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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nie, wann er einbrechen würde – und ich hatte Angst, dass er dich mitreißen würde, sobald du alt genug warst, um ihn zu begleiten, was du immer getan hast.«
    »Das hätte er verhindert.«
    »Denk an Irland. Du hattest ein schweres Trauma und konntest zwei Tage lang nicht aufhören zu zittern. Du leidest heute noch unter Alpträumen. Weißt du, wie oft du im Schlaf weinst?«
    »Das lag daran, dass ich Dad vermisst habe. Dass er in Irland war und wir ihn nicht oft genug besuchen konnten.«
    »Nein, das lag daran, dass du um ein Haar die Klippe heruntergestürzt und ertrunken wärst, wenn der Felsvorsprung nicht gewesen wäre«, sagte Honor. »Und weil du mit ansehen musstest, wie dein Vater einen Menschen getötet hat.«
    »
Deshalb
kann Dad nicht zum Abendessen kommen?«
    Honor sah sie verärgert an, als hätte sie ein aufmüpfiges Kind vor sich, das ihre Geduld strapazierte.
    »Du vergisst etwas«, sagte Regis. »Du malst wieder. Im Grunde deines Herzens weißt du, dass die Welt wieder in Ordnung ist. Dad füllt sie mit Farbe. Er macht, dass alles lebendig, schön und aufregend wird. Das gefällt dir genauso gut wie uns.«
    Honors Augen verdunkelten sich, offenbar hatte Regis einen wunden Punkt getroffen.
    »Als Schwester Julie vorhin da war, um uns die Tomaten und Basilikum zu bringen, habe ich überlegt, wie alt sie sein könnte«, fuhr Regis fort. »Einundzwanzig, höchstens zweiundzwanzig, würde ich meinen, aber vielleicht liegt es an dem weißen Habit, in dem sie so kindlich und engelsgleich wirkt. Ihr Anblick erinnerte mich an Agnes. Meine kleine Schwester mit dem Hang zum Mystischen … die sich mit ihrer Suche nach einem Wunder beinahe umgebracht hätte.«
    »Wovon redest du?«
    »Soll das ein Scherz sein, Mom? Weißt du das nicht? Agnes sehnt sich verzweifelt nach einer Vision, wie Tante Bernie sie hatte. Sie glaubt, nur göttliche Fügung kann unsere Familie wieder zusammenbringen. Wir wünschen uns nichts sehnlicher, als dass Dad nach Hause kommt.«
    »Ach Regis.«
    »Eines weiß ich, so etwas wird Peter und mir
niemals
passieren. Wir werden bis in alle Ewigkeit zusammenbleiben.«
    »Hoffentlich«, erwiderte Honor fest und in einem Tonfall, der Regis in Wut versetzte – weil sie davon überzeugt war, dass ihre Mutter das Gegenteil hoffte.
    Regis griff nach den Autoschlüsseln und verließ die Küche. Als sie die lange Zufahrt hinunterfuhr, fiel ihr wieder einmal das gotische Gepräge der Akademie auf. Selbst an diesem strahlenden Sommertag hatte sie etwas Düsteres, Strenges: Alles war aus Stein, in Grau und Schwarz gehalten, und wirkte imposant. Das Schieferdach des Hauptgebäudes glänzte wie blank polierter kalter Stahl in der heißen Sonne. Der Turm der Kapelle hatte Ähnlichkeit mit einer schwarzen Nadel, die sich in den Himmel bohrte. Ein paar Nonnen, die vom Konvent zum Weingarten gingen, glichen Schattengestalten in ihrem schwarzen Habit. Obwohl Regis die Nonnen liebte und sie immer als ein paar zusätzliche Tanten angesehen hatte, schauderte ihr nun bei dem Anblick.
    Ihr Vater hatte die Welt mit Farbe erfüllt. Aber nicht
diese
Welt. Sie hatte sich auf dem Anwesen des Klosters immer wohl gefühlt, doch nun kam es ihr abgeschieden vor, angefüllt mit dunklen Geheimnissen und Enttäuschungen.
    Als sie von der staubigen Zufahrt auf die Straße einbog, fuhr sie mit Vollgas die zweieinhalb Meilen von der Akademie nach Hubbard’s Point. An der Eisenbahnbrücke hielt sie an, um ein paar Worte mit dem Wachmann zu wechseln. Er winkte sie durch, und sie bog die nächste Straße links und dann noch einmal links ab.
    Dieses Wohnviertel von Hubbard’s Point lag auf dem Felsenriff, das in den Long Island Sound abfiel. Die Häuser wirkten harmonisch mit ihren ebenmäßigen Proportionen, den Holzschindeln und bonbonfarbenen Fensterläden, beschattet von Mastbaumkiefern und Zwergeichen und umgeben von kleinen gepflegten Gärten. Sie waren dicht aneinander gebaut, als hätten die Bauherren beschlossen, enge Freundschaften unter den Bewohnern zu fördern.
    Hier schienen nur glückliche und intakte Familien zu wohnen. Sie grillten gemeinsam, veranstalteten Picknicks, aßen gebackene Muscheln und feierten Geburtstagspartys. Die Kinder fuhren zusammen Rad; eine Rasselbande, die Spaß hatte und vor Freude
kreischte
. Die Eltern gingen alle zusammen an den Strand. Die Väter mähten den Rasen und strichen die Cottages, liehen sich gegenseitig Leitern, Heckenscheren und anderes Werkzeug aus. Hier blieben die

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