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Wie Jakob die Zeit verlor

Wie Jakob die Zeit verlor

Titel: Wie Jakob die Zeit verlor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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Mann kennenlernen, unabhängig voneinander und fast zur gleichen Zeit? (Sehr groß, er sollte es wissen: Die Geschichte schickt sich zu einer Wiederholung an. Sie sitzt schon in den Startlöchern, bereit zu einem furiosen Sprint, bei dem er über den Haufen gerannt werden wird. Dieses Mal wird er für seine Fehler bezahlen müssen.) „Soll das heißen, wir haben beide mit dir …? Ohne dass wir es wussten?“
    Philip grinst. „Sieht ganz so aus. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr beide befreundet seid.“ Die Situation scheint ihm nicht im Mindesten peinlich zu sein, ganz im Gegensatz zu Jakob und Arne. Keiner der beiden traut sich, den anderen anzusehen.
    „Wir sind nicht befreundet“, stellt Jakob klar, „jedenfalls nicht mehr. Er hat mich verlassen.“
    „Und du scheinst dich ja schnell über mich hinweggetröstet zu haben“, platzt es schließlich aus Arne heraus. Er steht noch immer im Türrahmen, und seine Worte gelten der Nachttischlampe neben Jakobs Kopf. Am liebsten würde er sich umdrehen und gehen, nein, rennen, so schnell ihn seine Beine tragen, aber seine Füße sind wie festgewachsen, als hätten sie Wurzeln geschlagen. Er scheint jedwede motorische Fähigkeit verloren zu haben.
    Und Jakob geht es ähnlich. Wie gerne würde er aufspringen und sich in der Küche oder im Arbeitszimmer verbarrikadieren oder sich zumindest die Bettdecke über den Kopf ziehen, aber seine Gliedmaßen gehorchen ihm ebenfalls nicht. Arme und Beine fühlen sich an wie die leblosen Extremitäten einer Marionette, die nach dem Spiel in die Ecke gelegt wurde. Er kann nur hilflos auf Arnes Schuhe starren.
    „Sulu!“, brüllt in diesem Moment Captain Kirk. „Fahren Sie die Schutzschirme hoch!“ Dann folgt eine heftige Explosion, und der Bann, der sie alle hat innehalten lassen, ist gebrochen.
    Arne macht kehrt und läuft Richtung Wohnungstür; der Schweiß steht ihm plötzlich auf der Stirn. Er muss hier weg. Die Situation ist einfach zu bizarr, zu außergewöhnlich, als dass er jetzt vernünftig damit umgehen könnte. Er hat Angst, dass er etwas tun könnte, was er hinterher bereut. Seine Hand ist schon an der Klinke, als er eingeholt wird.
    „He“, sagt Philip unerwartet sanft, und Arnes Zorn stürzt in sich zusammen wie ein Kartenhaus, das von einer Windböe erfasst wird. „Kein Grund, sich in die Büsche zu schlagen, Alter. Ich bin nur ein Fick. Das hat nichts zu bedeuten, ehrlich. Wir hatten nur ein bisschen Spaß.“
    „Du bist nicht nur ein Fick!“, entgegnet er. „Denk das niemals von dir.“
    Philip sieht ihn erstaunt an. Erst dann begreift er, dass Arne sich gar nicht auf das bezieht, was er gerade gesehen hat. „Ist das so ’ne Art Entschuldigung?“
    Arne senkt den Blick. Er ist es nicht gewohnt, für die Dinge um Verzeihung zu bitten, die er getan oder unterlassen hat. „Ich war einfach … ich hätte dir zur Seite springen müssen im Brauhaus. Ich habe mich geschämt hinterher. Und ich hätte dir meinen richtigen Namen nennen sollen.“
    Philip lacht. „‚Alexander‘! Echt krass, Mann!“ Er scheint Arne seinen Verrat nicht nachzutragen. „Und jetzt sei nicht bescheuert, komm wieder zurück. Nimm dir ein Bier … ach nee, hier gibt’s ja nur Wein, hatte ich vergessen.“
    „Ich kann nicht einfach zurückkommen“, sagt Arne.
    „Du bist doch schon da!“
    „So meinte ich das auch nicht.“
    „Warum bist du hier?“, mischt sich Jakob ein. Er steht plötzlich neben Philip, hat sich aus dem Bett herausgetraut und einen Bademantel über den Pyjama gezogen. Als wäre ein Schlafanzug der Situation unangemessen, als hätte ihn keiner der beiden nicht schon mit weniger Kleidung gesehen. „Und wo warst du?“
    „Ich war bei Katrin und …“
    „Das weiß ich bereits“, fällt ihm Jakob ins Wort.
    „Er hat sich in einem leerstehenden Apartment verkrochen“, ergänzt Philip. „Da gibt’s nicht mal Fernsehen.“
    „Oh“, sagt Jakob. Wieso ist er nicht darauf gekommen, dass Arne dort hingehen würde? Es ist ein sehr naheliegender Gedanke.
    „Ich wollte Antworten von dir“, sagt Arne. „Deshalb bin ich wiedergekommen.“
    Plötzlich befinden sie sich alle drei in der Küche. Jakob hat geistesabwesend eine Flasche Rotwein entkorkt, mit einer dunklen, fast schwarzen Farbe, wie der Saft von Heidelbeeren. Ölig läuft er an der Innenseite der Gläser hinunter, die vor Jakob und Arne stehen. Es ist eine alte Gewohnheit; so haben sie früher häufig zusammengesessen, wenn es etwas zu besprechen

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