Langsam nahm er die Hand vom Gesicht und schenkte ihr ein weiteres tapferes Lächeln. „Habt keine Angst. Ich fürchte mich nicht vor dem Tod. Nun werde ich den langen Schlaf schlafen und zumindest davon träumen können, dass wir verheiratet waren. Es sei denn …“, hauchte er.
    Willa beugte sich weiter vor. „Es sei denn?“
    Er rang sich einen sehnsuchtsvollen Blick ab. „Ich wünschte, Ihr würdet es übers Herz bringen, einem Sterbenden einen letzten Wunsch zu gewähren und meine Frau zu werden.“
    „Ihr tragt ein wenig dick auf, nicht wahr?“
    Als Willa ruckartig den Kopf hob und ihre Haare nach hinten warf, fiel Hughs Blick auf Eada und Baldulf, die hinter Willa aufragten. Die beiden hatten die Arme vor der Brust verschränkt und schienen ihren Spaß zu haben. Es waren Eadas Worte gewesen, und wie immer hatte sie sich mit ihrer Meinung nicht zurückgehalten.

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