Wie Fackeln im Sturm
Mylord. Ich bin ja so froh, dass ich Euch an diesem Morgen treffe. Ich fürchte, gestern ist alles so schnell gegangen, dass ich gar nicht dazu gekommen bin, sämtlichen Pflichten nachzukommen.“
„Ist das wahr?“ fragte Hugh höflich, doch sein Blick wanderte immer wieder zu den Stallungen. Er hoffte, sein Knappe möge inzwischen auf den Beinen sein, damit er das Pferd sattelte. Wo trieb der Bursche sich eigentlich herum? Tags zuvor hatte er ihn bei der Feier von seinen Pflichten entbunden, da er mit seiner Braut allein sein wollte. Seine Miene verfinsterte sich, als die Erinnerung an die unselige Hochzeitsnacht in ihm aufstieg. Bei Gott! War je ein Mensch von so viel Pech heimgesucht worden? Ein wunder Hintern, eine böse Erkältung und eine vergiftete, sich übergebende Gemahlin!
„Ja, erst wart Ihr fort, um Lady Willa zu beschützen. Als Ihr dann mit der Dame zurückkamt, ging alles so rasch, dass ich gar nicht genug Zeit hatte, um Euch mit Hinblick auf … die Vollziehung mit Rat zur Seite zu stehen.“
„Die Vollziehung?“ Diese Worte vermochten Hughs Aufmerksamkeit zu erregen, und er schaute in das leicht gerötete Gesicht des Burgkaplans. „Es ist nicht zur Vollziehung der Ehe gekommen. Meine Braut wurde vergiftet.“
„Ja, Lord Wynekyn hat mir alles erzählt, und ich muss sagen, mir kommt es sogar recht – ich meine natürlich nicht den Giftanschlag“, fügte er rasch hinzu, als Hugh ihn mit einem düsteren Blick bedachte. „Was für ein Unglück. Ich wollte vielmehr zum Ausdruck bringen, dass … ich Euch jetzt noch den einen oder anderen Rat geben kann.“
„Pater“, unterbrach Hugh ihn und machte keinen Hehl mehr aus seiner Ungeduld, „jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Willa hat die Burg allein verlassen, und ich muss sie finden und zurückbringen. Sie …“
„Sie ist bereits zurückgekehrt, Mylord“, entgegnete Pater Brennan, als Hugh schon im Begriff war, sich abzuwenden. Schnell drehte er sich wieder um.
„Sie ist zurück?“
„Ja. Wie Ihr seht, habe ich Euch diese Abhandlung mitgebracht.“ Er reichte Hugh ein zusammengerolltes Stück Pergament, das mit einer Schleife versehen war. Als Hugh das Schriftstück bloß verständnislos anschaute, löste der Geistliche das Band und entrollte das Pergament. „Der Titel lautet De secretis mulierum, also Von den Geheimnissen der Weiber, und das Werk gibt dem Leser Ratschläge bezüglich …“
„Pater“, fiel Hugh dem Geistlichen erneut ins Wort. Diesmal war der ungeduldige Tonfall verflogen, und Hugh musste lächeln. Er wusste, dass Pater Brennan es gut mit ihm meinte, aber ein Kirchenmann war die letzte Person, von der er sich einen Rat für die Hochzeitsnacht holen würde. Da er den Burgkaplan aber auch nicht in Verlegenheit bringen wollte, setzte Hugh eine ernste Miene auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich habe meine Erfahrungen, Pater. Ich habe schon bei Frauen gelegen, und daher benötige ich keinen Rat mehr.“
„Oh, gewiss, gewiss.“ Der Geistliche nickte eifrig, schüttelte dann aber den Kopf. „Aber, mit Verlaub, Lady Willa ist keine Wirtshausdirne. Sie ist eine junge, unschuldige Braut. Die Vollziehung Eurer ehelichen Pflichten ist durch die Kirche abgesegnet worden. Euer Ehebett ist heilig. Ihr könnt Euch mit Eurer jungen Braut nicht so vergnügen wie mit einer hübschen Milchmagd, wenn Ihr versteht, was ich andeuten will.“
„Nun …“ Hugh hielt inne und spürte, dass er allmählich unsicher wurde. Über den Moment der Vereinigung hatte er noch gar nicht richtig nachgedacht. Was wiederum nicht ganz stimmte, denn er hatte durchaus daran gedacht, aber eher von seiner Warte aus. Einen Moment lang hatte er sich versucht vorzustellen, wie seine Braut ihn im Schlafgemach empfangen würde; und dann war er – wenn er ehrlich zu sich selbst war – nur von dem Gedanken beseelt gewesen, sich in ihren warmen Tiefen zu verströmen. Er hatte sich gar nicht die Mühe gemacht, die Vereinigung mit ihren Augen zu betrachten – mit den reinen Augen einer Jungfrau. Fürwahr, Willa würde sich nicht wie eine lachende Tavernenmagd geben, sich auf seinen Schoß setzen und ihm mit anzüglichen Bewegungen verdeutlichen, dass sie willig war. Sie würde …
Diese neue Sichtweise bereitete ihm Kopfzerbrechen. Pater Brennan wartete indes geduldig auf eine Antwort. Wie war noch gleich die Frage gewesen? Ach ja! „Nein, gewiss nicht, da habt Ihr Recht. Ich habe in der Tat noch keine Frau entjungfert.“
„Das habe ich
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