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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Spitzbube gesagt?« Aber der Junge öffnete schon
die Tür.
    »Ich könnte
dich bezahlen«, rief Velvet ihm nach. »Wenn du mir bei der Flucht hilfst, würde
ich dir das Doppelte dessen geben, was er dir zahlt.«
    Ohne ihr
Beachtung zu schenken, trat er ins Freie und schloß die Tür fest hinter sich.
    Ihren
Versuch, ihn für sich zu gewinnen, konnte sie also auch als Fehlschlag
verbuchen. Sie hatte von Anfang an vermutet, daß Bennies Anhänglichkeit nicht
käuflich war, und in gewisser Hinsicht gefiel er ihr dafür um so besser.
    Aber damit
war ihr Problem nicht gelöst. Mit einem verzagten Seufzer ging sie wieder zum
Sofa und warf dabei einen Blick auf die Uhr über dem Kamin. Zwei Uhr
nachmittags. Um diese Zeit hätte sie schon verheiratet sein sollen. Daß sie in
diesem Fall sehr beklommen der Hochzeitsnacht mit Avery Sinclair
entgegengesehen hätte, spielte nun keine Rolle mehr.
    Obwohl sein
kühles Benehmen sie nervös machte und seine unwillkommenen Küsse in ihr keine
Reaktion geweckt hatten, wäre sie ihrer Pflicht nachgekommen. Es gehörte zum
Abkommen und war der Preis, den sie willig gezahlt hätte, um Familie und
Vaterhaus zu retten.
    Noch immer
auf dem Sofa sitzend, griff Velvet nach dem in Leder gebundenen Band von Robinson
Crusoe, den sie zu lesen begonnen hatte, doch die Buchstaben verschwammen
vor ihren Augen. Wut und Enttäuschung waren zu groß. In einem Anfall von
Jähzorn schlug sie das Buch zu, warf es beiseite und sah es mit einem dumpfen
Aufprall auf dem Boden landen.
    Dieser
verdammte Kerl! Wovon sollten sie und ihr Großvater leben, wenn die Trauung
nicht zustande kam?
    Ihre Mittel
waren so gut wie aufgebraucht. Sie schuldeten ihren Dienstboten die Löhne, im
Haus gab es nichts mehr, das sich zu Geld machen ließ. Es war gar nicht daran
zu denken, weiterhin den Schein zu wahren, der nötig war, um sich wieder einen
reichen Mann zu angeln.
    Ein Blick
aus dem Fenster zeigte ihr, daß ihr Entführer in einiger Entfernung mit seinem
Pferd, das er an einem Leitseil laufen ließ, trainierte. Warum lag ihm so viel
daran, die Hochzeit zu verhindern? Was ging ihn ihre Heirat an?
    Ihr wollte
keine Antwort einfallen.
    Frustriert
sprang sie vom Sofa auf und bückte sich nach dem schweren Buch. Dabei bemerkte
sie, daß sich eine der Bodenplatten gelockert hatte. Bei genauerem Hinsehen sah
Velvet, daß man den Stein mit Absicht nicht mit Mörtel festgemacht hatte. Sie
schob das Buch beiseite und machte sich daran, die Steinplatte herauszuheben.
Vielleicht wartete dahinter ein geheimes Versteck.
    Vor
Anstrengung stöhnend, hob sie den schweren Stein an und entdeckte darunter
einen kleinen Lederbeutel, der in der ausgehöhlten
Vertiefung lag. Als sie ihn an sich nahm, klirrten Münzen darin, doch war es
die danebenliegende Waffe, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Ihre
Erregung war schuld, daß ihre Hände plötzlich unbeholfen waren, als sie nach
dem alten Schießprügel faßte und ihn vorsichtig aus seinem Versteck holte und
die schützende Hülle entfernte.
    Sie strich
nachdenklich über das abgegriffene glänzende Holz. »Möchte wissen, ob du
funktionierst.« Die Waffe war gut instand gehalten, der Lauf metallisch
schimmernd, die Messingteile noch immer mit Ölgeruch behaftet. Die alte Pistole
war tadellos und einsatzbereit, wie ihr klar wurde, als sie sie näher
untersuchte. Wer auch immer sie hier versteckt hatte, wollte für jede Bedrohung
gerüstet sein.
    Sie lief
ans Fenster und sah, daß ihr Entführer das Pferd zum Stall führte. Das
bedeutete, daß er jeden Moment das Haus betreten konnte.
    Wieder
betrachtete sie die Waffe und wog sie in der Hand. Es sah ganz danach aus, als
würde sich ihr abermals eine Chance bieten –, und die konnte sie nicht einfach
verstreichen lassen. Aber andererseits konnte sie ihn schlecht erschießen. Was
also sollte sie tun?
    Velvet biß
sich auf die Unterlippe, als die Tür aufschwang und Jason eintrat, die Arme
voller Holz. Die Chance war vertan, die Waffe zu verstecken, ihr Vorgehen zu
verschieben – falls sie überhaupt den Mut aufbringen würde. Ihre Unsicherheit
unterdrückend, entsicherte sie die Waffe, die so schwer war, daß sie beide
Hände brauchte, legte an und zielte auf Jasons breite Brust.
    »Ich – ich
möchte Ihnen nichts antun.«
    Er ließ das
Holz fallen, daß die Scheite vor seine langen Beine rollten. »Was, zum Teufel
...«
    »Ich möchte
nur fort. Ich habe nie etwas anderes gewollt. Aber wenn Sie mich zwingen, werde
ich schießen.

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