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Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Titel: Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: HanneLore Hallek
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lassen — bis ich an einem Balkon im obersten Geschoss ein großes blaues P entdecke, das Symbol für eine Pension. Ja, hier würde ich gern wohnen. Also nichts wie hin und klingeln und durch ein mit Zeitungspapier ausgelegtes, dunkles Treppenhaus hinauf in eine uralte, seltsame Wohnung, in der eine lebhafte, junge Frau mir zuerst ihre Mutter vorstellt und dann ein Zimmer mit einem Balkon zum Marktplatz zeigt. Es ist klein, rumpelig, wunderschön und kostet nur 15 Euro.
    Die Kathedrale ist gleich um die Ecke. Nur ein kurzer Weg durch eine Gasse, dann stehe ich im Sonnenschein auf der Plaza de la Regla und bestaune das architektonische Wunder und die umgebenden Gebäude — voller Ehrfurcht vor dem Mut und dem Können der mittelalterlichen Baumeister. Und da kommt Eric. Mit einen großen, bunten Blumenstrauß im Arm. „Für dich, weil du für mich da warst.“ Puh, was für ein Tag.

    Ich würde dir gern meine Gefühle in dem Moment beschreiben, aber ich kann es auch heut noch nicht.
    Vordergründig freute ich mich ganz unschuldig, so wie Frau sich über Blumen freut — doch da war auch ein ,mich-geschmeichelt-fühlen’. Ein intelligenter, sehr gut aussehender Achtunddreißigjähriger schenkte mir einen so riesigen Strauß — das hätte auch heiligere als mich bezaubert! An diesem Ort, in dieser Atmosphäre.
    Ich habe keinen Gedanken daran verschwendet, zu verstehen, in welcher Beziehung wir zueinander standen, das hatte sich in den letzten Tagen eh ständig verändert. Ich war einfach glücklich. Nicht nur über die Blumen und weil ich wieder gehen konnte, sondern auch dass Eric mir eröffnete, er würde hier in León bleiben, der Weg hatte ihn angestrengt.
    Nein, ich hab nicht hingesehen, ließ geschehen, was geschah, lebte einfach.

    „Bienvenido.“ Meine Vermieterinnen haben noch ein freies Zimmer, von dem Eric entzückt ist: „Das ist wie nach Haus kommen“, die Damen sind wiederum entzückt von seiner charmanten Art zu plaudern, rundherum ist eitel Harmonie. Ich setze mich auf meinen Balkon in die Sonne, lege die Beine hoch und beobachte Männer, die den Markt abräumen. Fühle mich beneidenswert frei, brauche nichts zu tun, was für ein Luxusleben. Und so schrecklich krank bin ich auch nicht mehr.
    Denn dann hätte ich nicht so viel Spaß am nachmittäglichen Stadtbummel in der lebendigen Stadt. Alle Bewohner scheinen auf den Straßen zu sein, Großfamilien promenieren, sitzen in Straßencafés und Bars. Überall ist Fröhlichkeit, wird getanzt und gelacht. Das zieht uns mit, wir werden übermütig und unbeschwert, und Eric sagt unvermittelt, dass er heute auch gern zu den ganz normalen Familien gehören würde und es passend fände, mit mir verheiratet zu sein. Wie süß, er bringt mich immer wieder zum Lachen. „Du gut aussehender Mann, nach dem sich alle Frauen umdrehen, wählst mich angeschmuddelte Wanderoma? Danke, leider zu spät, ich bin schon vergeben — und du hast scheinbar vergessen, dass ich deine Mutter sein könnte.“ Er schmunzelt. „Okay, dann muss ich eben weitersuchen. Aber darf ich dich wenigstens zum Essen einladen? Dort oben.“ Er zeigt auf den ersten Stock eines Luxusrestaurants über einer belebten Plaza, und da sitzen wir wenig später vor blitzendem Porzellan an einem weiß gedeckten Tisch und ich esse das erste Mal kein Pilgermenü — was für ein Wohlleben. Es ist mir gleich, dass ich im Outfit zwischen all den eleganten Samstagabend-Ausgeh-Spaniern ziemlich abfalle, lasse sie denken, was sie wollen, ich fühle mich schön.
    Als wäre es noch nicht genug, gehen wir anschließend in ein klassisches Konzert. In die Kathedrale mit ihren Unmengen bunter Glasfenster, voll eleganter Leóneser, die in feierlicher Stimmung die Musik erwarten. Nur auf einer seitlichen Steinbank ist noch Platz, neben — Fred und Nicole, Freunden von Eric, die er vor einigen Wochen zuletzt traf. Kaum, dass die drei die letzten Töne des Orchesters abwarten, um sich lauthals zu begrüßen und Neuigkeiten auszutauschen, auf Französisch. Mich versuchen sie rücksichtsvoll in ihr Gespräch einzubeziehen, aber ich möchte gar nichts verstehen. Die zwei sind mir sympathisch, doch der Tag war voller Aufregung und Freude und jetzt klingt noch die Musik nach, ich kann nichts mehr fassen. „Amüsiert euch noch, ich bin müde und werde schlafen gehen.“ Nein, ich lass mich nicht überreden zu bleiben. „Aber wir müssen uns wiedersehen, wir sind morgen auch noch hier!“ „Ja, gern. Gute

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