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Wie im goldenen Kaefig

Wie im goldenen Kaefig

Titel: Wie im goldenen Kaefig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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heftig an sich.
    Das zeigte ihr, wie viel Sorgen er sich gemacht hatte.
    Sie fühlte sich sofort schuldig. Zeke hatte Recht gehabt, als er meinte, ihr Vater müsste sie sehen, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut gehe. Obwohl das sicher nicht sein Hauptmotiv für die Zusammenführung von Vater und Tochter war. Zeke spielte immer sein eigenes Spiel, ganz egal, was er die Leute glauben machte.
    “Zeke lädt uns zum Abendessen ein”, sagte ihr Vater.
    Als sie sich aus seiner Umarmung löste und ihn ansah, merkte sie, dass ihm Tränen in den Augen standen. Deshalb protestierte sie nicht gegen den Plan, obwohl sie es liebend gern getan hätte.
    Stattdessen sagte sie: “Ich muss mich erst frisch machen und umziehen. Es war ein sehr hektischer Tag, weil eine Kollegin krank geworden ist.”
    “Kein Problem”, ‘sagte Zeke. “Wir warten solange.”
    “Ich beeile mich.” Sie drehte sich um und wollte schnell nach Hause gehen.
    “Warte.” Ihr Vater packte sie am Arm und hakte sich dann ein. “Willst du mir nicht deine Wohnung zeigen?”
    Jetzt saß sie in der Klemme. Wenn sie ihrem Vater das Zimmer zeigte, würde Zeke natürlich mitkommen. Sie wollte nicht, dass er sah, in welch heruntergekommenen Verhältnissen sie lebte. Andererseits würde ihr Vater sich alles noch viel schlimmer vorstellen, als es war, wenn sie ihm den Wunsch abschlug.
    “Vielleicht später?” Sie rang sich ein Lächeln ab. “Es ist ein möbliertes Zimmer, Dad. Nur ein Raum, und ich will mich doch umziehen.”
    “Wir gehen wieder und warten im Auto, während du dich umziehst.” Zeke besaß die Frechheit, sie einfach auf der anderen Seite unterzuhaken, und so fand sie sich nun zwischen den beiden Männern zu ihrer Wohnung eskortiert. Am liebsten hätte sie sich von Zeke losgerissen und ihn wütend angeschrieen. Aber um ihren Vater zu schonen, ließ sie sich nichts anmerken.
    “Das Zimmer ist nicht besonders schön”, erklärte sie, als sie sich dem Haus näherten. “Dafür ist es gemütlich und billig, und mir reicht es vorläufig, bis ich etwas Besseres finde.” Dass sie fürchtete, das würde Jahre dauern, sagte sie nicht.
    Ihr Vater sah sie an, und sie ahnte, dass er ihr am liebsten geraten hätte, zu ihrem Ehemann zurückzugehen. Aber eins musste sie ihm lassen: Er sprach es nicht aus.
    Er sagte nur: “Bestimmt ist es sehr nett, Annie.”
    Ihr Herz pochte wie wild, und sie erlebte einen Ansturm widerstreitender Gefühle, während sie und die beiden Männer hintereinander die schmale Treppe hinaufstiegen. Doch als sie ihre Tür aufschloss und das Licht anknipste, hielt sie den Kopf hoch erhoben. Sie zog als Erstes die Vorhänge vor, die sie kürzlich gewaschen und mit Mrs. Polinskis Bügeleisen geplättet hatte, und war froh, dass sie am Vortag den schönen Bettüberwurf aus Leinen gekauft hatte. Sie hatte ihn im Laden unten im Haus für einen Bruchteil seines Wertes erstehen können.
    Doch selbst saubere Vorhänge und eine neue Tagesdecke konnten nicht darüber hinwegtäuschen, wie schäbig das Zimmer war. Marianne atmete tief durch, ehe sie sich ihren Besuchern zuwandte.
    Ihr Vater sah schockiert aus, Zekes Miene war undurchdringlich. Sie machte sich auf einen der bissigen Kommentare gefasst, in denen Zeke so gut war, aber zunächst schwieg, er. Er sah sie so gequält an, dass es sie tief berührte.
    “Du wohnst also lieber hier in diesem Zimmer, als wieder mit mir leben zu müssen”, sagte er. Mit diesem Satz zeigte er eine Verletzlichkeit, die sie ihm gar nicht zugetraut hatte.
    Sie konnte den Blick nicht von seinem Gesicht abwenden, so gern sie es getan hätte. Ihr Vater brach schließlich das Schweigen und brachte sie wieder auf den Boden der Realität zurück.
    “Wir warten dann im Auto, Annie”, sagte er.
    „Ja, gut.” Kaum schloss sich die Tür hinter den beiden, brach Marianne in Tränen aus.
    Aber sie gewann ihre Fassung schnell wieder. Sie konnte ja die ganze Nacht über weinen, wenn sie wollte. Doch zunächst wollte sie den Abend einigermaßen gut hinter sich bringen-Was sie gerade erlebt hatte, änderte nichts an den Tatsachen. Zeke hatte Liliane mit nach Stoke genommen, er hatte mit ihr ausgehen wollen, und das, was ihr Freund über die Beziehung gesagt hatte, ließ keinen Zweifel an der Affäre offen. Es gab keinen zwingenden Grund für Zeke, ausgerechnet Liliane anzustellen. Er hätte jemand anderen nehmen können. So aber hatte er mit dem Feuer gespielt und sich dabei die Finger verbrannt.
    Marianne

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