Wie Fackeln im Sturm
Rücken. „Guten Morgen.“
„Was hast du da gerade gelesen?“ fragte sie mit unverhohlener Neugier und bemühte sich, einen Blick auf die Schriftrolle zu erhaschen, die er zu verbergen suchte.
„Da ist nichts“, log er.
„Nichts?“ Sie lachte leise. „Es sieht nicht aus wie nichts, Hugh. Es sieht wie eine beschriebene Pergamentrolle aus.“
„Fürwahr, Pater Brennan gab mir etwas zu lesen. Eine Abhandlung über … die Anweisungen der Kirche zur … Beichte.“ Er zuckte innerlich zusammen, während er sprach, und fürchtete, diese Lüge alsbald beichten zu müssen. Zudem war es ihm unangenehm, bei seiner Gemahlin könnte nun der Eindruck entstanden sein, ihr Gemahl benötige in dieser Angelegenheit noch kirchliche Unterweisung.
„Oh.“ Sehr zu seiner Erleichterung schien Willa das Interesse an dem Schriftstück verloren zu haben. Sie straffte die Schultern und schenkte ihm ein Lächeln. „Nun, ich sollte dich dann lieber allein lassen. Einen schönen Tag, Hugh.“
„Einen schönen Tag.“ Er sah ihr nach, und sein Blick fiel unwillkürlich auf ihre sanft hin- und herwiegenden Hüften.
Als er sich bewusst machte, dass er immer noch die Abhandlung De secretis mulierum hinter seinem Rücken hielt, entspannte er sich und holte sie hervor, um erneut darin zu lesen. Eigentlich hatte er vorgehabt, das Schriftstück wieder aufzurollen und an seinem Gürtel zu befestigen, um sich der Sache später erneut zu widmen, aber er konnte nicht anders und vertiefte sich wieder in den Text.
„Guten Morgen, Hugh.“
Wie schon zuvor, hob Hugh auch bei diesem Gruß erschrocken den Kopf. Verlegen ließ er das Pergament ein zweites Mal hinter seinem Rücken verschwinden, als er sich seinem Freund zuwandte. „Lucan. Guten Morgen.“
„Was hast du da in der Hand?“ drang es neugierig an Hughs Ohren.
„Ach, nichts“, erwiderte Hugh und verzog das Gesicht. Es war eine törichte Antwort, wenn er das Pergament wie einen leidenschaftlichen Liebesbrief hinter seinem Rücken verbarg. Daher holte er das Schriftstück wieder hervor und entrollte es, während er sprach: „Pater Brennan gab mir eine Abhandlung über … die ehelichen Pflichten.“
„Ah, der Kaplan meines Vaters überreichte meinem Bruder seinerzeit genau so eine Abhandlung am Abend vor der Hochzeit. Sie war voller Hinweise, was man auf keinen Fall machen darf und zu welchen Zeiten es unmöglich ist. Lass mal sehen, soweit ich mich erinnere, darf man den ehelichen Pflichten niemals an Feiertagen nachkommen, auch nicht an Sonntagen oder anderen Festtagen.“ Lucan schüttelte den Kopf. „Ich wette mit dir, wenn du alle Tage zusammenzählst, an denen du nicht bei deiner Gemahlin liegen darfst, bleibt vermutlich nur noch ein Tag im Monat übrig. Du solltest dich darum gar nicht kümmern, mein Freund, denn sonst wirst du nie Kinder haben. Außerdem verliert man noch den Verstand bei all diesen Verboten und Einschränkungen.“
Hugh gab einen unwirschen Laut von sich. Offenbar sprach Lucan von einer ganz anderen Abhandlung, aber falls die gleichen Verbote auch in diesem Text standen, würde Hugh sich lediglich mit den Anweisungen beschäftigen, die mit der tatsächlichen Vereinigung zu tun hatten. Ein Mann würde doch wohl kaum für eine Sünde ins Fegefeuer geraten, die er unwissentlich begangen hatte. Und er wollte sich nicht vorschreiben lassen, womöglich nur einmal im Monat bei seiner Gemahlin liegen zu dürfen. Gütiger Himmel, es war ihm bislang noch nicht einmal gelungen, bei Willa zu liegen, und schon versuchte die Kirche, ihn mit Einschränkungen zu überhäufen.
„Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du wegen des Giftanschlags unternehmen wirst?“ fragte Lucan.
Hugh schnitt eine Grimasse. „Ja. Ich werde jeden zu dem Met befragen und herausfinden, wer den Krug in das Schlafgemach gebracht hat. Doch zunächst werde ich einen Vorkoster benennen. Nichts soll Willas Gaumen erfreuen, das nicht zuvor von einem anderen gekostet wurde.“
Lucan nickte. „Wie wäre es mit der Köchin?“
„Nein. Alsneta hat für derlei Dinge keine Zeit. Aber es sollte jemand sein, der ihr nahe steht. Dadurch vermeiden wir, dass sie unaufmerksam wird und das Essen womöglich unbeaufsichtigt stehen lässt.“
Sein Freund befand den Vorschlag für klug und nickte wieder. „Lord Wynekyn erwähnte einmal einen Neffen von Alsneta, der bei den Burgwachen dient. Gawain heißt er. Er wäre bestimmt geeignet.“
„In der Tat, das wäre er. Hab Dank.“
„Keine
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