Wie man die richtige Arbeit für sich findet
von dem anderen Leben, das wir anstreben. Aus einschlägigen Studien wissen wir außerdem, dass die meisten Menschen neue Jobs durch persönliche Kontakte finden und nicht über offizielle Bewerbungskanäle und dass Berufswechsel ohne den Aufbau neuer sozialer Netzwerke kaum gelingen. 41 Die mündliche Recherche kann hier Türen öffnen.
Andy Bell weiß aus eigenem Erleben, wie hilfreich das persönliche Gespräch sein kann. Nachdem er mit sechzehn die Schule abgebrochen hatte, kam er im Rahmen eines staatliches Jugendbildungsprogramms in einem Reisebüro in einer englischen Kleinstadt unter. Andy hasste seinen Job. Man verlangte von ihm, seine Punkfrisur aufzugeben und seine Ohrringe herauszunehmen. Nach zwei Monaten schmiss Andy alles hin und fand einen Job auf einer Baustelle. Und da tat sich durch die Gespräche mit seinen Kollegen für ihn eine andere Welt auf.
Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, die mir viel von ihren Reisen erzählt haben. Es war eine richtige Schulung. Die in der Baufirma waren alles Hippies, die mal hierhin und mal dahin gefahren und Handwerker geworden sind – Zimmerleute, Stuckateure, Dachdecker, Maurer. Es war toll, morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen und sich mit ihnen zu unterhalten. Sie haben mir so viel gegeben, weil sie aus einem ganz anderen sozialen Umfeld kamen als ich – das waren ganz normale Leute, Arbeiter, die kamen nicht aus wohlsituierten Kreisen, das waren keine verwöhnten Bengel. Ich habe phantastische Geschichten gehört – einer war nach Indien gefahren und hatte an der Schwelle des Todes gestanden, als er Malaria bekam. Einen anderen hatte es nach Marokko verschlagen, wo er mit Berbern zusammenlebte. Das alles hörte sich verdammt reizvoll an. Ich war vorher erst einmal im Ausland, für zwei Wochen zum Camping in Spanien.
Diese Zeit hat mein ganzes Leben verändert. Ich hatte mir damals vorgenommen, ein bisschen Geld zusammenzusparen und auf Reisen zu gehen, und das hab ich die nächsten sechs Jahre auch getan. Ich bin nach Griechenland gefahren und hab zwei Jahre dort gearbeitet, in der Landwirtschaft, als Totengräber, ich hab gefrorenen Fisch von LKWs abgeladen und Bewässerungsleitungen gelegt. In Israel hab ich es auch so gemacht: Gräber ausgehoben, bei einer Umzugsfirma gejobbt, Fliesen ausgeliefert. Schließlich bin ich in Neuseeland gelandet und war Landarbeiter auf einer Farm. Ich hab in meinem Leben bestimmt schon zwanzig oder dreißig Jobs gemacht.
Andy kehrte schließlich nach England zurück, gründete einen Kleinbetrieb als Biobauer und vermarktete seine Produkte über einen wöchentlichen Lieferservice an private Abonnenten. Er wäre nicht dort, wo er heute ist, wie er selbst sagt, hätte er nicht damals in der Baufirma die Gespräche mit seinen Kollegen geführt, die seinen Horizont ungeheuer erweitert und sein Weltbild verändert haben.
Wofür entscheiden Sie sich? Für ein radikales Sabbatical, die Nebentätigkeit oder für mündliche Recherchen? Der Moment ist gekommen, dieses Buch zur Seite zu legen und aktiv zu werden. Mein Rat zu diesem Zeitpunkt lautet wie folgt:
– Überlegen Sie sich drei Identitäten und drei verschiedene Möglichkeiten, wie Sie sie nach dem Prinzip »erst handeln, dann überlegen« ausprobieren können. Geben Sie sich jetzt eine halbe Stunde Zeit dafür, und fangen Sie an. Rufen Sie eine Organisation an, die Sie interessiert, und erkundigen Sie sich, ob Sie dort unentgeltlich arbeiten können. Melden Sie eine Internet-Domain für eine Geschäftsidee an. Bestellen Sie einen Prospekt für einen Weiterbildungskurs, den Sie belegen könnten. Mailen Sie einem Freund, der flexibel auf mehreren Gebieten arbeitet, und fragen Sie ihn, ob Sie sich treffen und besprechen können, wie er das praktisch bewältigt.
Sogar so kleine Schritte können Ihnen das erhebende Gefühl vermitteln, dass Sie etwas in Gang setzen, es sind Katalysatoren für die Umgestaltung Ihrer Zukunft. Keine Zeit? Zu müde? Besorgt, dass niemand mit Ihnen reden will? Dann lassen Sie sich von Goethe den Weg weisen, der sich auf die Maxime »erst handeln, dann nachdenken« verstand.
Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,
Und keinen Tag soll man verpassen.
Das Mögliche soll der Entschluss
Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen
Und wirket weiter, weil er muss.
Ich bin im Flow, also bin ich
Die Suche nach erfüllender Arbeit beginnt mit Handeln und wird mit Nachdenken zum Abschluss
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