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Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen

Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen

Titel: Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen
Autoren: Marlitt Wendt
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Aufgaben
    Das Gehirn wächst mit seinen Aufgaben
    Verknüpfungen zwischen Nervenzellen müssen von Geburt an durch Lebenserfahrungen verstärkt oder aufgebaut werden. Bekommt ein Pferd zu wenige Eindrücke, so bleibt das Gehirn verkümmert. Teilweise bleiben einige Hirnbereiche ein Leben lang unterentwickelt, wenn sie in einem bestimmten Lebensalter nicht stimuliert wurden, oder verfallen zunehmend, wenn sie nicht gebraucht werden. Würde ein Fohlen in der ersten Lebensphase in völliger Stille aufwachsen müssen, so würde die wichtige Zeit für die Entwicklung des Hirnareals, das für das Hören zuständig ist, ungenutzt verstreichen und das Fohlen würde ein Leben lang taub bleiben, obwohl es zunächst funktionsfähige Ohren besaß. Auch Pferde, die lange Zeit ohne Artgenossen auskommen müssen, verkümmern möglicherweise in ihrer „Beziehungsfähigkeit“, da der dazu wichtige Bereich im Gehirn zu wenig trainiert wurde. Man könnte bei solchen Pferden von einem „zu kleinen Arbeitsspeicher“ mit zu wenig aktiven Verknüpfungen sprechen. Sie sind nicht in der Lage, Eindrücke im Gehirn adäquat zu verarbeiten und werden so mit Anforderungen überfordert, die für ein naturnah aufgewachsenes Pferd normal wären.
     

    Mit gezielten Übungen bringt man nicht nur Abwechslung in die Ausbildung, sondern steigert auch die Lernfähigkeit.
     
    Im Gegensatz dazu können die Intelligenz und die Leistungsfähigkeit durch gezielte Übungen gesteigert werden – quasi ein „Gehirn-Jogging“ für Pferde. Jeder Hirnbereich sollte dabei gesondert angesprochen werden und es sollten möglichst positive Erinnerungen abgespeichert werden. Abwechslung im Trainingsalltag bringen der Wechsel von Übungseinheiten auf dem Reitplatz oder im stimulierenden Gelände, der Wechsel zwischen kniffligen Denkaufgaben wie den Zirkuslektionen und Gelassenheitstraining und eine artgerechte Haltung mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten und Bewegungsanreizen. So sollte man auch mit alten Pferden neue Wege gehen, um sie geistig fit zu halten.
    Ein wichtiger Unterschied zwischen Pferden und Menschen liegt im Konzentrationsvermögen. Pferde können den gefühlsbetonten Bereich und den auf Sinneseindrücke reagierenden Teil des Gehirns nicht einfach ignorieren. Wir Menschen sind darin etwas besser, aber bei sehr starken Emotionen können wir diesen Mechanismus auch an uns selbst bemerken. Wenn wir beispielsweise sehr aufgeregt vor einer Prüfung sind, kann es zu dem gefürchteten Blackout kommen. Plötzlich fallen uns die einfachsten Dinge nicht mehr ein. Unser logisches Denkvermögen ist durch die empfundene Aufregung stark eingeschränkt. Unserem Pferd wird es wohl häufiger so gehen. Daher sollten wir von ihm keine Leistungen erwarten, wenn wir merken, dass es stark von seinen Emotionen – seien es Aufregung, Angst oder Ärger – eingenommen ist.
    Da das Gehirn aus zwei deutlich voneinander abgesetzten Hälften besteht, hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass Pferde nicht in der Lage seien, einen Gegenstand, den sie mit dem einen Auge wahrgenommen haben, mit dem anderen Auge wiederzuerkennen. Diese abwegige Annahme wird schon allein durch die Anatomie des Pferdegehirns, dessen Hirnhälften ja miteinander verbunden sind, deutlich widerlegt. Trotzdem bemühte sich die angesehene Pferdeverhaltensforscherin Evelyn B. Hanggi mit einem Versuch, diesen Mythos endgültig in das Reich der Märchen zu verbannen. Sie verband einem Pferd ein Auge und präsentierte ihm einen Gegenstand vor dem unverbundenen Auge. Nachdem es durch Belohnungen gelernt hatte, diesen Gegenstand unter vielen anderen Objekten zu erkennen, wurde dem Pferd das vorher sehende Auge verbunden und die Gegenstände auf der vorher verbundenen Seite präsentiert. Alle getesteten Pferde bestanden diesen Test und erkannten die Testobjekte sofort wieder. Pferde verknüpfen Dinge und Ereignisse mit ihren Gefühlen. Alles, was gleichzeitig passiert, wird vom Gehirn als zusammengehörig empfunden. Es ist schwer nachvollziehbar, dass zu einem Gegenstand eine Emotion gehören soll. Wenn wir aber ganz ehrlich zu uns selbst sind, ist das bei uns nicht anders, wir machen es uns nur nicht bewusst. Viele Menschen lächeln unwillkürlich, wenn sie das Bild eines niedlichen Hundewelpen sehen. Kaum jemand wird nur im logischen Denkbereich nüchtern das Wort „Hundewelpe“ vor dem inneren Auge bilden. Genauso zucken viele Leute sofort zusammen, wenn sie das Wort „Beinbruch“ hören.
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