Wie ich Rabbinerin wurde
Moses schwer wurden, nahmen sie einen Stein und legten den unter ihn, und er setzte sich darauf, und Aaron und Chur fassten seine Hände, hier einer und dort einer, und seine Hände blieben aufrecht bis Sonnenuntergang. Und Josua brach die Kraft Amaleks und seines Volkes mit der Schärfe des Schwertes.
Und der Ewige sprach zu Moses: Schreibe das zum Andenken in das Buch, und lege in die Ohren Josuas, dass ich auslöschen will das Gedächtnis Amaleks unter dem Himmel. Und Moses baute einen Altar und nannte seinen Namen: Der Ewige, mein Banner. Und er sprach: Denn die Hand ist an dem Throne Jahs, Krieg hat der Ewige durch Amalek von Generation zu Generation.
(Ex. 17:8 – 16)
Die
Mischna
sagt:
»Und es geschah, wenn Moses seine Hand erhob, siegte Israel, und wenn Moses seine Hand sinken ließ, siegte ›Amalek‹.« Können denn Moses’ Hände den Kampf fördern oder den Kampf hemmen? Das will vielmehr sagen, dass die Israeliten, solange sie nach oben blickten und ihr Herz dem himmlischen Vater zu eigen gaben, die Oberhand hatten, sonst aber unterlagen.
(Rosch Haschana 3:8)
Amalek
ist eine Chiffre. Der Name gleicht einer Pervertierung der Wörter
melech
(König) oder
malach
(Engel). Er klingt wie eine korrupte Vorstellung sowohl von »König« als auch von »Engel«.
Amalek
hasst die Juden nicht um ihrer Stärke, sondern um ihrer Schwäche willen. Er greift die Nachzügler unverhofft und hinterrücks an – in einem Augenblick, in dem das ganze Volk matt und müde ist und Gott nicht fürchtet.
Amalek
führt die Schwächlichkeit Israels vor.
Im Krieg mit
Amalek
geht es nicht, wie im Falle der anderen biblischen Völker, um den Besitz von Land. Auf dem Spiel steht das Wirken Gottes in der Welt.
Amaleks
Hand greift nach dem Thron Gottes – er will sich selbst auf diesen setzen.
Dieser Krieg ist so alt wie das Bewusstsein der Menschen um den
einen
Gott. Er hat etwas mit der Herausbildung von Völkern und der Selbstherrlichkeit von Nationen zu tun.
Amalek
fordert Gott heraus, indem er ihn verhöhnt. Am Ende siegt jedoch nicht die Stärke
Amaleks
, sondern der Träger des heiligen Namens –
Jisra-El
. Der heidnische Zauberer Bileam sagt über
Amalek
:
Das erste der Völker ist Amalek und sein Ende ist Unter gang.
(Num. 24:20)
Das hebräische
Sachor
heißt »Gedenke!«, und das »Gedächtnis«
Amaleks
ist das
Secher Amalek
. Das Wort
Secher
enthält zugleich
sachar
– »männlich«. Im Krieg mit
Amalek
geht es auch um Männlichkeit. Der
Midrasch
führt aus:
Das Wort »wajesanew« (»hinterrücks angreifen«, in dem Wort ist
sanaf
– »Schwanz« enthalten, Dt. 25:18) bedeutet hier: wie er dein männliches Glied angreift. (…) Was tat das Gefolge von Amalek? Sie schnitten die beschnittenen Penisse der Israeliten ab und warfen sie himmelwärts, Gott verhöhnend: »Ist es das, was du erwählt hast? – Hier ist das, was du für dich selbst erwählt hast!«
(Pesikta deRav Kahana 3:11)
Amalek
verhöhnt nicht nur den »Bund mit Gott«, den die Beschneidung der jüdischen Männer markiert,
Amalek
erniedrigt auch die Frauen – das Weibliche.
Und Samuel sprach: Bringet her zu mir den Agag, König von Amalek. Und Agag ging zu ihm lustigen Schrittes, und Agag sprach: Fürwahr, gewichen ist das Bittere des Todes. Und Samuel sprach: Wie du unsere Frauen hast stolpern lassen mit deinem Schwert, so wird auch deine Mutter stolpern, und Samuel zerhub Agag in Stücke vor dem Ewigen in Gilgal.
(1. Sam. 15:32 – 33).
Was bedeutet es, das Gedächtnis
Amaleks
auszulöschen? An welchen Anfang müsste ich zurückgehen, um das fortwirkende Unheil zumindest in mir selbst zum Versiegen zu bringen?
Nach den Erzählungen der Bibel liegt der Ursprung in einer längst vergessenen Geschichte, einem Familiendrama, dessen Folgen sich außerhalb des Bewusstseins der Israeliten abspielen. Das Buch
Genesis
erwähnt
Amalek
als den Enkel Esaus
(Gn. 36:12).
Und Timna war Geliebte des Eliphas, Sohn Esaus, und gebar dem Eliphas den Amalek.
(Gn. 36:12)
Esau ist der verdrängte ältere Zwillingsbruder, der sein Erstgeburtsrecht an Jakob verloren hat. Sein Sohn Eliphas hat zwei Frauen – und eine Geliebte: Timna. Der
Midrasch
erzählt, dass Timna Esau verlassen will und zusammen mit ihrem Kind
Amalek
um Aufnahme im Hause Jakob bittet. Die Söhne Jakobs verwehren ihr dies. Das Unheil beginnt nicht erst in der Wüste bei Refidim – es beginnt 400 Jahre vorher in der Familie
Weitere Kostenlose Bücher