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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kordić
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zum einbeinigen Dschib. Der steht noch immer auf einem Bein auf dem Stuhl und singt. Der einbeinige Dschib soll den Stumpf auf meinem Kopf ablegen. Es sieht jetzt so aus, wie wenn ich dem einbeinigen Dschib mit meinem Kopf eine Hilfe bin, und alle finden das sehr witzig. Einer zieht mich wieder weg und der einbeinige Dschib fällt aber nicht vom Stuhl.
    Ein Mann ruft: Noch ein Zwerg und ihr könnt einen Zirkus aufmachen!
    Ich gehe durch die Küche hinters Haus. In einer kleinen Holzhütte auf dem Hof brennt Licht. Ich höre das Wimmern von einem Hund, der da drin ist. Der Hund in dieser Holzhütte wimmert und einer schreit kurz auf. Das sind die Schreie von einem Menschen. Die Holzhütte ist eine große Hundehütte mit einer richtigen Tür und mit einem kleinen Fenster zur Seite hin. Das Fenster ist mit Zeitungspapier zugeklebt und keiner kann da durchgucken. Ich sehe nur, dass Licht brennt. Ich gehe um die Hütte rum. Von hinten sind kleine Löcher im Holz und ich drücke das Gesicht dagegen.

    Ich sehe die Wade von dem Krieger mit dem tätowierten Wolf. Die schwebt in der Luft und fliegt hin und her. Ich kann auch den Po von dem Mann sehen. Der ist nackt. Ich gehe an ein anderes Loch. Und da sehe ich unser Mädchen. Unser Mädchen hat rote Haare. Immer wenn unser Mädchen keine Luft mehr bekommt, schreit die kurz auf. Da ist auch der Hund. Das ist ein Hund, wie wir auch in der Gemeinschaft von den Söhnen Marias einen haben. Ein gut erzogener Schäferhund.
    Ich gehe schnell zurück in die Kaschemme. Der einbeinige Dschib macht jetzt Hütchenspiele und trinkt Bier und raucht eine Zigarette.
    Ich sage zu dem Mann: Ich möchte eine Fanta trinken.
    Der Mann schüttet mir etwas Fanta in ein Glas. Dann kippt er noch einen großen Schluck von der Schnapsflasche rein.
    Der Mann sagt: Jetzt hast du eine Atombombe.
    Ich schmecke nichts vom Schnaps. Der Mann mit dem Wolf auf der Wade kommt zurück an den Tisch. Ein anderer klopft ihm auf die Schulter. Ich klaue eine Zigarette vom Tisch und keiner kriegt das mit. Draußen ist es schon hell. Die Männer trauen sich raus und gehen alle nach Hause. Der einbeinige Dschib ist betrunken. Der legt den Kopf auf den Tisch und als ich ihn anspreche, sagt der gar nichts mehr. Der Mann, für den ich putze, liegt auf mehreren Stühlen und schnarcht. Ich hebe die Klarinette vom Boden auf und stelle sie in die Ecke. Ich räume die Gläser und die Teller vom Tisch und schleppe alles in die Küche. Ich gucke in den Hof und rauche die Zigarette. Das Licht in der Hütte ist aus. Die Essensreste werfe ich in den Eimer für das Tier. Mit einem Tuch wische ich den Tisch sauber, ich spüle die Gläser und die Teller ab. Der einbeinige Dschib wird nicht richtig wach. Ich gehe vor das Haus und hole die Schubkarre rein. Ich ziehe den einbeinigen Dschib auf seinen Sitz und lege seine Krücke mit dazu. Durch die Küche gehe ich noch mal hinters Haus. Die Tür von der Hütte ist nicht abgeschlossen. Unser Mädchen liegt einfach nur da. Ich ziehe an ihrem Bein.
    Sie sagt: Nicht mit den Händen, bitte nicht.
    Ich schüttle sie. Sie dreht sich zu mir um. Zum ersten Mal sehe ich ihr Gesicht. Unser Mädchen sieht aus wie die dicke Chinesin. Ihre Stirn ist breit und trocken. Nase und Mund sind unverletzt. Die Augen sind zugeschwollen.
    Ich sage: Steh sofort auf.
    Unser Mädchen trägt eine schmutzige Jogginghose und ein viel zu großes Unterhemd. Bei uns sucht die sich neue Kleider aus. Die geht gebückt. Ich setze sie vor den einbeinigen Dschib in die Schubkarre. Ihre Beine baumeln vorne raus. Wenn ich die Karre hinten zu sehr anhebe, schleifen ihre Füße über den Boden. Die zieht sie auch nicht hoch. Ich fahre unser Mädchen und den einbeinigen Dschib zu unserer Bude. Ein paar Menschen sind schon auf der Straße und ich gucke die nicht an. Zuerst bringe ich das Mädchen rein und zeige ihr meinen Schlafplatz. Ich hole den einbeinigen Dschib. Ich stütze ihn und der summt noch immer ein Lied. Der nuschelt irgendwas vor sich hin, das ich nicht verstehe. Ich sage nichts. Ich lege ihn in seine Ecke vom Zimmer und der schnarcht sofort und manchmal zieht er den Schleim hoch.
    Ich gehe aus dem Zimmer raus und setze mich in das Loch von der Mauer, wo ich immer sitze. Ich zünde mir einen Stummel an und rauche zwei Züge. Ich nehme den Wasserkanister und laufe schnell zum Fluss. Ich lasse den Kanister volllaufen. Das Wasser ist noch eiskalt, als ich wieder in unserer Bude ankomme. Ich nehme ein Hemd von dem Haufen

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