Wie Tau Auf Meiner Haut
auf den Zimmern? «
»Nun mach mal einen Punkt. Sehe ich denn wie ein Dummkopf aus? «
»Nein«, erwiderte Grace und musste ein plötzlich aufsteigendes Lachen
unterdrücken. Harmony Johnson hätte man für vieles halten können, nur nicht
für einen Dummkopf. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mir eine eigene
Leitung legen lasse? Ich arbeite am Computer und benutze gelegentlich ein
Modem. «
Harmony zuckte mit den Schultern. »Es ist dein Geld. «
»Wann kann ich einziehen? «
»Sobald du die Kaution hinterlegt hast und deinen Seesack die Treppe
hinaufgebracht hast. «
»Eines erkläre mir bitte einmal, Conrad«, sagte Parrish gespielt lässig und kippte
mit seinem Stuhl zurück. »Wie kommt es, dass ausgerechnet eine Grace St. John
dich eine Woche lang an der Nase herumführen kann? « Er machte einen äußerst
unzufriedenen Eindruck. Conrad hatte ihn bisher noch niemals enttäuscht. Und
obwohl die Polizei von Minneapolis ihre getürkte Geschichte widerspruchslos
akzeptiert und Graces Verhaftung angeordnet hatte, war sie nicht aufzutreiben
gewesen. Ausgerechnet eine Altsprachlerin hatte sie alle gefoppt. »Grace ist mir
eigentlich vollkommen gleichgültig, aber sie hat die Unterlagen. Und die möchte
ich wirklich sehr gerne haben, Conrad. «
Conrads Gesicht spiegelte keinerlei Regung wider. »Sie hat es geschafft, ihr
Bankkonto zu räumen. Bargeld hat sie also. Die Polizei glaubt, dass sie das
Computersystem der Bank irgendwie gefoppt hat, der Systemberater der Bank
jedoch ist vollkommen ratlos. «
Parrish wischte diese Bemerkung mit einer ungnädigen Handbewegung beiseite.
»Wie sie das gemacht hat, ist vollkommen uninteressant. Was zählt, ist, sie
aufzutreiben. Und das ist dir bisher nicht gelungen. « Was für ein Dummkopf,
dachte Conrad kühl. Das >Wie< ist immer wichtig, denn wenn etwas einmal
funktioniert hat, dann würde es unweigerlich ein zweites Mal wiederholt. Auf
diese Weise formten sich Muster, und Muster waren etwas, was man bemerken
konnte.
»Bisher hat sie sich Nachts fortbewegt, aber meiner Ansicht nach tut sie das jetzt
nicht mehr. Sie trug eine Tüte, als Paglione sie in Eau Claire gesehen hat. Also
hat sie vermutlich Kleidung eingekauft, und wir haben jetzt keine Ahnung mehr,
was sie trägt. « In seiner feisten, brutalen Hand hielt er ein paar Notizen, die er
jedoch gar nicht erst konsultieren musste. »Eine Frau, die ungefähr ihrer
Beschreibung entspricht, hat in Eau Claire eine rote Perücke gekauft. «
»Ein Rotschopf sollte doch leicht zu finden sein. «
»Es sei denn, sie hat sie nur gekauft, um eine falsche Fährte zu legen. « Conrads
Ansicht nach war die rote Perücke genau das, eine falsche Fährte nämlich. Seine
Hochachtung vor Frau St. John war augenblicklich gestiegen. Sie war dabei, sich
als äußerst interessante Beute zu erweisen.
»Wir haben keinerlei Hinweise auf einen Rotschopf bekommen. Möglicherweise
hat sie noch eine Perücke gestohlen. Eine, von der der Ladenbesitzer nichts
gemerkt hat. Sie könnte ihre Haare abgeschnitten oder aber gefärbt haben oder
sonst irgendwie ihr Erscheinungsbild verändert haben. «
»Wie willst du sie denn nun finden? « unterbrach ihn Parrish barsch. Er war mit
seiner Geduld am Ende.
»Nach Eau Claire ist ihr wahrscheinlichstes Ziel Chicago. Eine Großstadt würde
ihr das Gefühl der Sicherheit vermitteln. Obwohl sie Geld hat, wird sie vorsichtig
sein. Sie wird versuchen, dieses Geld aufzuheben, falls sie sich wieder auf die
Flucht begeben muss. Sie wird sich eine Arbeit suchen, aber es muss
Schwarzarbeit sein, weil sie ja ihre Sozialversicherungsnummer nicht benutzen
darf. Die Art von Arbeit, die sie also annehmen kann, ist schlecht bezahlte
Hilfsarbeit. Ich werde meine Leute herumschicken und für Hinweise eine
Belohnung aussetzen. Ich werde sie finden. «
»Das solltest du auch. « Parrish stand auf, ging zum Fenster und machte auf
diese Weise deutlich, dass er die Unterredung als beendet betrachtete. Conrad
verließ lautlos das Zimmer.
Der Garten sieht schön aus, dachte Parrish, während er die Rose unter seinem
Fenster betrachtete, die einen Preis gewonnen hatte. Der plötzliche Kälteeinbruch
war nicht kritisch gewesen, die Temperatur war über dem Gefrierpunkt
geblieben. Die Tage wurden wieder wärmer, als der Frühling sich jetzt endgültig
etablierte. Die Kälte musste trotz ihrer guten Polsterung eine echte
Herausforderung für die kleine Grace gewesen
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