Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
bringen.
»Guten Morgen«, sagte er schläfrig.
»Guten Morgen«, antwortete sie.
»Ist das Frühstück fertig?«
»Nein. Was möchtest du essen?«
Er überlegt. »Wie wär’s mit Eiern mit Schinken?«
»Okay«, sagte sie freundlich. »Wie möchtest du die Eier?«
»Spiegeleier.«
»Okey-dokey. Toast? Ich habe ein Honigweizenbrot. Das gibt einen wunderbaren Toast.«
»Ich werde ihn probieren.«
»Okey-dokey. Wie möchtest du den Toast?«
»Goldbraun.«
»Marmelade?«
»Gut.«
Er setzte sich und las die Zeitung, während sie das Frühstück machte.
»Gibt’s irgendwas in der Zeitung?« fragte sie, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. »Die Red Sox haben gestern abend verloren.« »So ein Pech.« »Jetzt sind sie in der Tabelle auf den achten Platz abgerutscht.«
»Schrecklich. Was machst du heute?«
»Ich weiß nicht, ich hab’ noch nicht darüber nachgedacht. Was ist mit dir?« »Der Rasen muß gemäht werden.« »Das mach’ ich.« »Wenn du den Rasen gemäht hast, laß uns in den Park gehen und ein Picknick machen.«
»Okay …«
Was empfinden Sie beim Lesen dieser Szene? Bestimmt Langeweile. Die Szene scheint zwar halbwegs realistisch zu sein, doch die Figuren sind flach, langweilig und leblos, weil es keinen Konflikt gibt. Wir wissen sehr wenig über diese Figuren, außer daß sie ganz nett sind, weil sie nichts getan haben, um Farbe zu bekennen. Sie haben uns nicht durch ihre Handlungen gezeigt, wie ihr eigentliches Wesen ist. Sie sind flach, langweilig und leblos, weil sie nichts tun als reden. Sie haben keine Wünsche. Sie machen Konversation und führen keinen Dialog. Die meisten Leser werden eine solche Geschwätzigkeit nicht sehr lange hinnehmen. Wenn keine Konflikte in Sicht sind, wird der Leser die Geschichte beiseite legen. In seinem Buch The Craft of Fiction (1977) bringt William
C. Knott dies folgendermaßen zum Ausdruck: »Der raffinierteste Plot der Welt ist unbrauchbar ohne die Spannung und Erregung, die ihm durch Konflikte beigebracht werden.«
Konflikt entsteht, wenn die Wünsche einer Figur auf Wider-stand treffen - aus der Natur, von anderen Figuren, aus der Geisterwelt, aus dem Weltraum, aus einer anderen Dimension, aus der Figur selbst, von irgendwoher. Wir erkennen, wer die Figuren sind, an der Art, wie sie auf solchen Widerstand reagieren; ein Konflikt wirft ein Schlaglicht auf sie und stellt sie bloß. Figuren, nicht Handlung, interessieren die Leser am meisten. Erst die Figuren machen eine Handlung bedeutsam. Eine Geschichte ist ein Kampf. Wie eine Figur kämpft, zeigt uns, wer sie ist.
Betrachten Sie nun die folgende Szene, in der die beiden Figuren nicht nur miteinander reden, sondern auch einen Konflikt austragen:
»Fröhliche Weihnachten, Oheim! Gott segne Sie!« rief eine muntere Stimme.
»Pah!« rief Scrooge, »Humbug!«
»Wie, Oheim, Weihnachten ein Humbug?« rief Scrooges Neffe, »das ist doch sicherlich nicht Ihr Ernst?«
»Ganz mein Ernst«, sagte Scrooge. »Fröhliche Weihnachten! Was für ein Recht hast du, fröhlich zu sein? Was für einen Grund hast du, zufrieden zu sein? Du bist doch arm genug.«
»Ei, Oheim!« sagte der Neffe munter, »was für ein Recht haben Sie, verdrossen zu sein? Was für einen Grund haben Sie, mürrisch zu sein? Sie sind doch reich genug!«
»Pah!« sagte Scrooge wiederum. »Humbug!«
»Nicht ärgern, Oheim!« sagte der Neffe.
»Was soll ich denn tun«, entgegnete der Oheim, »solange ich in einer solchen Welt voll Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Zum Henker mit den fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten denn schon anderes als eine Zeit, da man ohne Geld in der Tasche Rechnungen bezahlen soll? Eine Zeit, da man sich um ein Jahr älter und um keine Stunde reicher fühlt? Eine Zeit, da du in deinen Büchern Bilanz machen mußt und jeden Posten in allen zwölf Monaten des Jahres als Soll zu spüren bekommst? Wenn es nach mir ginge«, sagte er entrüstet, »müßte jeder Dummkopf, der mit ‘Fröhliche Weihnachten’ im Mund herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Stechpalmenzweig durchs Herz begraben werden!«
»Oheim!« flehte der Neffe.
»Neffe!« erwiderte der Oheim böse, »feiere Weihnachten auf deine Weise und laß mich’s auf meine feiern.«
»So feiern Sie’s! Aber Sie tun’s ja doch nicht.« »Das überlaß nur mir …« (aus Dickens’ in Weihnachtslied
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