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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Kurz nach Tagesanbruch war sie
erwacht, als die Sonne schräg durch das mit Brettern vernagelte Fenster fiel.
Das Unwetter hatte sich so rasch verzogen, wie es gekommen war.
    Im ersten
Moment hatte sie nicht gewußt, wo sie sich befand. Dann erst war die
Erinnerung wiedergekommen. Ihre Entführung. Ihre fehlgeschlagene Flucht. Das
Gewitter. Der gefährliche Straßenräuber. Sie hatte den Blick über ihre Umgebung
wandern lassen ... die Schlafkammer mit den volantgeschmückten
Musselingardinen, die Kommode an der Wand, auf der eine blaugemusterte
Porzellanwaschschüssel und ein Krug standen. Sonderbar, daneben stand eine Vase
aus geschliffenem Kristall mit einem Sträußchen gelber Narzissen. Gestern war
ihr außerdem die bunte Steppdecke auf dem Bett nicht aufgefallen.
    Für ein
Gefängnis gar nicht so übel.
    Trotzdem
... sie war hier nicht sicher. Ihr Entführer war ein gefährlicher Mann, und
solange sie nicht ihre Freiheit wiedererlangt hatte, schwebte sie in Gefahr.
Ihr behagliches Gefängnis konnte ihr zum Grab werden. Wer konnte das voraussagen?
    Velvet ging
die Treppe hinunter und lief ans Fenster, um hinauszuspähen. Als sie sah, daß
der Räuber in einiger Entfernung mit Holzhacken beschäftigt war, zog sie die
Gardinen zu und trat dann vor die kleine hölzerne Badewanne. Nervös überlegte
sie, ob sie das Wagnis eingehen sollte, doch mußte sie sich unbedingt von
Schmutz und Staub befreien. Dazu kam
die Überlegung, daß der Räuber ihr längst Gewalt angetan hätte, wenn ihm danach
gewesen wäre.
    Sie prüfte
das Wasser, fand die Temperatur zu ihrer Zufriedenheit und warf die Decke ab,
um in die Wanne zu steigen.
    Ein Laut
höchsten Wohlbehagens kam ihr über die Lippen. Genau die richtige Wärme. Sie
tauchte so tief ein, wie es nur ging, und genoß das seidige Gefühl des Wassers
an ihrer Haut, ehe sie sich vorbeugte und ihr Haar wusch. Ein Stück lila Seife
lag zu diesem Zweck bereit. Zufrieden und entspannt seifte sie die nassen
Strähnen ein, um Schmutz und Puderreste herauszurubbeln.
    Dann
schrubbte sie ihr Gesicht, wobei ihr einfiel, daß sie das kleine herzförmige
Schönheitspflästerchen beim Mundwinkel während des Ringkampfes mit dem Räuber
verloren hatte.
    Sie ruhte
eine Weile im Wasser, bis es auskühlte und sie herausstieg und sich mit einem
kleinen Leinenhandtuch abtrocknete. Ein reines Hemd, ein brauner Wollrock und
eine weiße Musselinbluse, deren Ausschnitt über der Brust mit einem
Schnurdurchzug zusammengehalten wurde, lagen über einer Sessellehne. Sie zog
sich rasch an, überrascht, daß die Sachen paßten. Dann stärkte sie sich mit
Brot und Käse und setzte sich auf einen Schemel vor das Feuer, um Tee zu trinken
und ihr Haar zu trocknen.
    Kaum war
sie fertig, als der Räuber an die Tür klopfte.
    »Sie tun
gut daran, wenn Sie da drin sind, Herzogin. Ich komme jetzt rein.« Die Tür
wurde aufgerissen, und Jack Kincaid trat umgehend ein.
    Velvet warf
ihr mahagonirotes Haar über eine Schulter, setzte ihre Teetasse ab und richtete
sich auf, um ihn anzusehen. »Sie hatten nicht gesagt, daß ich mich beeilen
müßte.«
    Der Räuber
schwieg.
    »Es ... es
tut mir leid, wenn es zu lange gedauert hat. Ich hatte nicht auf die Zeit
geachtet. Ich ... ich habe einfach das Bad genossen.«
    Jack
Kincaid starrte sie wortlos an.
    »Mylord?«
fragte sie.
    Da trat er
vollends ein und schloß die Tür. Als er zum Reden ansetzte, war seine Stimme
tief und ein wenig rauh. »Ich bitte um Entschuldigung, Lady Velvet. Ich dachte
schon, Sie wären irgendwie entkommen. Ich ...« Er räusperte sich und sah sie
mit seinem blauen Auge durchdringend an. »Ich sehe, daß ich mich irrte.«
    Sie
benetzte die Lippen. »Ja ... ja, es war ein Irrtum. Ich danke Ihnen für das
Bad. Seien Sie versichert, daß ich es sehr zu schätzen wußte.«
    »Ihr Haar
...«, sagte er. »Es ist wie Feuer ... die bemerkenswerteste Farbe, die ich je
gesehen habe.«
    Ein warmes
Gefühl durchströmte sie, warum, das wußte sie nicht. »Danke, Mylord.«
    »Oben sind
Bürste und Kamm, falls Sie sie brauchen sollten.«
    »Ja ...
danke.« Ihre Worte klangen atemlos, und genauso fühlte sie sich plötzlich. Er
sah sie so sonderbar an, daß sie in ihrem Inneren ein merkwürdiges Flattern
spürte. »Ich wollte eben nach oben und sie holen.«
    Er blieb,
wo er war. Velvet, die einen Moment brauchte, um sich zu fassen, ging auf dem
Weg zur Treppe an ihm vorbei, wobei ihr sein Geruch nach Holzrauch und Leder in
die Nase stieg. Ihre Hände

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