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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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    Endlich kam auch Puustjärvi an. Ein Schweißtropfen lief ihm über die Nase, er zog ein blau kariertes Tuch aus der Hosentasche und wischte ihn ab.
    »Bilden sich die Drogenfahnder etwa ein, ich würde dem Gewaltdezernat verraten, wer von meinen Freunden dealt? Komische Logik .  «
    »Dealer interessieren mich nicht. Aber über Marko Seppälä könntest du mir was erzählen .  «
    Es war schwer, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. War er erleichtert?
    »Wer soll das sein? Den Namen hab ich nie gehört .  « Er setzte sich wieder in Bewegung, mit schnellen, kurzen Schritten, bei denen die dicken Oberschenkel aneinander rieben. Es fiel mir nicht schwer, mit ihm Schritt zu halten.
    »Du erinnerst dich nicht an ihn? Ihr wart sechs Monate zusammen in Sörkka .  «
    »Das ist eine Riesenanstalt, da kann man nicht alle kennen .  «
    »Auch nicht, wenn man im selben Trakt sitzt? «, fragte ich auf gut Glück. In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, in welcher Abteilung die beiden untergebracht gewesen waren.
    »Ist das so ein magerer Kerl mit Rattengesicht, Triefnase und lächerlich langen Haaren? Handelt mit geklauten Fahrrädern und so 'nem Zeug? Den kenn ich nur vom Sehen, mit solchen Clowns geb ich mich nicht ab«, sagte Väinölä großspurig.
    Ich überlegte kurz. Eigentlich war es gleichgültig, ob Väinölä die Wahrheit sagte, viel wichtiger war im Moment, Marko Seppälä zu finden.
    »Wenn dir noch etwas zu Seppälä einfällt, ruf an. Du erreichst mich im Präsidium«, sagte ich fröhlich, als ginge es um einen Flirt, und machte auf dem Absatz kehrt. Puustjärvi brauchte zehn Sekunden, bis er auf die Idee kam, mir zu folgen.
    »Was sollte das denn? «, fragte er aufgebracht, als er mich am Eingang endlich eingeholt hatte.
    »Ich wollte nur Väinöläs Reaktion testen. Er hat Reiseverbot, wenn nötig, schnappen wir ihn uns wieder. Fährst du nachher mit Lehtovuori zu Frau Seppälä? «
    »Lehtovuori musste zum Zahnarzt und kommt heute nicht mehr. Er war heute früh schon ganz nervös, weil ihm ein Weisheitszahn gezogen wird. Der Anblick von Blut macht ihm gar nichts aus, solange es nicht sein eigenes ist .  «
    »Typisch Mann! «, lachte ich. Dann hörte ich mich plötzlich sagen: »Ich kann mitkommen. Immer noch besser, als am Schreibtisch zu versauern. Um drei, sagst du? «
    Puustjärvi nickte, wirkte aber konsterniert. Hoffentlich nahm er nicht an, dass ich ihn kontrollieren wollte.
    »Die Vernehmung kann uns immerhin den Durchbruch bringen. Jedenfalls klingt die Sache viel versprechend .  «
    »Meinst du, man kann sich auf die Worte eines Erstklässlers verlassen? «, wandte Puustjärvi ein, doch ich ließ mich nicht beirren.
    Vor der Abfahrt besorgten wir uns weitere Informationen über Marko Seppälä. Bei seiner letzten Haftstrafe hatte er um Versetzung in den drogenfreien Trakt gebeten, was darauf schließen ließ, dass er Probleme mit dem Stoff oder mit Dealern hatte. Er hatte nach der Geburt seines ersten Kindes geheiratet, damals war er neunzehn und seine Frau Suvi siebzehn gewesen. Mittlerweile hatten die beiden drei Kinder, die neunjährige Janita, den siebenjährigen Tony, mit dem Puustjärvi am Telefon gesprochen hatte, und die dreijährige Diana. Vom Begeka-Dezernat erfuhr ich Einzelheiten über Seppäläs Karriere. Wer weiß, welche Berufsangabe in seiner Steuererklärung stand, jedenfalls hatte er sich in Bagatelldelikten solide Fachkenntnisse angeeignet. Der bewaffnete Raubüberfall hatte einem Kiosk gegolten, wo er die Verkäuferin mit einem Messer zur Herausgabe der Kasse gezwungen hatte. Die Beute belief sich auf achthundert Finnmark und drei Schachteln Zigaretten. Vor vier Jahren hatte er einen Passanten zusammengeschlagen, der ihm keine Zigarette geben wollte. Durchaus denkbar, dass er Petri Ilveskivi aus einem ähnlich banalen Grund angegriffen hatte.
    Um Viertel vor drei machten wir uns in meinem zivilen Dienstwagen auf den Weg nach Kauklahti. Puustjärvi ertrug offenbar keine Stille, denn er schaltete das Autoradio ein und drehte so lange an der Senderwahl, bis er Tangomusik fand. Seine Wahl überraschte mich, denn ich hatte erwartet, dass ein Go-Spieler mittleren Alters eher klassische Musik bevorzugte.
    Die Seppäläs wohnten in einem flachen Plattenbau mit Blick auf eine idyllische Ackerlandschaft. Nicht zum ersten Mal wunderte ich mich über die Doppelgesichtigkeit der Stadt, in der ich lebte. Mitten im ländlichen Gebiet war das hässlichste Stadtzentrum Finnlands

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