Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht
South by Southwest Festival 2010 den Preis für das beste Spiel. Hauptgrund für die Auszeichnung war, dass es die genannten Probleme ohne Umschweife ansprach.
In aufeinander folgenden Runden werden die Spieler in die Rolle von Teenagern versetzt, die es mit typischen Online-Ereignissen zu tun haben: einer Party, deren offene Internet-Einladung außer Kontrolle gerät, oder die Verbreitung peinlicher Fotos, welche die Schullaufbahn gefährden könnten. Das klingt alles ganz einfach. Doch gelang es den meisten erwachsenen Spielern häufig nicht, die erforderlichen Aufgaben zu lösen.
Nach Hons Meinung sind Teenager durchaus gewillt, mehr über die Gefahren der digitalen Welt zu erfahren, ja, sogar leidenschaftlich daran interessiert. Das Problem ist, dass die Art, wie diese Diskussionen in der Regel mit ihnen geführt werden, »einfach nicht glaubwürdig ist«. Sex beherrscht die Schlagzeilen – und wird in den Klassenzimmern zum Running Gag. Weniger sensationelle Fragen bleiben derweil weitgehend unbeachtet. Was man brauche, so Hon, sei etwas Glaubhaftes und Verbindliches, das generelle Richtlinien für das Online-Verhalten bieten könne, etwa nach dem Motto: »Sei schlau und denke einen Augenblick über die Konsequenzen deines Handelns nach.«
Ich würde sogar noch weiter gehen: Das Studium und die Diskussion digitaler Medien muss neben Literatur, Mathematik und den Naturwissenschaften zu einem integralen Bestandteil der weltweiten Bildungspläne werden. Damit meine ich nicht die allzu grundlegenden Leitfäden, die medienerfahrene Schüler ohnehin nur belächeln, sondern eine Kombination aus Technologiegeschichte und dem Angebot, über die Möglichkeiten und Grenzen von sozialen Netzwerken und Suchmaschinen bis hin zu Avataren oder World of Warcraft zu diskutieren. Darüber hinaus sollten sich die Generationen hierzu auf einer gemeinsamen Plattform treffen und ihre jeweiligen Erfahrungen in der digitalen Welt austauschen.
3.
Dieses Kapitel begann mit einem Bericht über einen Besuch bei Google, einem 1998 in Kalifornien gegründeten Unternehmen. Wenn es jedoch um die grundlegendsten Komponenten der digitalen Welt geht – vom Gedanken der elektronischen Datenspeicherung bis hin zu den Protokollen, die das World Wide Web beherrschen –, gibt es häufig keine physische Einheit, die man sich vorstellen könnte, und keine einfache, menschliche Geschichte dahinter.
Selbst wenn man die Ressourcen des Internets zur Verfügung hat, ist es beispielsweise schwierig herauszufinden, warum eigentlich so gut wie jedes moderne digitale Gerät Informationen in einem System einzelner »Datenordner« speichert. Und wenn man nicht gerade ein Computerfachmann ist, ist es fast unmöglich, über die Vor- und Nachteile dieser Systeme zu sprechen oder zu überlegen, welche anderen Systeme man stattdessen hätte verwenden können oder man in der Zukunft verwenden könnte.
Bis zu einem gewissen Grad trifft das für alle komplexen Technologien zu. Wenn es jedoch um digitale Technologien geht, sind der Einfluss und die Unsichtbarkeit dieser »eingeschlossenen« Gedanken besonders signifikant.
Wie Jaron Lanier in seinem Buch Gadget: Warum die Zukunft uns noch braucht darlegt, ist selbst etwas scheinbar so Einfaches wie die Datenspeicherung in bestimmten Formaten und Verfahren problematisch. Ein als Computerdatei gespeichertes Buch, ein Film oder ein Lied sind nicht dasselbe wie eine physische Speicherung, etwa eine Schallplatte: Ohne passende Software und Hardware zur Rückumwandlung der Daten in Klänge und Bilder sind sie nutzlos.
Der Zugang zu solchen Technologien hingegen ist leichter als je zuvor. Und doch wird es immer schwieriger, sie zu verstehen; ein Prozess, dessen sich die Hersteller einerseits bewusst sind, den sie andererseits aber auch stillschweigend vorantreiben, indem sie gebrauchsfertige Geräte und Dienste anbieten, die dem Nutzer kaum noch die Möglichkeit lassen, sie ihren eigenen Wünschen anzupassen oder gar unter die Oberfläche auf das zu blicken, was im Innern vor sich geht.
Ein Augenzwinkern, und man hat den Anschluss verpasst: Es wird zunehmend schwieriger, die Probleme und Potenziale der digitalen Technologie zu verstehen.
(Netzhaut-Scan © James King-Holmes / Science Photo Library)
Bequemlichkeit und Sicherheit machen einen Teil des Charmes solcher Geräte aus, und der Verlust bestimmter Anteile der eigenen Kontrolle ist ein Preis, den zu zahlen es sich womöglich lohnt – solange sich die Kunden
Weitere Kostenlose Bücher