Wie Liebe Heilt

nicht.
    Während ich in tiefe Gedanken versunken den Weg entlanglief, begegnete ich einem älteren chassidischen Juden, der mich fragte: »Entschuldigen Sie, sind Sie vielleicht Jüdin?«
    Meine erste Reaktion war Verärgerung, in die sich aber schnell Schuldgefühle mischten. Allerdings wurde mir auch klar, dass ich nicht genau wusste, warum ich mich von dieser Frage so bedroht fühlte. Ich war richtiggehend wütend auf diesen Mann. Und ich wusste, dass es nicht fair war, diesem Mann so zu antworten, also richtete ich meine Bewusstheit auf mein Herz, baute mein SHIELD auf und stellte mir selbst diese Frage. Zur Überraschung meines Gehirns antwortete ich ihm klar mit: »Nein, bin ich nicht.« Er entschuldigte sich, mich belästigt zu haben, und ging weiter.
    Während ich meine Runde fortsetzte, kamen in mir viele Fragen hoch: Warum hatte ich auf diese Frage so negativ reagiert? Warum war so viel Angst und Ärger in mir aufgestiegen? Warum Schuldgefühle? Warum hatte ich gesagt, ich sei keine Jüdin, wo ich doch jüdischer Herkunft war? Wer bin ich eigentlich?
    Meine innere Stimme sagte mir: »Ich bin ich. Ich bin Jüdin. Ich bin Hindu. Ich bin Christin. Ich bin Buddhistin. Ich bin der Geist. Ich bin eins.« Da wurde mir klar: Hätte ich gesagt, ich bin Jüdin, dann hätte mich das vom allumfassenden Einssein getrennt, hätte mich etikettiert und in eine Schublade gesteckt, so wie es die Menschen gewöhnt sind, damit sie sich sicher fühlen. Doch indem ich in mein Herz blickte, wurde mir umfassend bewusst, wer ich bin, wurde ich mir des Einsseins bewusst und dass die einzige Realität die Liebe, Gott oder der Geist ist. Hätte der Mann mich gefragt, in welchem Glauben ich aufgewachsen sei, dann wäre meine Antwort selbstverständlich anders ausgefallen. Ich wurde in der jüdischen Tradition erzogen. Doch meine Interaktion mit ihm wäre für mich nicht so tiefgründig gewesen.
    Dann fragte ich mich, ob es eine Verbindung zwischen dieser Vorstellung und der Frage meines Freundes gab. Was bedeutet es, erleuchtet zu sein?
    Als ich nach Hause kam, begann ich zu meditieren und kam zu dem Schluss: Auf einer Ebene bin ich die Tochter eines libyschen Juden und einer amerikanischen Jüdin. Ich bin ein Produkt meiner jüdischen Erziehung. Ich habe in Israel gelebt. Ich habe Medizin studiert. Ich war gesund und ich war krank. Ich habe geliebt und gehasst. Doch wer bin ich in Wirklichkeit? Bin ich nicht mehr als die Summe meiner Erfahrungen; bin ich nicht mehr als das Produkt meiner Erziehung?
    Ich: Wer bin ich?
    Innere Stimme: Ein Fisch.
    Ich: Ein Fisch? Was bedeutet das: ein Fisch?
    Innere Stimme: Ein Fisch. Ein Fisch ist verdammt noch mal ein Fisch. (Ja, meine innere Stimme hat geflucht. Was sagt Ihnen das?) Er stellt nicht in Frage, dass er ein Fisch ist. Die Menschen stellen alles in Frage! Ein Fisch nicht, der ist einfach nur ein Fisch. Er folgt seinen Instinkten. Er weiß, wann er mit der Strömung schwimmen muss, mit Ebbe und Flut. Er versucht nicht, eine Schildkröte zu sein. Er versucht nicht, dünn zu sein. Er tut einfach das, was er tut. Er ist das, was er ist. Ein Fisch ist ein verdammter Fisch.
    Ich: Oh.
    Ich ließ das eine Weile auf mich einwirken.
    Ich: Oooooh! Ich muss mich lieben, so wie ich bin. Mit allen Dingen verbunden sein. Ich muss lernen, mir nicht so viele Sorgen zu machen und mich nicht so viel zu ängstigen, lernen, präsent und bewusst zu sein und meine Intuition und meine Instinkte zu benutzen.
    Neugierig schaute ich nach, wofür das Symbol des Fisches stand, und entdeckte, dass er Liebe, Mitgefühl, Fluss, Anerkennung und Fruchtbarkeit repräsentierte. Nun hatte ich die Antwort auf die Frage meines Freundes, was es bedeute, erleuchtet zu sein.
    Um unser Leben im Fluss zu leben, um zu wissen, wer wir sind, müssen wir unser Herz öffnen und es mit Liebe erfüllen. Wir müssen uns ein ausreichendes Liebesguthaben schaffen, damit wir uns mit allen Dingen und allen Wesen, auch mit uns selbst, verbunden fühlen können. Mit einem vollen Liebeskonto wissen wir, dass wir die Ressourcen haben, um alle Herausforderungen zu bewältigen. Dann können wir statt der Angstreaktion die Liebesreaktion aktivieren, wenn wir unter Stress stehen – was fast ständig der Fall ist. Dann fühlen wir uns nicht getrennt und allein und verhalten uns verletzend uns selbst und anderen gegenüber, sondern wir fühlen uns stattdessen verbunden und sicher, sind positiv und hilfreich. Wir suchen dann nicht Anerkennung und