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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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auf. Hastig richtete sie sich auf, erbrach sich ein weiteres Mal und sank dann bewusstlos in die Kissen zurück.

10. KAPITEL
     
    Sie wurde bei lebendigem Leibe gebraten. Eine alles verzehrende Hitze weckte Willa. Unwillkürlich schob sie die Decken von sich, unter denen sie zu glühen schien. Doch als sie sich schließlich aller Decken entledigt hatte, war sie hellwach und bereute es sogleich, bei Bewusstsein zu sein. Ihr war furchtbar schlecht. Ihr ganzer Körper schien zu schmerzen. In den ersten Augenblicken verzog Willa das Gesicht, bis ein unerwarteter Laut und eine Bewegung unmittelbar neben ihr ihre Aufmerksamkeit erregten.
    Einen Moment lang starrte sie auf die Decken, die neben ihr im Bett einen kleinen Hügel bildeten; erst dann kehrte die Erinnerung zurück. Sie war nunmehr verheiratet, und die unbestimmbare Form unter den Decken musste ihr Gemahl sein. Die vergangene Nacht war ihre Hochzeitsnacht gewesen.
    Gewiss, rasch erinnerte sie sich, was sich am Vortag alles zugetragen hatte. Die Zeremonie, das Bankett. Hugh hatte sie nach oben geschickt, damit sie sich für die Hochzeitsnacht bereitmachen sollte. Von da an wurde ihre Erinnerung ein wenig verschwommen. Sie entsann sich, dass sie die Kräuter von Eada mit dem Ale aus dem Krug zu einem Sud angerührt hatte. Sie wusste auch noch genau, dass sie sich die Nase zugehalten und den widerwärtigen Trank in einem Zug zu sich genommen hatte. Gleich danach war ihr schwindelig geworden, sie hatte sich müde gefühlt und augenblicklich gemerkt, dass sie zu viel von der Mixtur genommen hatte. Ein vages Bild von ihrem Gemahl, der sich über sie beugte, schwebte vor ihren Augen.
    Willa schaute an sich herab. Wenn Eada Recht hatte – und Willa hatte noch nie erlebt, dass die alte Frau sich irrte –, so hatte ihr Gemahl in der letzten Nacht Zwillinge gezeugt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht strich sie sich über den Bauch und kam zu der Überzeugung, dass diese Prophezeiung sehr wohl eingetreten sein mochte. An diesem Morgen fühlte sich ihr Bauch hart und verspannt an. Zwar hatte sie noch nie gehört, dass den Frauen nach dem Kinderzeugen der Bauch wehtat, aber vielleicht erklärte genau dieser Umstand, warum sie sich jetzt so unwohl fühlte. Die Vollziehung der Ehe war offenbar recht stürmisch vonstatten gegangen. Da sie das Gefühl hatte, unter die Hufe eines Pferdes gekommen zu sein, war Willa geradezu froh, dass sie viel zu viel von Eadas Kräutern genommen hatte. Wenn man sich nach dem Liebesakt derart elend fühlt, möchte ich die Vereinigung auf keinen Fall bei vollem Bewusstsein erleben, dachte sie missmutig.
    Bei diesem Gedanken verzog sie den Mund und schlüpfte vorsichtig aus dem Bett, um ihren neuen Gemahl nicht zu wecken. Zu ihrer Erleichterung bewegte Hugh sich nicht. Während sie ihn im Auge behielt, schlich Willa auf Zehenspitzen durch den Raum und suchte ihre Kleidung. Doch ihr herrliches Gewand war nirgends zu finden. Das einzige schöne Kleid, das sie besaß. Da sah sie die Bettlaken und blieb verblüfft stehen. Sie waren zu einem Ball zusammengerollt und lagen in einer Ecke des Zimmers.
    Eada hatte sie wohlweislich gewarnt, dass es beim ersten Mal Blut gäbe und dass das Blut ihre Unschuld beweisen würde. Jetzt starrte sie auf die Leinentücher und fragte sich erschrocken, ob sie wirklich so stark geblutet hatte. Aber warum sollte ihr Gemahl sonst das Bettlaken abgezogen haben?
    Sie wandte sich von dem Lakenbündel ab und fand endlich die kleine Truhe, die ihre bescheidene Habe enthielt. Das Trauerkleid, das Eada für sie anfertigen wollte, war noch nicht ganz fertig. Daher war das Hochzeitsgewand das einzig hübsche Kleidungsstück, das sie besaß. Aber immerhin hatte Willa andere Kleider mitgebracht, die gleichwohl hässlicher waren. Rasch holte sie eins hervor, zog es an und verließ das Gemach.
    Es war lange her, dass Willa zuletzt in einer Burg gewohnt hatte; damals war sie noch ein Kind gewesen. Aber soweit sie sich erinnern konnte, hatte in einer Burg immer ein reges Treiben geherrscht. Zumindest war dies auf Claymorgan so gewesen. Die Stille, die in diesem Gang herrschte, war etwas beunruhigend. Dass sie ein wenig unsicher auf den Beinen war und leichte Krämpfe im Bauch hatte, kümmerte sie wenig, als sie zum oberen Treppenabsatz schlich. Von dort ließ sie den Blick über die Große Halle schweifen und ging dann die Stufen hinunter. Ein Blick genügte schon, um die ungewöhnliche Stille in der Burg zu erklären. Die meisten

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