Wie Tau Auf Meiner Haut
Dort war der Schatz sicher, und kein Mensch würde ihm
ihn wieder entreißen können.
Huwe war ein Tölpel, allerdings ein gefährlicher. Er war ein aufgeblasener,
bulliger Mann, der sich schnell herausgefordert fühlte, jedoch viel zu stur war,
um zu erkennen, wann die Gegenseite überlegen war. Niall war sowohl aus
Neigung als auch von der Ausbildung her durch und durch Soldat. Er hasste
unvorsichtige Entschlüsse, die unnötig Leben forderten. Normalerweise versuchte
er im Hochland jene Unruhe zu vermeiden, bei der er Robert um dessen
Intervention hätte bitten müssen. Er wusste nur zu gut, dass es seinem Bruder
Schwierigkeiten machen konnte, da der die Abtrünnigen von Creag Dhu nicht
vertreiben wollte. Dennoch war Niall jetzt am Ende seiner Geduld angelangt.
Denn mit der Bedrohung von Creag Dhu bedrohte der Hayclan gleichzeitig auch
den Schatz - und musste seine Unbesonnenheit mit dem Leben bezahlen.
Ein gutes Pferd konnte für den Ausgang einer Schlacht ausschlaggebend sein.
Deshalb hatte sich Niall bereits seit Jahren darum bemüht, seinen Männern nur
die allerbesten Pferde zukommen zu lassen. Unterbrechungen gestatteten sie
sich nur, um den kräftigen Tieren Wasser zu geben und ihnen eine kurze Pause
zu gönnen. Noch am Vormittag überholten sie die Plünderer.
Die Plünderer befanden sich mitten in einer engen Schlucht, voll gepackt mit all
den geraubten Dingen und eine Herde gestohlener Kühe vor sich hertreibend. Die
Morgensonne glitzerte in dem Nebel, der wie ein Schleier über ihren Köpfen hing.
Jeder Fluchtweg war ihnen versperrt. Als Niall und seine Leute aus dem Wald
heraus auf sie zurasten, standen sie einen Augenblick unschlüssig herum, dann
wurden sie von einer panischen Verwirrung ergriffen.
Die alte Frau hatte recht gehabt, der Feind zählte tatsächlich an die vierzig Mann.
Das bedeutete fast drei Mann zu einem, aber fast die Hälfte der vierzig war zu
Fuß unterwegs. Nialls Lippen verzogen sich zu einem bösen Grinsen. Die
Plünderer würden, nachdem sie sich von der relativ kleinen Anzahl ihrer Gegner
überzeugt hatten, ihnen sicherlich entgegentreten - eine Entscheidung, die sie
schon bald bereuen sollten.
Wie Niall erwartet hatte, hörte man Rufe, dann sammelte sich die Gegenseite
und raste mit allen möglichen Waffen wie Schwertern, Äxten, Hämmern, ja sogar
einer Sense, laut rufend auf sie zu.
»Wir halten uns zurück«, ordnete Niall an. »Lasst sie auf uns zukommen. «
Seine Männer verteilten sich etwas, so dass sie nicht auf einem Haufen waren
und nicht beidseitig flankiert werden konnten. Sie hielten still, während die
stampfenden, nervösen Pferde ihre Köpfe hin und her warfen, als die schreienden
Angreifer durch die neblige, von der Sonne beschienene Schlucht stürzten.
Gute dreihundert Meter trennten die beiden Parteien. Dreihundert Meter sind für
einen müden, angreifenden Mann ein weiter Weg, besonders dann, wenn er
wegen des anstrengenden Plünderns die letzte Nacht nicht geschlafen hatte und
nun schnell vorwärts kommen musste, um eventuellen Verfolgern zu entrinnen.
Die ohne Pferde verlangsamten schnell, einige blieben sogar stehen. Und die, die
immer noch stur weiterliefen, stießen keine Kampfesparolen mehr aus.
Die den Läufern vorausjagenden Reiter waren kaum mehr an der Zahl als Nialls
Leute. Nialls Blick fixierte einen bulligen jungen Mann, der mit wehendem
sandfarbenem Haar ganz an der Spitze ritt. Das musste Morvan sein, der
jähzornige, brutale Sohn des Hays, ein Ebenbild seines Vaters.
Morvans kleine, gemeine Augen waren im Gegenzug ebenfalls auf Niall gerichtet.
Niall hob sein Schwert. Ein Schwert konnte von den meisten Männern nur mit
beiden Händen gehandhabt werden. Nialls Kraft und Größe aber erlaubten es
ihm, es mit nur einer Hand zu bedienen, während seine andere für eine Keule
oder auch eine Axt frei war. Er nahm die Zügel zwischen die Zähne und hob die
Axt auf. Sein gut ausgebildetes Pferd bebte unter ihm. Als Morvan und seine
Leute nur noch dreißig Meter entfernt waren, griffen Niall und seine Männer an.
Der Zusammenstoß verlief blitzschnell. Früher hatte Niall mit Rüstung und Schild
gekämpft, hundert Pfund Metall hatten auf ihm gelastet. Aber heute kämpfte er
frei und wild. In seinen Augen brannte ein leidenschaftliches Feuer, als er mit
seiner Axt ein Schwert abwehrte, um dann unter der Abwehr des Mannes mit
seinem eigenen Schwert vorzudringen und ihn zu zerspalten. Er
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